Pushpak Mahabharata Buch 8Zurück WeiterNews

Kapitel 24 – Karna gegen Nakula

Sanjaya sprach:
Auch Nakula kämpfte verheerend gegen die Kaurava Divisionen bis sich ihm Karna entgegenstellte. Lächelnd sprach er zu Karna:
Es ist eine Gunst der Götter, daß du mich nach so langer Zeit bemerkst und ich dir endlich gegenüberstehe. Du bist eine der Wurzeln dieser Boshaftigkeiten, der Feindschaft und des Streits. Durch dich werden die Kauravas in diesem Kampf untergehen. Wenn ich dich heute schlage, dann erachte ich mich als einen, der sein Ziel erreicht hat und dessen Herzensfieber gestillt ist.

Ihm antwortete Karna mit den für einen Prinzen und Bogenkämpfer angemessenen Worten:
Kämpfe mit mir, oh Held. Wir wünschen, deine Männlichkeit zu sehen. Doch prahle erst, wenn du einige Meisterleistungen in der Schlacht vollbracht hast, du tapferer Krieger. Helden tauchen bis zum Äußersten ihrer Kräfte in die Schlachte ein, ohne sich zu rühmen. So kämpfe mit mir nach besten Kräften, und ich werde deinen Stolz schon stillen.

Und nach diesen Worten schoß Karna flugs dreiundsiebzig Pfeile auf Nakula ab. Jener antwortete mit achtzig Pfeilen, die so gefährlich wie giftige Schlangen waren. Karna wehrte diesen Pfeileschauer mit goldgeflügelten und gewetzten Pfeilen ab und schoß dreißig Pfeile zurück. Diese durchdrangen Nakulas Rüstung und tranken durstig sein Blut. Doch Nakula nahm sich einen besseren und goldverzierten Bogen und traf Karna mit zwanzig Pfeilen und dessen Wagenlenker mit drei. Auch gelang es dem zürnenden Nakula, den Bogen Karnas mit einem sehr scharfen, breitköpfigen Pfeil zu durchtrennen. Und gleich wieder gelassen lächelnd beschoß er den bogenlosen Karna mit dreihundert Pfeilen. Alle Wagenlenker staunten sehr, als sie Karna in dieser Notlage sahen, oh Herr. Doch auch Karna nahm einen neuen Bogen und traf Nakula mit fünf Pfeilen in die Schulter. Die Pfeile blieben wippend stecken, und Nakula sah so herrlich aus wie die Sonne, die ihre Strahlen auf die Erde schickt. Nakula traf Karna mit weiteren sieben Pfeilen und zertrümmerte die Enden von Karnas Bogen. Doch mit dem nächsten Bogen erfüllte Karna mit seinen Pfeilen den Himmel und deckte Nakula von allen Seiten ein. Nakula jedoch zerschnitt all diese heranfliegenden Pfeile, so daß sich die Pfeile im Himmel tummelten wie Myriaden von tanzenden Leuchtkäferchen. Welch ein Schauspiel! Die goldverzierten Pfeile beider Krieger flogen sowohl in geraden Linien, so daß sie ziehenden Kranichen glichen, als auch in dichten Schwärmen wie die Heuschrecken. Die Sonne wurde verdeckt, und kein Wesen der Lüfte konnte mehr zur Erde hinabkommen. Und die beiden Krieger erschienen herrlich wie die beiden Sonnen am Ende der Yugas. Die Pfeile von Karnas Bogen schlachteten die Somakas dahin, bis sie unter Schmerzen ihren letzten Atemzug taten. Und ebenso erging es deinen Kriegern - unter Nakulas Pfeilen zerstreuten sie sich in alle Winde. Beide Armeen zogen sich vor den mächtigen himmlischen Waffen der beiden Helden zurück und schauten dem Zweikampf aus sicherer Ferne zu. Nun galten die Pfeileschauer der beiden Kämpfer nur noch dem Gegner. Nakula entließ Pfeile mit Kanka- und Pfauenfedern, die im Himmel stehenzubleiben schienen. Und ebenso war es uns mit Karnas Pfeilen, bis beide Helden unsichtbar wurden von den Pfeilen des anderen. Karna zeigte fürchterliche Kunststücke, und obwohl er Nakula von allen Seiten beschoß, fühlte dieser keinen Schmerz, genau wie die Sonne, wenn sie von Wolken verdeckt wird. Hunderte, ja Tausende Pfeile flogen von Karnas Bogen in geraden Linien, welche den Rest des Schlachtfeldes zu beschatten schienen. Dann zerstörte Karna den Bogen seines Gegners und schoß mit größter Gelassenheit dessen Wagenlenker aus seiner Nische. Mit vier scharfen Pfeilen sandte er Nakulas Pferde ins Reich Yamas, und mit weiteren Pfeilen zerstückelte er dessen Wagen, Standarte und die Beschützer seiner Wagenräder. Auch zerstoben Keule, Schwert und das mit schönen Monden geschmückte Schild in ihre Einzelteile, und auch der Rest von Nakulas Ausstattung wurde zu Staub zermalmt. Nakula war kaum noch etwas zum Kämpfen geblieben. Mit seiner Stachelkeule in der Hand sprang er vom Wagen ab. Doch auch diese gräßliche und hocherhobene Keule zerschnitt Karna mit vielen geraden und äußerst biegsamen Pfeilen. Und deckte Nakula, der nun ohne jeglichen Schutz war, mit vielen geraden Pfeilen ein. Dabei achtete er darauf, daß er ihn nicht allzusehr verletzte. Nakula mußte schleunigst das Weite suchen, denn Karnas Pfeile trafen ihn sehr. Doch Karna verfolgte den sich Zurückziehenden lachend und legte ihm den gespannten Bogen um den Hals. Nakula sah mit dem großen und prächtigen Bogen um sein Haupt herrlich aus, wie der Mond, wenn ihn am funkelnden Nachthimmel eine leuchtende Halo umgibt, oder wie eine weiße Wolke, die Indras Bogen (der Regenbogen) umspannt.

Und Karna sprach zu Nakula:
Deine Worte waren sinnlos, oh Sohn des Pandu. Kannst du sie jetzt noch einmal voller Freude wiederholen, nach all den Treffern von mir? Kämpfe niemals mit einem Kuru, der dir an Macht überlegen ist. Ach, mein Kind, du solltest nur Ebenbürtige fordern. Doch schäme dich nicht, Sohn des Pandu, und geh heim oder dahin, wo Krishna und Arjuna sind.

Nach diesen Worten ließ er Nakula gehen und tötete ihn nicht, obwohl er schon im Rachen des Todes gesteckt hatte. Er gedachte seiner Worte an Kunti, folgte der Moral und ließ Nakula ziehen. Dieser begab sich beschämt zu Yudhishthira, denn die Worte von Karna brannten tief in seinem Inneren. Und schwer atmend wie eine Schlange, die in einem Glas gefangen wurde, stieg er zu seinem Bruder auf den Wagen.

Karna wandte sich nach seinem Sieg über Nakula den Panchalas zu. Mit seinem glorreichen Wagen mit den wehenden Bannern und den mondweißen Pferden stürmte er als Anführer der Kurus gegen die feindlichen Wagenabteilungen. Ein Aufschrei der Pandavas empfing ihn, und das Massaker begann, als die Sonne den Zenit erreicht hatte. Karna bewegte sich auf seinem Wagen so flink wie ein einzelnes Rad. Und wir sahen viele Panchala Wagenkrieger, die ohne Pferde und Wagenlenker aus ihren völlig zertrümmerten Wagen geborgen wurden. So viele Elefanten irrten verwundet und verwirrt herum, als ob ein Waldbrand ihre Glieder versengt und ihren Willen gebrochen hätte. Viele waren mit gespaltenen Schädeln, abgetrennten Rüsseln, blutgebadet, ohne Harnisch oder Schwänze zusammengebrochen. Andere heranstürmende Elefanten wurden schon durch das Geräusch von Karnas Lanze oder Bogen von Panik ergriffen, und sie vergingen wie Insekten im Feuer. Andere Riesen zerfleischten sich gegenseitig und verströmten ihr Blut in Mengen über das Schlachtfeld. Die edelsten Zuchtpferde stolperten zitternd umher; die schützenden Brustplatten hingen lose, die silbernen, kupfernen oder goldenen Ornamente waren verloren, die Zügel, Zaumzeug und Sattelauflagen zerfetzt, die Köcher verloren und die Reiter tot. Viele Reiter fanden wir verloren; von Schwertern, Lanzen oder Säbelnd durchbohrt oder die Glieder abgetrennt starben sie zitternd und furchtsam in ihren Rüstungen. Viele Krieger rannten ohne Waffen und Wagen herum, von den Pfeilen Karnas schwer gequält. Viele Tote lagen schon bald auf dem Schlachtfeld, mit und ohne Waffen. Die Katastrophe war fürchterlich, die mit Karna über die Krieger der Pandava Armee kam. Zwar kämpften sie mit geschärften Pfeilen, doch Karna zerfleischte alle Angreifer. Die Srinjayas stürmten immer weiter gegen ihn, als ob sich Insekten blind ins Feuer stürzen. Andere Kshatriyas mieden den mächtigen Wagenkrieger, denn er glich dem lodernden Yuga Feuer. Manche Überlebende unter den Panchalas flohen davon, doch der tapfere Karna verfolgte die Fliehenden ohne Rüstungen oder Standarten energisch von hinten mit seinen tödlichen Pfeilen. Und dabei glich er der Sommersonne, die mit ihren Strahlen unbarmherzig alle Geschöpfe verbrennt, wenn sie im höchsten Punkt steht.


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