Pushpak Mahabharata Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 46 - Der Gesang vom Ewigen

Sanatsujata sprach:
Der primäre Samen (des Weltalls) ist ohne Anfang, ein reiner Geist und ein klares Licht. Aus ihm wurde der Schein der Sonnen geboren, dem die Sinne folgen. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Durch diesen Samen (Potential) ist Brahman zur Schöpfung fähig, durch ihn entfaltet sich Brahman. Aus diesem Samen kommt das Licht und die Hitze aller strahlenden Körper. Ohne Licht und Hitze aus anderer Quelle, ist es selbststrahlend und entfaltet alle strahlenden Körper. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Die Körper bestehen aus den fünf groben Elementen, welche wiederum aus den fünf subtilen bestehen. Und diese bestehen aus einer homogenen Substanz, welche Brahman genannt wird. Das Bewußtsein davon erwacht sowohl im Lebewesen als auch in der Gottheit (Ishvara). (Während des Schlafes und der universalen Auflösung sind beide ohne Bewußtsein.) Doch das, was keinen Schlaf kennt, die Quelle aller Sonnen, stützt die Erde und den Himmel. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Aus dem Samen entfalten sich die Gottheit, die Lebewesen, die Erde und der Himmel, der Raum und das ganze Weltall. In diesem Samen haben die Himmelsrichtungen, die Flüsse und ausgedehnten Meere ihren Ursprung. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Wie vergängliche Wagen sind diese Körper. Nur ihre Taten sind unsterblich. So gebunden an die Räder ihres Wagens (Karma), führen die Sinne als Rosse durch den Bereich des Bewußtseins, womit der Weise das Ungeschaffene und Unveränderliche findet. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Das Eine ist unvergleichbar und jenseits aller Formen. Niemand ergreift Es jemals mit dem (sinnlichen) Auge. Nur wer Es durch Verdienst und Geist im Innersten erkennt, der wird vom Tode frei. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Der breite Fluß der Illusion ist voller Leiden. Geschützt von den Göttern, gibt er zwölf Früchte. Von seinem Wasser trinkend und viele wünschenswerte Dinge in seiner Mitte erblickend, schwimmen in ihm die Wesen hin und her. Dieser Strom fließt aus dem Samen. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Wie die Biene im Sommer ihren Honig für den Winter sammelt, so sammeln die Wesen die Früchte ihrer Taten, um sie zu genießen und erneut davon zu leben. Dies ist das große Wesen, dies ist die Gottheit Ishvara, die alles im Weltall durchdringt und dieses Opfer bringt. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Der Samen ist da. Wenn die Bedingungen gegeben sind, wächst daraus ein großer Baum mit goldenen Blättern (bzw. Früchten). So entfaltet sich das Höchste Wesen in vielfältigen Erscheinungen und nimmt Geburten gemäß seiner Neigungen an. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Unter entsprechenden Bedingungen entfaltet sich das Universum in seiner Vollkommenheit aus dem Brahman, das Vollkommenheit ist. Auch die Bedingungen sind vollkommen und entstehen aus der Vollkommenheit selbst. Wenn sich auch alle Erscheinungen aus dem Vollkommenen entfalten, bleibt trotzdem Vollkommenheit bestehen. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Aus diesem Samen sind die fünf Elemente entstanden, in denen Kraft und Ordnung wohnt. Aus diesem Samen ist sowohl der Verzehrer als auch seine Nahrung (Agni und Soma) entsprungen, und damit alle Lebewesen mit ihren Sinnen. Alles kann man als Entfaltung aus diesem Samen betrachten. So bleibt er selbst unbeschreibbar, und die Veden zeigen auf ihn mit dem Wort „Tad“ (Das). Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Die lebenswichtige Luft (Apana, Einhauch des Lebewesens) wird durch den Lebensatem (Prana) eingesogen. Der Lebensatem wird vom Lebenswillen (symbolisch als Mond) ergriffen, der Lebenswille von der Erkenntnisfähigkeit (symbolisch als Sonne), und die Erkenntnisfähigkeit vom Höchsten Wesen. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Dieser flügellahme Schwan erhebt sich nur schwer aus dem Meer der weltlichen Illusion. (Seine Füße sind das traumhafte Wachen und Schlafen, seine Flügel das traumlose Schlafen und Wachen. Der letztere Flügel (Turiya) ist das Ziel der Yogis.) Könnte sich der Schwan erheben, wäre weder Tod noch Unsterblichkeit. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Dieses Feine, das sich selbst nicht messen läßt, gibt dem Körper seine Lebendigkeit, wenn es mit dem Lebensatem, dem Lebenswillen, der Erkenntnisfähigkeit und den Sinnen zusammenkommt. Dieser Höchste Lenker ist wahrlich der Verehrung durch Hymnen würdig. Er kann unter entsprechenden Bedingungen alles hervorbringen. Er ist die primäre Ursache aller Erscheinungen und entfaltet sich selbst als Illusion oder Erkenntnis in den Wesen. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

So haben manche die Meisterschaft des Geistes erlangt und andere nicht. Doch das Höchste Wesen kann man in allen Wesen erkennen. Wahrlich, es wohnt in gleicher Weise im Befreiten, wie im Gebundenen. Aber für den Befreiten fließt der Nektar der Seligkeit. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Des Lebens Reise vollendet, das Selbst erkannt, welchen Nutzen hat noch ein Feuerritual? Oh Monarch, laß deine Worte nicht engstirnig (ohne Offenheit) sein. „Reine Erkenntnis“ ist lediglich ein Name für das Höchste Wesen. Nur die Selbstlosen können es erreichen. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Das ist Er. Alldurchdringend und vollkommen, alle lebenden Wesen sind in Ihm vereint. Wer diese Verkörperung der Vollkommenheit erkennt, kann sogar noch hier das Ziel (der Befreiung) erreichen. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Fliegt es auch auf tausenden Flügeln hinaus, ja, selbst mit der Geschwindigkeit der Gedanken, so muß doch jedes Wesen zu dem großen Geist zurückkehren, der im Inneren seines Körpers wohnt. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Kein (sinnliches) Auge kann seine wahre Gestalt erblicken. Nur durch Wahrhaftigkeit ist Es zu schauen. Wer das Wohl aller Wesen sucht, sein Begehren gezügelt hat, und sich nicht selbst betrügt, der kann als wahrhaftig gelten. Denn jene, die alles Weltliche und Selbstsüchtige (das Illusorische) loslassen, erreichen die Unsterblichkeit. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Wie sich giftige Schlangen in einem Labyrinth von Löchern verbergen, so verbirgt mancher seine Lügen vor sich selbst und anderen, und gibt sich als gerecht und weise. Damit täuscht sich der Unwissende selbst, und verirrt sich im Wirrwarr der Illusionen. Wie könnte er zur Wahrheit finden? Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Wen könnte dieser vergängliche Organismus mit seinen Freuden und Leiden überwältigen? Wen könnte Tod und Geburt ergreifen? Wer begehrt nach richtig und falsch, gut und schlecht, Sein und Nichtsein? Wer könnte Befreiung erreichen? Alles ruht im Höchsten Wesen. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Der Brahmakenner, der mit Brahman eins ist, kann weder durch gute Taten erhöht, noch durch schlechte erniedrigt werden. Nur der gewöhnliche (begehrende) Mensch sammelt die Früchte seiner Taten. Der Brahmakenner vereint sich mit dem Nektar der Unsterblichkeit. Dieses Amrit ist nichts anderes als Erkenntnis. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Verleumdung kann ihn nicht treffen, Wissen kann ihn nicht bereichern, Opfer können ihn nicht reinigen. Die Weisen erkennen Brahman durch Selbstlosigkeit. Dieses Ewig Eine, dieses Göttliche, schauen die Yogis.

Wer sich selbst in allem erkennt, wonach sollte er noch begehren? Solche Sorgen treffen nur jene, die etwas Besonderes in ihrer Welt sein wollen. Wie sich alle Flüsse im Ozean vereinen, so vereint sich alles Wissen in dem, der das Höchste Wesen kennt. Dieses Feine, dieses Unmeßbare, dieses Unbegreifbare, dieses berühmte Eine, diese Vollkommenheit wohnt im Inneren aller Wesen. Selbst ungeboren, bewegt es alles und wacht Tag und Nacht. Wer Es kennt, der kennt alles und kann selig sein.

Ich bin Mutter und Vater, und wiederum der Sohn. Ich bin das Wesen von Allem, was bereits vergangen ist, und was noch entstehen wird. Oh Bharata, ich bin der alte Großvater, ich bin der Vater, ich bin der Sohn. Alle sind in mir, nur du willst nicht mein sein, noch darf ich dein sein! Das Höchste Wesen ist die Ursache meiner Zeugung und Geburt. Ich bin die Verkettung und der letzte Schluß des Weltalls. Ich ruhe auf dem, was unzerstörbar ist. Selbst ungeboren, bewege ich alles und wache Tag und Nacht. Wer mich kennt, der kennt alles und kann selig sein.

Feiner als das Feine, allgegenwärtig und allsehend, wacht Brahman in jedem Wesen. Wer Ihn kennt, der kennt den All-Vater, der in der ganzen Schöpfung lebt.

Hier endet mit dem 46. Kapitel das Sanatsujata Parva im Udyoga Parva im gesegneten Mahabharata.


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