Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 295 – Ein Jahr vergangen

Markandeya sprach:
Schnell war die Zeit vergangen, und der Tag nahte, an dem Satyavans Tod vorhergesagt worden war. Savitri hatte die Worte Naradas stets in ihrem Geist getragen und die Tage gezählt. Vier Tage vor seinem Tod fastete die Dame Tag und Nacht und folgte damit dem Triratra Gelübde. Als ihr Schwiegervater davon erfuhr, machte er sich große Sorgen. Sich erhebend versuchte er Savitri, davon abzubringen und sprach:
Dieses Gelübde, oh Königstochter, das du begonnen hast, ist sehr hart, denn es ist äußerst schwer, drei Tage hintereinander zu fasten!

Doch Savitri antwortete ihm:
Sorge dich nicht, oh Vater. Ich kann dieses Gelübde befolgen, denn ich habe viel Geduld, welche allein nötig ist, um Gelübde erfolgreich zu erfüllen.

Da sprach Dyumatsena:
Ich kann dir nicht befehlen, deinen Eid zu brechen. Einer wie ich sollte dir sogar sagen: Folge deinem Gelübde!

Dann schwieg der hochbeseelte Dyumatsena, und Savitri fastete weiter, obwohl sie mager wurde wie eine hölzerne Puppe. Die Nacht vor dem Todestag ihres Gatten verbrachte Savitri leidend und mit größter Angst. Und als die Sonne sich gerade einige Spannen erhoben hatte, da dachte sie: Heute ist der Tag gekommen. So beendete sie ihre morgendlichen Riten und opferte dem flammenden Feuer. Als nächstes verbeugte sie sich vor den alten Brahmanen, sowie vor ihren Schwiegereltern und stand vor ihnen mit gefalteten Händen, ihre Sinne sammelnd. Die Brahmanen der Einsiedelei wünschten ihr Wohl und murmelten die glücksverheißenden Segnungen, daß sie niemals die Witwenschaft erleiden müsse. Die in tiefe Kontemplation versunkene Savitri nahm all diese Worte in sich auf und sprach im Geiste: So sei es. Dann wartete sie auf die rechte Stunden und den rechten Moment, die Worte Naradas bedenkend.

Ihre Schwiegereltern sprachen zufrieden zu der in einer Ecke sitzenden Prinzessin:
Du hast nun dein Gelübde erfüllt. Es ist nun wieder Zeit für dich, eine Mahlzeit einzunehmen. So iß etwas.

Und Savitri antwortete:
Ja, ich habe den Eid befolgt und werde essen, wenn die Sonne untergeht. Dies ist meines Herzens Beschluß und Gelübde.

In diesem Moment schulterte Satyavan seine Axt und machte sich bereit, in den Wald zu gehen. Und Savitri sprach zu ihrem Gemahl:
Bitte geh heute nicht allein. Ich möchte dich begleiten, denn ich kann die Trennung von dir nicht ertragen.

Doch Satyavan erwiderte ihr:
Nie zuvor bist du im Wald gewesen. Liebe Dame, die Pfade im Dschungel sind schwer zu begehen, und du bist schwach vom Fasten. Wie könntest du den Fußmarsch schaffen?

Doch Savitri blieb standhaft:
Ich bin nicht müde oder schwach vom Fasten. Und ich bin fest entschlossen, mit dir zu gehen. So verwehre es mir bitte nicht.

Und Satyavan stimmte zu:
Wenn du es so gerne möchtest, werde ich deinen Wunsch erfüllen. Doch hole noch die Erlaubnis meiner Eltern ein, damit ich keines Fehlers schuldig werde.

So grüßte Savitri ihre Schwiegereltern und fragte sie:
Mein Ehemann geht in den Wald, um Früchte zu sammeln. Wenn meine verehrten Schwiegereltern es mir gestatten, dann begleite ich ihn, denn heute kann ich die Trennung von ihm nicht ertragen. Euer Sohn geht für das heilige Opferfeuer und für euch hinaus, so sollte ihm nicht abgeraten werden. Nur aus anderen Gründen könnte man ihm den Gang in den Wald verweigern. Und haltet auch mich nicht zurück, denn ich muß mit ihm gehen. Seit einem Jahr habe ich die Einsiedelei nicht verlassen, und ich möchte so gerne die blühenden Wiesen und Bäume sehen.

Dyumatsena antwortete:
Seit Savitri mir von ihrem Vater als Schwiegertochter übergeben wurde, kann ich mich nicht erinnern, daß sie je eine Bitte geäußert hätte. So möge sie heute ihren Willen bekommen. Doch verhalte dich so, oh Savitri, daß Satyavan seine Arbeit tun kann.

Nachdem sie also die Erlaubnis ihrer Schwiegereltern erhalten hatte, ging die ruhmreiche und gelübdetreue Savitri mit ihrem Herrn in den Wald. Sie lächelte, doch im Herzen brannte der Kummer. Unterwegs kamen sie an malerischen und entzückenden Landschaften mit schönen Pfauen vorüber. Und Satyavan sprach liebevoll zu ihr:
Schau den Fluß, diesen heiligen Strom, und wie sein sanft geschwungenes Ufer mit Blumen und schönen Bäumen geziert ist.

Savitri hatte jedoch nur Augen für ihren Gemahl, denn die Worte des himmlischen Weisen verhießen ihr den nahen Tod des Geliebten. Mit zerrissenem Herzen antwortete sie Satyavan mit sanften Worten und folgte ihm auf dem Fuße, die dunkle Stunde erwartend.


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