Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 213 – Der Vogelfänger über Prana

Der Brahmane fragte:
Wie kommt es, daß das Feuer zusammen mit dem Erdelement zum Körper wird? Und wie schafft es der Atem in seinem natürlichen Sitz (im Körper), zur Bewegung anzuregen?

Und der Vogelfänger hub zu folgender Antwort an:
Der Lebensgeist manifestiert sich im Bewußtsein und verursacht die Bewegungen des Körpers. Die Seele ist in beiden anwesend und agiert durch sie. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind untrennbar mit der Seele verbunden. Sie ist der höchste Besitz einer Kreatur, denn sie ist von der Essenz des Höchsten Geistes, und wir verehren sie. Sie ist das Lebensprinzip aller Kreaturen, der ewige Purusha (Geist). Sie ist groß und intelligent, ist das Ego und der in ihr gegründete Sitz der verschiedenen Eigenschaften der Elemente. Während sie (im Körper) verweilt, wird sie in all ihren Beziehungen, äußerlich und innerlich, von dem subtilen ätherischen Wind namens Prana (Einhauch) aufrechterhalten. Und danach geht eine jede Kreatur ihren eigenen Weg durch die Wirkung eines anderen subtilen Windes, der Samana (Mittelhauch) heißt. Dieser wandelt sich dann von selbst in den Wind Apana (Aushauch), der von der Wärme des Magens getragen wird und all die Ausscheidungen des Körpers wie Urin usw. zu Nieren und Darm transportiert. Derselbe Wind ist die Ursache von Mühe, Ausübung und Kraft, und wird in diesem Zusammenhang von den wissenschaftlich Gelehrten Udana (aufwärtsstrebender Atem) genannt. Wenn er sich in allen Knotenpunkten des menschlichen Körpers manifestiert, dann heißt er Vyana (alles durchströmender Atem). Von den eben genannten Winden unterstützt, wird die innere Wärme auf alles Gewebe unseres Körpers verteilt, und transformiert unsere Nahrung, unser Gewebe und unser Temperament. Das Zusammenspiel von Prana und den anderen Winden hat als Ergebnis die innere Wärme, welche die Verdauung unserer Nahrung veranlaßt. Prana und Apana sind eng mit Samana und Udana verbunden. Und die innere Wärme dieser Verbindung läßt den Körper wachsen. Der Bereich von Apana (hinabstrebender Aushauch) reicht bis zum Rektum. Von dort erheben sich die Kanäle aller fünf Winde (Prana, Apana, Samana, Udana und Vyana). Der Prana Wind stößt unter der Einwirkung der Hitze bis ans Ende der Apana Region vor, kehrt dann wieder zurück und wirkt auf die Wärme ein. Über dem Nabel ist der Bereich der unverdauten Nahrung, und darunter findet die Verdauung statt. Prana und die anderen Winde dieses Systems haben ihren Sitz in der Umgebung des Nabels. Vom Herzen aus verlaufen dann die Kanäle in alle Richtungen, welche die beste Essenz unserer Nahrung unter der Einwirkung der Prana Winde übertragen. Auf diesem Wege (durch Reinigung bzw. Regulierung der Kanäle) haben schon viele geduldige Yogis alle Hindernisse überwunden. Wer mit unvoreingenommenen Augen alle Dinge gleich betrachtet, und die Seele im Gehirn (zwischen den Augenbrauen) sammelt, der findet den Höchsten Geist.

So existieren die Prana und Apana Winde in den Körpern aller Kreaturen. Erkenne, daß sich der Geist mit einer körperlichen Hülle unter den elf Bedingungen (eines Lebewesens) umkleidet. Und obwohl ewig, erscheint sein eigentlicher Zustand unter bestimmten Bedingungen in veränderlichen Formen, genau wie das an sich reine Feuer in der (Opfer-) Pfanne. Er ist ewig, aber auf zeitweise in seinem Lauf durch seine Umgebung geformt. Und so ist das Göttliche mit dem Körper verbunden wie ein perlender Wassertropfen auf der glatten Oberfläche eines Lotusblattes. Erkenne auch, daß Sattwa, Rajas und Tamas die Eigenschaften aller Lebewesen sind, und daß das Leben eine Eigenschaft des Geistes ist, und der Geist eine Eigenschaft des Höchsten Geistes. So wird träge und unempfindliche Materie zum Sitz des Lebensprinzips, welches in sich aktiv ist und anderes zur Aktivität anregt. Was die sieben Welten zur Bewegung bringt, wird von Menschen mit spiritueller Sicht als das Allerhöchste bezeichnet. So zeigt sich der ewige Geist in den Elementen nicht selbst, doch er wird von den spirituell Gelehrten wahrgenommen aufgrund ihrer klaren und hohen Wahrnehmung. Wenn ein Mensch mit reinem Geist sein Herz reinigt, dann ist er in der Lage, die guten und bösen Wirkungen seiner Handlungen aufzulösen und ewige Seligkeit durch die Erleuchtung seines inneren Geistes zu erlangen. Der Zustand des Friedens und der Reinheit eines solchen Herzens kann mit dem Zustand einer Person verglichen werden, die mit leichtem und frohem Geist tief und ruhig schläft, oder mit dem Glanz einer Lampe, den eine geschickte Hand bewahrt. Solch reingeistiger Mensch lebt von schmaler Kost, erkennt den Höchsten Geist, der sich in ihm spiegelt, und übt Konzentration des Geistes am Abend und Morgen. Er sieht den Höchsten Geist, welcher keine Eigenschaften hat, im Licht seines Herzens wie eine alles überstrahlende Lampe, und erlangt Erlösung. Habgier und Zorn müssen unbedingt besiegt werden, denn dies ist die heiligste (bzw. heilsamste) Tugend, welche Menschen üben können, und wird außerdem als das beste Mittel angesehen, das tiefe Meer aus Sorgen und Ängsten zu überqueren. Ein Mensch sollte seine Rechtschaffenheit davor bewahren, von den üblen Konsequenzen der Wut überrollt zu werden, seine Tugenden vor Hochmut schützen, sein Wissen vor Eitelkeit und seinen Geist vor Täuschung. Milde ist die beste Tugend, Vergebung die höchste Kraft, spirituelle Erfahrung das beste Wissen und Wahrhaftigkeit die wunderbarste religiöse Pflicht. Das Sprechen der Wahrheit ist gut. Das Wissen um die Wahrheit kann auch gut sein. Doch als die höchste Wahrheit wird das bezeichnet, was zum Wohle aller Wesen führt. Wer handelt, ohne einen Segen oder Belohnung zu erwarten, und wer jegliche Bedingungen für seine Entsagung geopfert hat, der ist weise und ein wahrer Sannyasin (einer, welcher der Welt entsagt und sich einzig dem Dienst an der Gottheit widmet). Die Vereinigung mit Brahma kann nicht einmal vom spirituellen Lehrer gelehrt werden. Er kann uns nur Hinweise zum Mysterium geben. Die Entsagung von Dingen der materiellen Welt wird Yoga genannt. Wir müssen den Wesen kein Leid zufügen und können mit allen in Freundschaft leben. Und wir müssen uns hier in dieser Existenz auch an niemandem rächen. Selbstverleugnung (im Sinne von Nichtanhaften an weltlichen Dingen), Geistesfrieden, Wunschlosigkeit und Gleichmut sind die Wege, auf denen man zum spirituellen Licht wandert, und das Wissen um das Höchste Selbst ist das beste Wissen. Die Menschen sollten in dieser und der nächsten Welt klug ihre religiösen Pflichten erfüllen und dabei allen weltlichen Begehren entsagen und beständige Harmonie bewahren, denn dies läßt alles Leiden ruhen. Der Muni, welcher sich nach der schwer zu erlangenden Befreiung (Moksha) sehnt, muß beständig sein in Enthaltsamkeit, Vergebung und Selbstbeherrschung, und muß seine langgehegte Zuneigung aufgeben, die ihn an die Dinge der Erde bindet.

Die Gunas (Sattwa, Rajas und Tamas), welche wir wahrnehmen können und dem Höchsten Geist zuschreiben, werden in Ihm zu Agunas (nicht – Gunas), denn Er ist an nichts gebunden. Er ist nur wahrnehmbar durch die Erweiterung und Entwicklung der spirituellen Sicht. Sobald die Illusion der Unwissenheit zerstreut ist, wird die höchste und klarste Seligkeit erlangt. Durch Entsagung von angenehmen und unangenehmen Dingen und an die Dinge der Erde bindende Gefühlen soll man Brahma erlangen, oh guter Brahmane. Nun habe ich dir kurz alles erzählt, was ich vernommen habe. Was sonst möchtest du erfahren?


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