Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 135 – Yavakri erhält seinen Segen

Lomasa sprach:
Hier, oh König, fließt die Samanga für alle sichtbar. Ihr Name war früher auch Madhuvila. Dort drüben ist der Badeplatz von Bharata, Kardamila genannt. Als der Gatte von Sachi (Indra) ins Elend stürzte, weil er Vritra getötet hatte, wurde er durch seine Waschungen in der Samanga von seinen Sünden befreit. An jenem Ort sank der Berg Mainaka ins Innerste der Erde und wird daher Vinasana genannt. Einst kochte hier Aditi ganz besondere Nahrung, um Söhne zu bekommen. Oh ihr Bullen unter den Männern, besteigt den hohen Gipfel und beendet euer ruhmloses Leiden, welches kaum eines Wortes würdig ist. Vor euch streckt sich das Kanakhala Gebiet aus, indem die Weisen besonders gern leben. Dort drüben strömt die mächtige Ganga. Und hier erwarb sich einst, vor langer, langer Zeit, der heilige Weise Sanatkumar höchsten asketischen Erfolg. Vollführe hier deine Waschungen, oh Yudhishthira, und du wirst von allen deinen Sünden befreit. Und berühre auch mit deinen Begleiter das Wasser des Punya Sees, den Berg Bhrigutunga und die Wasser der beiden Flüsse Tushniganga. Schau, dort zeigt sich die Einsiedelei des Weisen Shtulashiras unseren Blicken. Wirf hier all deinen Ärger ab und deinen Sinn für Eigendünkel. Dort sieht man die schöne Zuflucht von Raivya, wo der vedenkundige Yavakri umkam, Bharadvajas Sohn.

Yudhishthira fragte:
Wie erlangte der mächtige Weise Yavakri sein tiefes Wissen über die Veden? Und wie starb er? Ich bin begierig zu erfahren, wie alles geschah. Es bereitet mir immer großes Entzücken, den Geschichten über die Taten von gottgleichen Menschen zu lauschen.

Lomasa erzählte:
Bharadvaja und Raivya waren zwei Freunde, die hier zusammen lebten und sich mit dem größten Vergnügen Gesellschaft leisteten. Raivya hatte zwei Söhne namens Arvavasu und Paravasu, und Bharadvaja hatte einen Sohn namens Yavakri. Raivya und seine Söhne studierten die Veden, während Bharadvaja Askese übte. Und doch war ihre Freundschaft von klein auf ohnegleichen.

Als Knabe fand der hochbeseelte Yavakri, daß sein askeseübender Vater von anderen Brahmanen oft gekränkt wurde, während Raivya mit seinen Söhnen höchst angesehen war. Trauer und Leid überwältigte ihn deswegen, und er begann strengste Buße, um auch das Wissen der Veden zu erlangen. Er überließ seinen Körper den Flammen des Feuers, war höchst enthaltsam und zog damit die Sorge Indras auf sich.

So erschien Indra dem jungen Yavakri und sprach zu ihm:
Wozu, oh Weiser, übst du solch harte Buße?

Yavakri antwortete:
Oh Verehrter der himmlischen Heerscharen, ich versenke mich in Askese, weil ich möchte, daß sich solches Wissen der Veden in mir manifestiert, welches nie zuvor ein Brahmane erlangte. Oh Sieger über Paka, für die vedische Tradition tue ich dies. Ich möchte alle Arten von Wissen haben. Sonst dauert es sehr lange, das vedische Wissen durch Lehrer zu gewinnen. Doch ich möchte schnell wissend werden und strenge mich deswegen so an.

Da erwiderte Indra:
Oh heiliger Brahmane, der Weg, den du nimmst, ist nicht angemessen. Warum willst du dich selbst vernichten? Laß ab und lerne von den Lippen eines Lehrers.

Sprach’s und verschwand. Doch Yavakri fuhr fort und strengte sich noch mehr an. Seine harte Buße beunruhigte Indra erneut, und so erschien der Gott noch einmal vor ihm und sprach:
Du bemühst dich darum, daß das vedische Wissen in dir und deinem Vater manifest wird. Doch deine Anstrengung kann niemals erfolgreich sein, und deine Taten sind nicht wohlberaten.

Yavakrita sprach:
Oh Herr der Himmlischen, wenn du mir nicht hilfst, werde ich noch härteren Gelübden folgen und viel enthaltsamer sein. Wenn du, oh Gott, mir mein Begehren nicht erfüllst, werde ich meine Glieder abschneiden und als Opfer ins lodernde Feuer werfen.

Nachdem Indra nun die feste Entschlossenheit des hochbeseelten Brahmanen geprüft hatte, sann er über ein Mittel nach, ihn von seinem Ziel abzubringen. Er nahm die Gestalt eines hundert Jahre alten, asketischen Brahmanen an, der ganz schwach und ausgezehrt war. Dann begann er, einen Damm aus Sand aufzuschütten, ganz in der Nähe, wo Yavakri in der Ganga seine Waschungen zu vollziehen pflegte, wohl wissend, daß Yavakri seine Worte völlig mißachtete. So schüttete er ernsthaft Sandkorn um Sandkorn auf, bis Yavakri ihn bemerkte.

Dieser brach in schallendes Gelächter aus und sprach:
Was machst du nur, oh Brahmane? Und was ist dein Ziel? Warum mühst du dich so gewaltig für nichts?

Indra antwortete:
Nun, mein Sohn, ich schütte einen Damm in der Ganga auf, damit ein breiter Weg entsteht. Die Menschen müssen viele Schwierigkeiten erdulden, wenn sie die Ganga im Boot überqueren.

Yavakri sprach:
Oh Askesereicher, du kannst diesen mächtigen Strom nicht stauen. Hör auf mit dieser unmöglichen Arbeit und richte deinen Sinn auf etwas Machbares.

Indra entgegnete:
Oh Weiser, ich habe mich dieser schweren Aufgabe gewidmet, genau wie du mit deiner fruchtlosen Askese zum Erlangen des vedischen Wissens.

Da erkannte Yavakri den Gott und sprach:
Wenn meine Bemühungen so fruchtlos wie die deinen sind, oh Herr der Himmlischen, dann sei so gut, und gewähre mir etwas Machbares. Erfülle mir Wünsche, damit ich anderen Menschen überlegen bin.

Dies tat Indra. Er sprach:
Mögen auf deinen Wunsch hin die Veden in dir und in deinem Vater manifest sein. Auch deine anderen Wünsche mögen sich erfüllen. Kehre nun heim, Yavakrita!

Mit erfülltem Sehnen kehrte Yavakrita zu seinem Vater zurück und sprach zu ihm:
Oh Vater, die Veden werden in uns beiden offenbar sein, und ich habe den Segen bekommen, daß wir alle Menschen übertreffen.

Doch Bharadvaja antwortete seinem Sohn:
Oh mein Sohn, dein Begehren wurde erfüllt, und nun wirst du stolz werden. Der Stolz wird dich hochmütig anschwellen lassen. Dann wird bald dein Mitgefühl schwinden und Vernichtung über dich kommen.

Valadhi und sein beinahe unsterblicher Sohn

Es gibt da eine alte Geschichte, mein Sohn, welche die Götter erzählen. In alter Zeit lebte ein Weiser namens Valadhi, der große Energie besaß. Aus Kummer um den Tod eines Kindes übte er grausigste Buße, um ein Kind zu bekommen, welches unsterblich sein sollte. Er bekam, was er begehrte. Doch weil die Götter ihm wohlgesonnen waren, machten sie seinen Sohn nicht auf die Weise unsterblich, wie sie selbst es waren.

Sie sprachen:
Unter keinen Umständen kann ein Sterblicher unsterblich werden. Das Leben deines Sohnes muß an etwas gebunden sein.

Da antwortete Valadhi:
Oh ihr Götter, diese Berge existieren schon seit ewigen Zeiten und sind unzerstörbar. Das Leben meines Sohnes soll von ihnen abhängen.

So wurde dem Weisen ein Sohn namens Medhavi geboren. Er war von reizbarem Temperament, und als er von den Umständen seiner Geburt erfuhr, wurde er bald überheblich und begann, sogar die Weisen zu demütigen. So wanderte er über die Erde und war eine Plage für die Munis. Eines Tages begegnete er dem gelehrten und energiereichen Dhanushaksha, welchen er ebenfalls quälte.

So verfluchte ihn jener und sprach:
Du sollst zu Asche verbrennen.

Doch Medhavi verbrannte nicht zu Asche. Doch dies verstand Dhanushaksha und ließ die Berge von Büffeln zu Boden trampeln. So verging der Junge zusammen mit den Bergen, an welchen sein Leben hing. Und seinem Vater blieb nichts weiter übrig, als seinen toten Jungen zu umarmen und sein Schicksal zu beweinen. Als die vedenkundigen Weisen Valadhi um sein Kind klagen hörten, sangen sie folgenden Vers:
Ein Sterblicher kann unter keinen Umständen vermeiden, was das Schicksal ihm bestimmt hat. Dhanushaksha konnte dafür sogar mit Büffeln die Berge zermalmen.

Ja, der junge Asket wurde ganz aufgeblasen vor Hochmut, weil ihm ein Segen gewährt worden war. Und in kürzester Zeit verging er. Sei nicht wie er. Raivya und seine Söhne verfügen über große Energie. Sei vorsichtig und komm ihnen nicht zu nahe. Auch hat der große Asket Raivya ein reizbares Temperament. Wenn er wütend wird, kann er dir Unheil bringen.

Yavakrita antwortete:
Ich werde deiner Bitte folgen, mach dir deswegen keine Sorgen, oh Vater. Raivya verdient denselben Respekt von mir wie du.

Doch trotz dieser süßen Worte zu seinem Vater, begann Yavakri bald mit voller Absicht und großem Entzücken andere Munis zu kränken, und hatte vor nichts und niemanden mehr Respekt.


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