Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 76 – Nala und Damayanti begegnen sich

Dies tat Kesini und ging zu Damayanti zurück, um ihr alles zu berichten. Doch nun wollte Damayanti endlich ihren Gatten selbst sehen, und sie sandte Kesini zu ihrer Mutter, um ihr auszurichten:
Ich vermutete, daß Vahuka Nala sei und prüfte ihn auf verschiedenste Art und Weise. Alles scheint nun daraufhin zu deuten, daß er es ist. Doch nun möchte ich ihn selbst prüfen. Oh Mutter, laß ihn den Palast betreten oder gib mir die Erlaubnis, zu ihm zu gehen. Möge Vater davon erfahren, wenn du es wünschst.

So erzählte ihre Mutter König Bhima von Damayantis Absichten, und der König war einverstanden. So ließ Damayanti mit Erlaubnis ihrer Eltern den Nala in ihre Gemächer rufen. Als Nala seine Gattin so plötzlich vor sich sah, übermannte ihn der Kummer und er brach sogleich in Tränen aus. Auch Damayanti mußte beim Anblick seiner Trauer weinen. Sie trug ein rotes Kleid und verfilzte Locken, war abgemagert und sprach schließlich zu Vahuka:
Oh Vahuka, hast du jemals einen Menschen getroffen, der pflichtbewußt ist und doch seine teure und ergebene Gattin schlafend im Wald allein zurückließ? Wer außer dem tugendhaften Nala könnte dies getan haben? Welcher Kränkung war ich in den Augen des Monarchen schuldig geworden, daß er mich Schlafende verließ? Warum sollte er, den sie einst im Beisein der Götter wählte, seine allseits treue und liebende Gattin verstoßen, die ihm auch zwei Kinder schenkte? Er nahm vor Feuer und Göttern meine Hand und schwor: Ich werde dein sein! Doch wo war dieser Eid, als er mich verstieß?

Als Damayanti diese Worte sprach, flossen ganze Ströme von Tränen ihre Wangen herab. Und als Nala diese Tränen aus ihren nachtschwarzen Augen rinnen sah, da sprach er:
Oh Zarte, weder der Verlust meines Königreichs noch deine Verbannung waren die Taten meiner Hand. Für beides war Kali der Grund. Oh du Tugendhafteste der Frauen, als du Tag und Nacht in diesen Wäldern um mich klagtest, da verfluchtest du Kali. Er lebte in meinem Körper und brannte durch deinen Fluch wie im Feuer. Ja, er lebte in mir wie Feuer im Feuer. Oh Gesegnete, unsere Leiden mögen nun enden, denn ich habe ihn durch meine Enthaltsamkeit und meine Gelübde besiegt. Der sündige Kali hat mich schon verlassen, und deswegen kam ich her. Ich bin um deinetwillen gekommen, schöne Dame. Kein anderes Ziel verfolge ich. Doch oh Zarte, wie kann eine Gattin wie du ihren liebenden und treuen Ehemann verstoßen und sich einen zweiten Herrn wählen? Auf Befehl des Königs durchwandern Boten die Erde und sagen: Bhimas Tochter wählt sich aus eigenem Antrieb einen zweiten Ehemann, der ihrer würdig ist. Als er dies hörte, kam Rituparna sofort hierher.

Auf diese Klagen Nalas antwortete Damayanti furchtsam bebend und mit gefalteten Händen:
Es ziemt sich nicht, oh Gesegneter, in mir irgendeinen Makel zu vermuten. Oh Herrscher der Nishadas, ich überging die Himmlischen und wählte dich zu meinem Herrn. Nur, um dich herzubringen, gingen all die Brahmanen in alle Richtungen davon, um meine Worte als Ballade zu singen, bis ein gelehrter Brahmane namens Parnada dich in Kosal im Palast Rituparnas fand. Als du ihm die passende Antwort auf meine Worte gabst, da entschloß ich mich zu diesem Plan, der dich entdeckte. Denn es gibt außer dir niemanden in der ganzen Welt, oh König, der an einem Tag hundert Yojanas weit mit Pferden reisen könnte. Oh Monarch, ich berühre deine Füße und schwöre dir aufrecht, daß ich niemals eine Sünde beging, nicht einmal in Gedanken. Möge die alles bezeugende Luft, welche durch diese Welt strömt, mein Leben nehmen, wenn ich diese Sünde beging. Möge die den Himmel durcheilende Sonne mein Leben nehmen, wenn ich diese Sünde beging. Möge der Mond, der in jedem Wesen als Zeuge lebt, mir mein Leben nehmen, wenn ich diese Sünde beging. Mögen die drei Götter, welche die dreifachen Welten in ihrer Einheit bewahren, es wahrhaft bezeugen oder mich sofort verstoßen!

Da sprach der Windgott aus dem Himmel:
Oh Nala, ich sage dir die Wahrheit. Sie tat nichts Unrechtes. Damayanti hat die Ehre deiner Familie bestens bewahrt und sie damit vergrößert. Oh König, wir sind ihre Zeugen, denn wir haben sie in den drei Jahren beschützt. Nur um deinetwillen hat sie diesen unvergleichlichen Plan ersonnen, denn sie erwartete dich, der als einziger an einem Tag hundert Yojanas schaffen kann. Oh Monarch, du gewannst Bhimas Tochter und sie dich. So unterhalte keine Zweifel und vereine dich wieder mit ihr.

Nach diesen Worten des Windgottes fielen Blumen vom Himmel, die himmlischen Kesselpauken dröhnten und eine glücksverheißende Brise wehte sanft und kühl. Nala erkannte all die Zeichen und warf allen Zweifel bezüglich Damayanti über Bord. Er erinnerte sich an den König der Schlangen, legte das reine Kleid an und bekam seine ursprüngliche Gestalt zurück. Als Bhimas Tochter ihren Gatten in seiner bekannten Gestalt wiedersah, da umarmte sie ihn und begann laut zu weinen. Auch Nala umarmte seine liebende Gattin und seine Kinder wie ehedem in größtem Entzücken. Damayanti vergrub ihr Gesicht an seiner Brust und seufzte tief, als sie an all ihr Leiden dachte. So standen die beiden eine Weile ganz überwältigt von ihren Gefühlen in gegenseitiger Umarmung. Die Königinmutter teilte ihrem Gatten freudig die gute Nachricht mit, und der mächtige Monarch antwortete:
Möge Nala diesen Tag in Ruhe verbringen. Morgen, nach seinem Bad und den Gebeten, werde ich ihn mit Damayanti an seiner Seite begrüßen.

So verbrachten die Liebenden die Nacht auf angenehme Weise und erzählten sich gegenseitig, was ihnen im Walde geschehen war. Mit freudigen Herzen lebten sie nun für einige Zeit im Palast Bhimas, und waren nur füreinander da. Es war das vierte Jahr, nachdem Nala sein Königreich verloren hatte, daß die beiden wieder vereint waren, und wunschlos glücklich miteinander lebten. Damayanti war außer sich vor Freude, gerade wie zarte Pflanzen sich über einen sanften Regen freuen. Vereint mit ihrem Gatten erstrahlte ihre Schönheit wie zuvor, die Blässe war verschwunden, die Ängste überstanden. Sie glühte vor Freude wie die Nacht, die von der hellen Mondscheibe aufs Schönste geschmückt wird.


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