Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 72 – Halt am Vibhitaka Baum

Vrihadashwa sprach:
Wie ein Vogel durch die Lüfte eilt, so mühelos überwand Nala Flüsse, Berge, Wälder und Teiche. Und während der Wagen so schnell dahinflog, verlor der königliche Sohn von Bhangasura sein oberstes Gewand, und es fiel vom Wagen. Sofort sprach der hochbeseelte Monarch zu Nala:
Ich möchte meine Kleidung wiederhaben. Zügle die schnellen Pferde, du Kluger, bis Varshneya mir mein Gewand wiedergebracht hat.

Doch Nala erwiderte:
Dein Kleid fiel weit entfernt zu Boden. Wir sind in der Zwischenzeit schon ein Yojana (mehrere Meilen, die Angaben schwanken zwischen 3 und 9 Meilen) weit gefahren. Es ist unmöglich, es jetzt noch aufzulesen.

Etwas später gelangten sie zu einem großen Vibhitaka Baum mit vielen Früchten am Wegesrand. Schnell sprach da der König zu Vahuka:
Oh Wagenlenker, schau mein großes Können im Rechnen. Jeder Mensch kann etwas. Doch niemand beherrscht jede Kunst. Gelehrtheit in ganzer Vollkommenheit kann man nicht in einem einzigen Menschen finden. So wisse, die Blätter und Früchte dieses Baumes, die auf dem Boden liegen, überschreiten in ihrer Anzahl die Blätter und Früchte am Baum um einhundert und eins. Die zwei Äste des Baumes tragen fünfzig Millionen Blätter und zweitausend und fünfundneunzig Früchte. Untersuch nur die beiden Äste mit all ihren Zweigen!

Da hielt Vahuka den Wagen an und sprach zum König:
Oh Feindevernichter, du lobst dich in einer Sache, die jenseits meiner Wahrnehmung liegt. Doch ich werde den direkten Beweis antreten, indem ich den Vibhitaka Baum fälle. Wenn ich die Früchte gezählt habe, ist es für mich nicht länger eine Sache der Spekulation, oh König. Also werde ich vor deinen Augen den Baum fällen, denn ich weiß ja sonst nicht, ob es stimmt, wie du sagst. Vor deinen Augen will ich die Früchte und Blätter zählen. Laß inzwischen Varshneya die Zügel halten.

Der König wandte ein:
Aber wir haben keine Zeit zu verlieren!

Doch Vahuka antwortete demütig:
Warte nur eine kleine Weile, oh König. Oder wenn du in Eile bist, dann fahre weiter und mache Varshneya zu deinem Wagenlenker. Die Straße liegt eben und gerade vor dir.

Da sprach Rituparna sanft zu Vahuka:
Oh Vahuka, du bist der Meister im Wagenlenken. Oh du, der du mit Pferden umgehst wie kein anderer in der Welt, mit deiner Hilfe hoffe ich, rechtzeitig bei den Vidharbas anzukommen. Ich begab mich in deine Hände. So ziemt es sich nicht für dich, mir Hindernisse aufzuhäufen. Wenn du mich noch vor Sonnenuntergang ins Land Vidharba führst, gewähre ich dir jeden Wunsch.

Vahuka antwortete:
Nachdem ich die Früchte und Blätter des Vibhitaka gezählt habe, fahre ich dich nach Vidharba. Stimme nur meinen Worten zu.

Nun sprach der König widerwillig:
So zähle! Zähle die Blätter und Früchte dieses Astes, und du wirst die Wahrheit meiner Behauptung erkennen.

Da sprang Vahuka schnell vom Wagen und fällte den Baum. Er zählte und rechnete und stellte staunend fest, daß der König recht gehabt hatte. Und er sprach zum König:
Oh Monarch, diese Macht von dir ist wunderbar. Ich möchte die Kunst erfahren, mit der du dies herausgefunden hast, oh Prinz.

Schnell sprach da der König zu Vahuka, denn er wollte weiterfahren:
Ich bin erfahren im Würfeln und kenne mich mit Zahlen aus.

Vahuka daraufhin:
Übertrage mir dieses Wissen, und nimm dafür mein Wissen über Pferde an, oh Bulle unter den Männern.

Der König wußte um die Wichtigkeit von Vahukas gutem Willen, wenn er Vidharba noch erreichen wollte. Auch war er dem Wissen seines Wagenlenkers bezüglich der Pferde zugeneigt. So sprach er:
So sei es! Empfange mein Wissen um die Kunst des Würfelspiels, welches du dir wünschst, oh Vahuka. Doch das Wissen um die Pferde lasse ich noch vertrauensvoll eine Weile in dir ruhen.

Der König übertrug Nala die Kunst der Würfel, und sofort, als Nala mit ihr vertraut war, verließ Kali seinen Körper, wobei er aus seinem Mund ständig Karkotakas starkes Gift ausspie. Damayantis Fluch hatte Kali sehr geplagt, und als er Nalas Körper endlich verlassen hatte, verließ ihn auch das Feuer dieses Fluches. Für lange Zeit wurde Nala von Kali gepeinigt, als ob er eine dunkle Seele hätte. Doch vom Gift befreit, nahm Kali wieder seine ursprüngliche Gestalt an. Als Nala, der Herrscher der Nishada, ihn erkannte, war er zuerst zornig geneigt, Kali zu verfluchen. Doch Kali bat ihn ängstlich zitternd und mit gefalteten Händen:
Beherrsche deinen Zorn, oh König. Ich werde dich berühmt machen. Indrasenas Mutter, deine Gattin Damayanti, verfluchte mich einst im Zorn, als du dich von ihr trenntest. Seit dieser Zeit litt ich schwere Pein, während ich in dir lebte, oh mächtiger Monarch, du Unbesiegter. Außerdem brannte ich Elender Tag und Nacht durch das Gift des Schlangenprinzen. Nun flehe ich um deinen Schutz. Wenn du mich Ängstlichen und Schutzsuchenden nicht verfluchst, dann werden alle Menschen, die deiner Geschichte aufmerksam lauschen, vor mir keine Angst mehr haben.

Da beherrschte Nala seinen Zorn, und Kali versteckte sich schnell im Vibhitaka Baum. Seit dieser Stunde hat der Vibhitaka durch Kalis Berührung einen schlechten Ruf. (Die Nüsse des Vibhitaka Baums wurden einst zum Würfeln benutzt.). Doch außer Nala hatte niemand Kali sehen können. So bestieg der von seinem Leiden befreite Nala den Wagen, verspürte große Freude und Energie und trieb die schnellen Pferde mit großer Kraft voran. Sie flogen durch die Lüfte wie beflügelte Wesen und näherten sich flugs Vidharba. Zwar war er nun frohen Herzens, denn von Kali befreit, war er sein Elend los. Doch seine ursprüngliche Gestalt nahm er noch nicht wieder an. Und nachdem Nala sich weit entfernt hatte, kehrte auch (der Gott) Kali in seine Heimstatt zurück.


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