Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 57 – Damayantis Gattenwahl

Vrihadashwa fuhr fort:
So rief König Bhima die Könige zur Gattenwahl zusammen, als die heilige Stunde des lunaren Tages der glücksverheißenden Jahreszeit gekommen war. All die verliebten Herren der Erde folgten eilig seinem Ruf, denn ein jeder wollte Damayanti für sich gewinnen. Sie kamen ins Amphitheater mit seinen goldenen Säulen und hohen, gebogenen Portalen, wie stolze Löwen durch die wilde Bergwelt schreiten. Sie waren mit duftenden Blumengirlanden geschmückt, schillernden Ohrringen und funkelnden Juwelen, als sie sich niederließen. Das strahlende Rund mit seinen illustren Gästen glich der reichen Welt der Nagas (Bhogavati, auch Patala genannt) oder einer Höhle mit edlen Tigern. Ihre Arme waren robust, hart wie eiserne Keulen, wohlgeformt, anmutig und glichen fünfköpfigen Schlangen. Sie alle zierten schöne Locken, feine Nasen, Augen und Augenbrauen, und ihre Gesichter strahlten wie die Sterne des Firmaments. Zur rechten Stunde kam Damayanti mit dem zauberhaften Antlitz. Sie stahl sofort alle Herzen und zog die Blicke der Prinzen auf sich durch ihren strahlenden Glanz. Die Blicke der ruhmreichen Könige blieben an jenem Körperteil Damayantis haften, auf den sie zufällig zuerst gefallen waren, und wanderten wegen der verlockenden Reize der Dame nicht weiter. Doch während die Namen der anwesenden Könige ausgerufen wurden, erblickte die Tochter Bhimas fünf Personen unter den Freiern, die sich vollkommen glichen. Sie saßen nebeneinander, und Damayanti konnte keinen Unterschied zwischen ihnen ausmachen, so daß Zweifel sie erfüllte, ob sie König Nala erkennen würde. Auf wen der fünf ihr Blick auch fiel, sie alle schienen ihr der König der Nishadas zu sein. Sorgenvoll dachte sie da bei sich: „Oh, wie soll ich nur den königlichen Nala von den Himmlischen unterscheiden?“ Kummer erfüllt ihr Herz, doch dann erinnerte sie sich an die Zeichen der Götter, und sie bemerkte: „Die Eigenschaften der Himmlischen, wie ich sie einst von den Alten vernommen haben, kann ich bei den Götter hier auf Erden gar nicht finden!“ Nach einigem Nachdenken besann sie sich und suchte Zuflucht bei den Göttern selbst. Sie verbeugte sich vor ihnen, faltete ihre Hände und sprach zitternd und im Geiste:

Nachdem ich die Worte des Schwans vernommen hatte, wählte ich den König der Nishadas als meinen Herrn. Um der Wahrhaftigkeit willen mögen mir die Götter den Nala zu erkennen geben. Weder in Gedanken noch in Worten wich ich von ihm ab. So ihr Götter, bedenkt diese Wahrheit und zeigt ihn mir. Da die Götter selbst mir den Herrscher von Nishada zum Gatten bestimmten, so mögen sie dieser Wahrheit folgen und ihn mir offenbaren. Um Nala zu ehren, schwor ich einen Eid. Oh ihr Götter, laßt diesen wahrhaftig bleiben und zeigt mir den Nala. Oh mögen die hohen Wächter der Welten ihre eigene, edle Gestalt annehmen, damit ich den rechten König erkenne.

Als die Götter diese mitleiderregenden Worte hörten, ihren festen Entschluß erkannten, ihre glühende Liebe für Nala, die Reinheit ihres Herzens, und ihre Zuneigung, ihren Respekt und ihre Gefühle für den König der Nishadas, da gaben sie vor, der Beschwörung Folge zu leisten und ließen die Dame ihre göttlichen Attribute sehen, so gut Damayanti sie wahrnehmen konnte. So erblickte Damayanti die Himmlischen ohne jeglichen Schweiß oder Staub auf Körpern und Kleidern, ihre Augen blinzelten nicht, die Blumengirlanden welkten nicht, und sie berührten nicht den Boden. Und Nala wurde sichtbar durch seinen Schatten und die welkenden Blumen. Er schwitzte und war mit Staub bedeckt, stand fest auf der Erde und zwinkerte mit den Augen. Und ihrem Versprechen treu wählte die Tochter von Bhima den tugendhaften Nala, sobald sie Götter und Mensch erkennen konnte. Schüchtern errötend faßte die Dame mit den großen Augen den Saum seines Gewandes und legte ihm anmutig die Blumenkette um den Nacken. Da jubelten die Anwesenden laut, und alle Götter und Rishis lobten freudig: „Hervorragend! Exzellent!“

Nala sprach sanft und mit frohem Herzen zur wunderschönen Damayanti:
Weil du, oh Gesegnete, mich Sterblichen den Göttern vorgezogen hast, werde ich dein allseits folgsamer Ehemann sein. Oh du mit dem süßen Lächeln, ich verspreche dir aufrecht, daß ich dein und dein allein bleiben werde, solange Leben in meinem Körper ist.

Und Damayanti ehrte mit gefalteten Händen den erwählten Gatten und erwiderte bedeutende Worte mit gleich großem Respekt. Das glückliche Paar blickte auf Agni und die anderen Götter und bat im Geiste um ihre Zuflucht. Die strahlenden Götter wiederum gewährten dem Nala höchst zufrieden acht Segen. Shakra übergab ihm den Segen, bei Opfern die Gottheit erblicken zu können und später in gesegnete Regionen zu gelangen. Agni gewährte ihm ebensolche leuchtenden Bereiche und seine eigene Anwesenheit, wenn immer Nala sie wünschte. Yama gab ihm einen feinen Geschmack bei Nahrung und herausragende Tugend. Und der Herr der Gewässer gewährte ihm seine eigene Präsenz, wenn Nala sie begehrte und eine himmlisch duftende Blumengirlande. So gewährte jeder Lokapala dem Nala zwei Segen und kehrte in den Himmel zurück. Auch die Könige, welche staunende Zeugen der Gattenwahl Damayantis geworden waren, reisten entzückt in ihre Heimatstädte heim. Anschließend feierte der hochbeseelte Bhima zutiefst erfreut die Hochzeit von Nala und Damayanti. Und nachdem das Paar eine Weile bei ihm gelebt hatte, kehrte Nala mit seiner Braut unter dem Segen Bhimas in seine Heimat Nishada zurück.

Mit dieser Perle einer Frau an seiner Seite verbrachte der tugendhafte Nala viele Tage in schwelgendem Frohsinn wie Indra in Begleitung von Sachi. Nala strahlte so hell wie die Sonne und regierte seine Untertanen voller Freude und gerecht zur vollsten Zufriedenheit seines Volkes. Wie Yayati, der Sohn von Nahusha, zelebrierte der kluge Monarch das Pferdeopfer und viele andere Opfer mit reichlichen Gaben an die Brahmanen. Wie ein Gott vergnügte sich Nala mit seiner Damayanti in romantischen Wäldern und Gärten, und schon bald schenkte sie ihm einen Sohn namens Indrasen und eine Tochter namens Indrasena. So führte der König Opfer durch, folgte auch dem Vergnügen mit seiner Gattin und regierte die an Schätzen reiche Erde.


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