Pushpak Mahabharata Buch 15Zurück WeiterNews

Naradagamana Parva – Der Besuch Naradas

Kapitel 37 – Das Ende von Dhritarashtra, Gandhari und Kunti

Vaisampayana sprach:
Zwei Jahre nach dem Besuch der Pandavas in Dhritarashtras Einsiedelei kam der himmlische Rishi Narada zu Yudhishthira. Der König grüßte ihn ehrenvoll und bat ihn, Platz zu nehmen. Und nachdem der Rishi sich eine Weile ausgeruht hatte, fragte er ihn:
Nach langer Zeit sehe ich dich wieder hier bei mir am Hofe. Bist du im Frieden, oh gelehrter Brahmane, und bist du glücklich? Durch welche Länder bist du gewandert? Und was kann ich für dich tun? Erzähle es mir. Du bist der Beste der Zweifachgeborenen und unsere höchste Zuflucht.

Narada gab zur Antwort:
Ja, ich habe dich eine Weile nicht gesehen. Ich kam zu dir von meiner asketischen Wanderung, auf der ich viele heilige Ströme und auch die Ganga besucht habe, oh König.

Yudhishthira sprach:
Die Menschen, die am Ufer der Ganga leben, erzählen, daß Dhritarashtra die schwerste Buße übt. Hast du ihn dort gesehen? Ist er in Frieden, wie auch Gandhari und Kunti und Sanjaya? Wie geht es meinem königlichen Vater? Oh wenn du ihm begegnet bist, oh Heiliger, dann erzähl es mir.

Narada sprach:
Höre mich gelassen an, oh König, wenn ich dir erzähle, was ich gehört und gesehen habe, als ich dort weilte. Nachdem du Kurukshetra verlassen hattest, wanderte der alte Monarch in Richtung Gangadwara (heute vermutlich Haridwar). Er nahm sein heiliges Feuer mit, Gandhari, seine Schwiegertochter Kunti, Sanjaya und alle Opferpriester. Dabei fuhr er fort, schwerste Askese zu üben. Er hielt Kieselsteine im Mund, lebte von Luft allein und hörte auf zu sprechen. Alle Asketen im Wald ehrten ihn dafür. In sechs Monaten war der König nur noch ein Skelett. Gandhari lebte nur von Wasser, während Kunti einmal im Monat etwas Nahrung zu sich nahm. Sanjaya aß ein wenig aller sechs Tage. Die Priester ehrten das heilige Feuer mit geklärter Butter und taten dies immer, ob der König dem Ritus beiwohnte oder nicht. Denn er wurde zum Wanderer durch die Wälder, und nur die beiden Königinnen und Sanjaya folgten ihm. Sanjaya führte sie durch flaches oder auch unebenes Geländer, und Kunti wurde für Gandhari zum Auge. Eines Tages ging der König an einen Ort zum Ufer der Ganga, badete im heiligen Strom, führte seine Abendriten durch und wandte sich wieder zur Einsiedelei. Da erhob sich Wind, und ein Waldbrand drohte in der Nähe, der sich schnell und heftig nach allen Seiten ausbreitete. Die Tierherden und Schlangen flohen oder verbrannten, und die wilden Eber zogen sich in Wasser oder Sümpfe zurück. Alles war in Aufruhr, doch der schwache König, der lange nichts gegessen hatte, konnte sich kaum bewegen oder irgendwie anstrengen. Auch die beiden, extrem abgemagerten Frauen waren nicht in der Lage, wegzulaufen.

Als das Feuer immer näher kam, sprach der König zum Suta Sanjaya, diesem vorzüglichen Wagenlenker:
Lauf, oh Sanjaya, zu einem sicheren Ort, wo das Feuer dich nicht verbrennen kann. Wir werden hier bleiben und ertragen, wie das Feuer unsere Körper verbrennt, um das höchste Ziel zu erreichen.

Doch Sanjaya widersprach:
Oh König, wenn der Tod durch ein unheiliges Feuer kommt, wird er dir Elend bringen. Doch ich sehe auch nicht, wie du dem Waldbrand entrinnen könntest. Sage mir, was als nächstes getan werden sollte.

Ihm antwortete der König:
Dieser Tod kann uns kein Elend bringen, denn wir verließen unser Heim aus freien Stücken. Wasser, Feuer, Wind und Fasten (als Ursachen für den Tod) sind lobenswert für Asketen. So lauf schnell fort, oh Sanjaya.

Nach diesen Worten an Sanjaya, sammelte der König seinen Geist und setze sich mit dem Gesicht nach Osten nieder. Gandhari und Kunti taten es ihm nach. Da umschritt sie der kluge Sanjaya und sprach noch einmal:
Konzentriere dich auf das Selbst, oh Frommer.

Der König, dieser weise Sohn eines Rishis, folgte diesem Rat, zügelte alle Sinne und blieb so unbeweglich wie ein Baumstamm. Auch die beiden Frauen sammelten sich auf gleiche Weise, bis sie alle vom Feuer erfaßt wurden. Sanjaya konnte entkommen, denn ich traf ihn am Ufer der Ganga inmitten von Asketen, als er eben gebadet hatte und ihnen allen Lebewohl sagte. Dann machte er sich auf den Weg in die Berge des Himavat. So begegneten Dhritarashtra, Gandhari und Kunti dem Tod. Während meiner Wanderungen sah ich die Köper der drei, oh Bharata. Als sie vom Tod des Königs hörten, kamen viele Asketen in die Einsiedelei, doch sie trauerten nicht um dieses Ende. Von ihnen erfuhr ich, oh bester König, alle Einzelheiten über den Tod des Königs und der beiden Königinnen. Auch du solltest nicht um sie trauern, oh König der Könige. Aus eigenem Willen gingen die drei in das Feuer ein.

Vaisampayana fuhr fort:
Als die Pandavas hörten, daß der König und die beiden Frauen diese Welt verlassen hatten, gaben sie sich großem Kummer hin. Lautes Weinen und Klagegeschrei war überall im Palast zu hören, und auch die Bürger klagten vehement. „Oh schrecklich!“, schrie König Yudhishthira mit erhobenen Armen qualvoll auf, dachte an seine Mutter und weinte wie ein Kind. Auch seine Brüder weinten heftig, und die Damen klagten elendig beim Gedanken an Kuntis Schicksal. Und alle, die daran dachten, daß der alte König zuerst alle seine Kinder verloren hatte und nun zu Tode verbrannt war, und die hilflose Gandhari sein Schicksal teilte, jammerten mitleidvoll. Als die Klageschreie für eine Weile verstummten, stoppte Yudhishthira seine Tränen mit größter Geduld und sprach folgende Worte.


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