Pushpak Mahabharata Buch 15Zurück WeiterNews

Kapitel 30 – Kunti erinnert sich

Kunti sprach:
Oh Heiliger, du bist mein Schwiegervater und damit mein Gott der Götter. Höre meine Worte der Wahrheit. Einst kam ein Asket namens Durvasa in meines Vaters Haus für Almosen. Er war ein Zweifachgeborener und voller Jähzorn. Es gelang mir, ihn zufriedenzustellen mit der Reinheit meines Verhaltens und meines Geistes, und weil ich all die Ungereimtheiten in seinem Verhalten übersah. Ich gab niemals dem Ärger nach, obwohl vieles in seinem Verhalten mich reizte. Ich diente ihm mit Sorgfalt, und er war so zufrieden mit mir, daß er mir einen Segen gewährte. Seine Worte an mich waren: „Du mußt meinen Segen annehmen.“ Und seinen Fluch fürchtend, stimmte ich zu: „So sei es.“ Und so enthüllte er mir seine Absicht: „Oh gesegnete Maid mit dem schönen Gesicht, du wirst die Mutter von Dharma werden. Denn die Gottheiten, welche du zu dir rufst, werden dir dienen.“ Dann verschwand der Rishi vor meinen Augen. Ich staunte sehr, und das Mantra, welches er mir gegeben hatte, lebte immerzu in meiner Erinnerung. Und eines Tages, ich saß gerade in meinem Gemach, da beobachtete ich den Sonnenaufgang. Und es erhob sich der Wunsch in mir, den Erleuchter des Tages vor mir zu sehen. Ohne zu wissen, welchen Fehler ich beging, rief ich törichtes Mädchen den Sonnengott zu mir, und er kam sofort. Er teilte sich – ein Teil blieb am Himmel und heizte die Erde auf, und der andere erschien vor mir auf der Erde. Ich stand zitternd vor ihm, doch er sprach: „Bitte um einen Segen.“ Ich verbeugte mich vor ihm, und bat ihn, mich wieder zu verlassen. Doch er antwortete: „Ich kann nicht vergebens zu dir gekommen sein. Sonst werde ich dich und den Brahmanen verschlingen, der dir das Mantra gab.“ Da wollte ich mich und den Brahmanen, der nichts Böses getan hatte, unbedingt vor dem Fluch des Sonnengottes beschützen, und sprach: „Gewähre mir einen Sohn, der dir gleicht, oh Gott.“ Da drang der Gott der tausend Strahlen mit seiner Energie in mich ein und überwältigte mich vollkommen. Dann sprach er: „Du wirst einen Sohn haben.“, und kehrte ans Firmament zurück. Ich zog mich in die inneren Gemächer zurück, und da ich die Ehre meines Vaters retten wollte, setzte ich den heimlich geborenen Karna am Fluß aus. Durch die Gnade des Gottes wurde ich wieder zur Jungfrau, genau wie es Rishi Durvasa gesagt hatte. Doch dumm und schwach, wie ich war, habe ich nie versucht, Karna näher kennenzulernen und damit als meinen Sohn anzuerkennen, obwohl er später wußte, daß ich seine Mutter war. Das brennt in mir, oh Vyasa, und das weißt du wohl. Ob es nun Sünde war oder nicht, ich habe dir die Wahrheit gesagt. Und so bitte ich dich, oh Heiliger, stille das Sehnen in mir, denn ich möchte diesen Sohn noch einmal sehen. Und gewähre auch diesem alten König hier den Wunsch seines Herzens, der schon kundgetan wurde, oh Sündenloser.

Vyasa antwortete ihr:
Du bist gesegnet, denn alles, worum du gebeten hast, wird geschehen. Und was die Geburt Karnas anbelangt, da wird dir keine Schuld angelastet. Denn du hattest deine Jungfräulichkeit nicht verloren. Und Götter haben die Macht, in menschliche Körper mittels Yoga einzutreten. Dafür sind es Götter. Sie zeugen Nachkommen mit nur einem einzigen Gedanken, einem Wort, einem Blick, einer Berührung oder auch sexueller Vereinigung. Das sind die fünf Arten, wie Götter Kinder zeugen können. Du bist ein Mensch, und dich trifft keine Schuld. So wisse dies, oh Kunti, und vertreibe das Fieber aus deinem Herzen. Den wahrhaft Mächtigen ist alles erlaubt. Für diese Mächtigen ist alles rein, verdienstvoll und ihr eigen Selbst.


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