Vaisampayana fuhr fort:
So stand der unwiderstehliche Träger von Gandiva wieder unerschütterlich seinen Mann im Kampf, während sich seine Gegner erneut sammelten und ihn wütend angriffen. Lachend rief der starkarmige Held seinen zwar gefaßten, doch am Rande des Todes stehenden Feinden mit spöttischen Worten zu:
Ihr könnt gern mit mir kämpfen und mit aller Kraft versuchen, mich zu besiegen. Doch beendet erst alle noch nötigen Dinge in eurem Leben, denn ihr begebt euch in große Gefahr. Seht, wie ich kämpfend all eure Waffenschauer abwehre. Doch wenn ihr weiter den Kampf sucht, wird es nicht lange dauern, und ich tilge euren Eifer.
Zwar hatte Arjuna dies im Zorn gerufen, doch sogleich kamen ihm Yudhishthiras Gebote in den Sinn, daß er keinen Krieger töten solle, der sich ihm entgegenstellte. Und so überlegte Arjuna, wie er handeln könne, um im Sinne seiner ältesten Bruders mit der großen Seele zu wirken. Und so sprach er erneut zu den Saindhavas:
Ich sage euch nun etwas, was zu eurem Wohle ist. Obwohl ihr vor mir steht und mich angreift, möchte ich euch nicht töten. Wer von euch mir versichert, daß ich ihn besiegt habe und er mein ist, den verschone ich. Denkt über meine Worte nach und handelt, wie ihr meint. Doch seid euch im Klaren darüber, daß ihr in großer Gefahr seid, wenn ihr anders handelt.
Als diese Worte unerhört verschallten, begann Arjuna, mit großer Heftigkeit zu kämpfen, was ihm seine Gegner zornig erregt gleich taten. Hunderte und tausende Pfeile schossen sie auf den Träger von Gandiva ab, welche Arjuna jedoch mit gewetzten Pfeilen noch in der Luft abwehrte, die mit ihren scharfen Spitzen und Kanten so gefährlich wie Giftschlangen waren. Sofort danach traf er jeden kämpfenden Krieger mit einem spitzen Pfeil. Doch die Sindhu Krieger erinnerten sich daran, daß Arjuna ihren König Jayadratha getötet hatte, und schleuderten Speere und Wurfpfeile auf ihn. Und wieder zerschnitt Arjuna mit großem Geschick alle auf ihn zufliegenden Waffen, bevor sie ihn erreichen konnten. Doch nun wurde Arjuna zornig. Mit geraden und breitköpfigen Pfeilen fällte er die Häupter vieler Kshatriyas, die ihn angegriffen hatten. Da flohen einige der Gegner, andere kämpften weiter gegen ihn, manche standen unbeweglich, doch alle brüllten so laut wie der tobende Ozean. Und obwohl Arjuna viele von ihnen schlug und aller Sinne beraubte, kämpften sie weiter gegen ihn mit aller Kraft, die ihnen zur Verfügung stand.
Doch Dushala, ihre Königin und Tochter von Dhritarashtra, erkannte sehr wohl, daß für die Sindhu Krieger keine Hoffnung bestand, wenn sie gegen Arjuna kämpften. Und so nahm sie ihren Enkelsohn auf den Arm und begab sich in einem Wagen zum Ort des Geschehens. Das Kind war der Sohn von Suratha, also der Enkelsohn von Jayadratha und Arjunas Neffe mütterlicherseits (wenn man Dushala und Arjuna als Geschwister betrachtet). Als die Königin in Sichtweite von Arjuna war, begann sie zu weinen. Als Arjuna sie erkannte, legte er seinen Bogen nieder, empfing seine Schwester respektvoll und erkundigte sich, was er für sie tun könne.
Die Königin antwortete ihm:
Oh Anführer der Bharatas, dieses Kind ist der Sohn vom Sohn deiner Schwester. Er grüßt dich, oh Arjuna. Schau ihn an, oh bester Mann.
So fragte Arjuna nach ihrem Sohn Suratha:
Wo ist er?
Und Dushala erwiderte:
Die Trauer über den Tod seines Vaters verbrannte ihm das Herz, und er starb vor Kummer. Höre von mir, wie er dem Tod begegnete. Oh Arjuna, er hatte ja vernommen, daß du seinen Vater Jayadratha in Kurukshetra getötet hattest, oh Sündenloser. Seitdem quälte er sich traurig dahin, doch als er hörte, daß du hier bist als Beschützer des Opferpferdes, da fiel er plötzlich zu Boden und gab seinen Lebensatem auf. So tief war sein Kummer, daß er sofort starb, als er von deiner Ankunft hörte. Als er tot auf dem Boden lag, nahm ich seinen kleinen Sohn und kam zu dir, oh Herr, denn ich möchte bei dir Zuflucht suchen.
Nach diesen Worte begann Dushala laut zu schluchzen und zu klagen, und Arjuna stand mit ergriffenem Herzen und gesenkten Kopf vor ihr.
Traurig wandte sich Dushala noch einmal an Arjuna, der ebenso traurig war:
Schau deine Schwester. Und schau ihr Enkelkind. Oh Aufrechterhalter des Kuru- Geschlechts, du kennst alle Pflichten, und so ziemt es sich für dich, diesem Kind Erbarmen zu zeigen. Vergiß den üblen Duryodhana und auch den hinterhältigen Jayadratha. So wie Parikshit dem Abhimanyu geboren wurde (und seine Familie fortführt), so wurde mein Enkelsohn dem Suratha geboren. Mit ihm kam ich zu dir, oh bester Mann, um für die Sicherheit unserer Kshatriyas zu bitten. Oh höre meine Worte. Das Kind deines alten Feindes kam zu dir, oh starker Held. Zeige dem Knaben deine Gnade. Sieh, wie er versucht, sein Haupt vor dir zu beugen, um dich zu erfreuen. Er bittet dich um Frieden. Oh starkarmiger Feindebezwinger, neige dich dem Frieden zu. Sei dem Kinde wohlgesinnt, welches alle Verwandten und Freunde im Kampf verloren hat und selbst noch nichts davon weiß, oh du Pflichtbewußter. Halte nicht am Zorn fest. Vergiß seinen grausamen und unwürdigen Großvater, der dich so sehr verletzt hat. Und zeige dem Kind deine Gnade.
Da kamen Arjuna Gandhari und König Dhritarashtra in den Sinn, und traurig tadelte er für einen Augenblick die Praxis der Kshatriyas:
Ach, Schande über Duryodhana, diesen gemeinen Kerl, der das Reich so habsüchtig begehrte und voller Hochmut war. Weh, wegen ihm wurden alle meine Verwandten von mir ins Reich Yamas gesandt.
Dann tröstete Arjuna seine Schwester und beschloß Frieden. Er umarmte sie freudig und bat sie, in den Palast zurückzukehren. Und Dushala bat alle ihre Krieger, vom Kampf abzulassen. Dann ehrte die Schöngesichtige Arjuna und nahm ihren Weg zurück in die Stadt. Und Arjuna beschützte weiter das Pferd, welches nach seinem Willen frei wanderte. Unbeirrt folgte er dem Pferd, wie der göttliche Träger von Pinaka (Shiva) vor langer, langer Zeit dem Hirsch durch die Himmel gefolgt war (das fliehende Opfer in Gestalt eines Hirsches). Das Pferd durchstreifte verschiedene Reiche, wobei Arjuna viele Heldentaten vollbrachte. Und so kamen sie auch ins Reich des Herrschers von Manipura.