Pushpak Mahabharata Buch 14Zurück WeiterNews

Kapitel 18 – Über die Geburt

Der vollendete Brahmane sprach:
Die guten und schlechten Taten der Seele verschwinden nicht. Durch das Eintreten in immer neue Körper bringen diese Taten ihre entsprechenden Früchte. Wie ein Baum, der zur rechten Zeit viele, viele Früchte trägt, so erlangt ein tugendhaftes Herz reiche Ernte an Glück. Auf dieselbe Art sammeln sich die unheilsamen Taten eines sündigen Herzens zu großem Elend an. Die Seele folgt ihrem Geist und neigt sich zu Taten. So höre nun, wie sich die Seele mit all ihren Taten und mit Begierde und Haß angefüllt in den Mutterleib begibt. Der Lebenssamen vermischt sich mit Blut, tritt in den Leib der Frau ein und wird zum Feld für die Seele, glücklich oder leidvoll, geboren aus ihren Taten. Die Seele selbst ist subtil und unmanifest, so daß sie an nichts anhaftet, auch wenn sie einen Körper erhält. Daher wird sie das Ewige Brahman genannt und ist die Saat für jegliches Geschöpf. Durch sie gibt es Leben. Sie tritt Glied für Glied in den werdenden Fötus ein, nimmt die Eigenschaft des Geistes an, lebt in allen Bereichen, die zu Prana, dem Lebensatem, gehören und erhält so das Leben. Weil das ungeborene Kind nun Geist besitzt, beginnt es sich zu bewegen. Wenn die Seele in einen Körper eintritt, dann ist es so, als ob flüssiges Eisen in eine Mulde fließt und dessen Form annimmt. Und wie Feuer das Eisen erhitzt und beweglich macht, so erhitzt und bewegt die Seele den Fötus. Wie eine Lampe in einem Raum alle Dinge sichtbar macht, so gibt der Geist allen Körperteilen ihre Form. Und welche Taten die Seele in einem früheren Körper auch beging, waren sie gut oder schlecht, sie muß die Früchte genießen oder erleiden. Durch diese Freude oder dieses Leid werden die früheren Taten erschöpft, doch neue Taten im neuen Körper kommen dazu, bis die Seele mittels Kontemplation die vollkommene Erkenntnis erreicht, welche zur Befreiung führt.

So werde ich dir nun als nächstes die Taten aufzählen, mit denen Jiva (die individuelle Seele) im Laufe vieler Wiedergeburten selig wird. Gaben, Enthaltsamkeit, Brahmacharya, Gehorsam gemäß den Schriften, Selbstzügelung, Frieden, Mitgefühl für alle Wesen, Zügelung der Leidenschaften, Absehen von Grausamkeit und Diebstahl, das Pflegen eines heilsamen Geistes, der ehrfürchtige Dienst an Vater und Mutter, das Verehren von Göttern und Gästen, ehrenvoller Dienst am Lehrer, Frömmigkeit, Reinheit, Beherrschung der Sinne und edle Taten – das macht das Betragen der Guten aus. Aus solchem Verhalten erhebt sich Tugend und Gerechtigkeit, welche alle Geschöpfe in Ewigkeit beschützen. Unter herausragenden Menschen mit stiller Seele kann man dieses Betragen immer finden. Sie bewahren mit ihrer Gerechtigkeit den ewigen Pfad und die schwankende Welt, und gelangen dadurch niemals an ein elendes Ende.

Doch nur der Yogi, der Erlösung erreicht, ist völlig frei und steht jenseits (von Glück und Leid). Die Erlösung von der Welt dauert für einen immerzu gerecht Handelnden lange, lange Zeit. Alle lebenden Wesen begegnen den Früchten ihrer früheren Taten, und diese früheren Taten sind der Grund, daß sie immer wieder in die Welt geboren werden in einer Form, die nicht ihre wahre ist. Doch es gibt diese Frage in der Welt: Warum nahm die Seele überhaupt einen Körper an? Der Große Vater aller Welten, Brahma, formte zuerst einen Körper für sich selbst, und dann schuf er die drei Welten in ihrer Gänze mit allen beweglichen und unbeweglichen Geschöpfen. Und als er diesen Körper angenommen hatte, wurde das Pradhana (das Meer der Ursachen bzw. Karma) zur materielle Ursache (Prakriti bzw. Urnatur) aller verkörperten Wesen. Das (Pradhana) durchdringt alles und gilt gemeinhin als erste Ursache. Das ist es, was man vergänglich nennt. Das andere ist unsterblich und unzerstörbar. Brahma, der zuerst geschaffen wurde, schuf alle Elemente und daraus die unbelebten und belebten Geschöpfe in Verbindung mit den drei (natürlichen Qualitäten von Güte, Leidenschaft und Trägheit). So lehrt es die althergebrachte Tradition. Für jeden Körper bestimmte der Große Vater eine Grenze, was Zeit, Wanderungen zwischen diversen Körpern und Wiederkehr anbetrifft. Was ich sage, ist wahrhaft und stimmt mit dem überein, was eine Person mit Erkenntnis zu früheren Geburten sagen würde, welche ihre Seele wandern gesehen hat. Eine solche Person weiß, daß Freude und Leid vergänglich sind, wie auch dem Körper als unheiliger Ansammlung von Materie Vernichtung bestimmt ist. Solch Person hat erkannt, daß ein wenig Freude viel Leid nach sich zieht, und so wird sie erfolgreich den tiefen Ozean der weltlichen Wiedergeburten überqueren, so schwer es auch sein mag. Auch wenn solche Person Altersschwäche, Krankheit und Tod bedrohen, versteht sie das Pradhana (das Meer der Ursachen) und schaut gleichmütig auf das eine Bewußtsein, welches in allen Wesen wohnt. Die hohe Stätte suchend, schaut sie völlig gelassen auf alle Dinge. Oh bester Mann, ich werde dich nun der Wahrheit gemäß darüber instruieren. Versteh nun voll und ganz, oh gelehrter Kasyapa, das vorzügliche Wissen über die unzerstörbare Stätte, wie ich es dir erkläre.


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