Pushpak Mahabharata Buch 13Zurück WeiterNews

Kapitel 71 - Die Geschichte von Nachiketa und Yama

Yudhishthira sprach:
O Sündloser, belehre mich noch ausführlicher über die Verdienste, die durch das Geschenk von Kühen erreichbar sind. Oh Starkarmiger, ich werde von deinen Worten nie übersättigt.

Bhishma sprach:
Diesbezüglich wird auch die alte Geschichte über ein Gespräch zwischen dem Rishi Uddalaki und seinem Sohn Nachiketa erzählt. Eines Tages näherte sich der weise Rishi Uddalaki seinem Sohn Nachiketa und sprach zu ihm: „Unterstütze mich und diene mir!“ Und nach Beendigung des Gelübdes, das er beachtete, sprach der Rishi erneut zu seinem Sohn:
Ich war mit meinen Waschungen beschäftigt und in das Studium der Veden vertieft, und so habe ich das Brennholz, das Kusa Gras, die Blumen, den Wassertopf und die Kräuter am Fluß vergessen, die ich gesammelt habe. Bitt geh, und bring mir diese Dinge vom Flußufer!

Der Sohn ging zu jenem Ort, aber mußte erkennen, daß alle Dinge vom Strom fortgespült worden waren. So kehrte er zu seinem Vater zurück und sprach: „Ich konnte die Dinge nicht finden!“ Und von Hunger, Durst und Erschöpfung gequält, wie er war, verfluchte Rishi Uddalaki mit dem hohen asketischen Verdienst im plötzlichen Zorn seinen Sohn und sprach: „Du sollst noch heute Yama treffen!“ So geschlagen von seinem Vater mit dem Donner der Rede, bat der Sohn mit gefalteten Händen: „Sei mir gnädig!“ Doch schon bald fiel er leblos zu Boden. Als der Vater Nachiketa auf der Erde hingestreckt sah, wurde er vom Kummer überwältigt und verlor seine Sinne. Er wehklagte „Ach, was habe ich getan!“, und sank ebenfalls zu Boden. Und in diesem Kummer und Wehklagen über seinen Sohn verging der Rest dieses Tages, und die Nacht kam. Oh Sohn der Kurus, da rührten sich in Nachiketa, der von den Tränen seines Vaters durchnäßt auf einer Matte aus Kusha Gras lag, plötzlich wieder die Zeichen des zurückkehrenden Lebens. Diese Wiederbelebung unter den Tränen seines Vaters glich dem Sprießen von Samen, der vom Regen aufgeweicht wurde. Der Sohn kam wieder zu Bewußtsein, aber war noch sehr schwach. Sein Körper wurde mit starkduftenden Ölen eingeschmiert, und er sah aus, als wäre er gerade aus einem tiefen Schlaf erwacht.

Da fragte ihn der Rishi:
Hast du, oh Sohn, bereits so große Verdienste durch deine Taten erworben? Was für ein Wunder, daß du mir wiedergegeben wurdest! Dein Körper scheint nicht mehr menschlich zu sein.

So befragt vom hochbeseelten Vater antwortete Nachiketa, der alles mit eigenen Augen erkannt hatte, inmitten der Rishis:
Deinem Befehl folgend ging ich in das weiträumige Reich von Yama, das einen entzückenden Glanz ausstrahlte. Dort sah ich einen Palast, der sich über tausende Yojanas erstreckte und in goldener Herrlichkeit loderte. Sobald mich Yama erblickte, wie ich mit dem Gesicht ihm zugewandt näher kam, befahl er seinem Gefolge: „Gebt ihm einen guten Sitz!“ Wahrlich, um deinetwillen verehrte mich der König der Toten mit dem Arghya und anderen Willkommensgaben. Als ich so von Yama verehrt in der Mitte seiner Berater saß, da sprach ich freundlich:
Ich bin zu deiner Wohnstätte gekommen, oh Richter der Toten. So weise mir jene Bereiche zu, die ich durch meine Taten verdiene!

Und Yama antwortete mir:
Du bist nicht tot, oh Liebenswürdiger! Dein entsagungsreicher Vater sprach zu dir: „Triff dich mit Yama!“ Die Energie deines Vaters gleicht einem auflodernden Feuer. Ich kann diese Worte nicht verfälschen. So hast du mich getroffen und nun geh wieder, oh Kind, denn dein Vater, der deinen Körper gezeugt hat, ist voller Kummer wegen dir. Du bist als Gast in mein Haus gekommen. Deshalb frage ich dich, welchen Wunsch du im Herzen trägst, den ich dir gewähren kann? Bitte um die Verwirklichung eines beliebigen Wunsches!

So angesprochen antwortete ich dem König der Toten:
Ich bin in dein Reich gekommen, aus dem kein Reisender jemals zurückkehrt. Doch wenn ich wirklich deiner Aufmerksamkeit würdig bin, dann wünsche ich, oh König der Toten, einen Blick auf jene Bereiche des hohen Wohlstandes und Glücks zu empfangen, die für die Rechtschaffenen bestimmt sind.

So ließ mich Yama ein Fahrzeug besteigen, das ebenso hellstrahlend wie die Sonne war und von vielen ausgezeichneten Rossen gezogen wurde. Auf diesem Fahrzeug, oh Erster der Zweifachgeborenen, zeigte er mir all jene entzückenden Bereiche, die den Rechtschaffenen bestimmt sind. Dort sah ich viele Paläste voller Glanz für die Hochbeseelten. Diese Paläste waren in verschiedenen Formen und mit allen Arten von Edelsteinen geschmückt. Sie waren so hell wie die Mondscheibe und mit Reihen von klingelnden Glöckchen verziert. Hunderte unter ihnen hatten viele Stockwerke und in ihrem Inneren waren angenehme Gärten, Wäldchen und kristallklare Gewässer. Mit dem Glanz des Lapislazuli und der Sonne und aus Silber und Gold gemacht glichen ihre Farben der aufgehenden Morgensonne. Einige von ihnen standen fest, andere waren frei beweglich. In ihnen gab es ganze Berge von bester Nahrung, Roben, Ruhebetten und andere angenehme Dinge in Hülle und Fülle. Dort wuchsen auch unzählige Bäume, die jeden Wunsch gewähren konnten. Es gab viele Flüsse, Straßen, Pavillons, Seen und große Zisternen. Man sah Tausende von Wagen mit rasselnden Rädern, die von ausgezeichneten Rossen gezogen wurden. Es gab viele Flüsse aus Milch, ganze Berge aus Ghee und große Mengen kristallklaren Wassers. Wahrlich durch die Gunst des Königs der Toten sah ich viele solche Bereiche voller Glück und Heiterkeit, die ich nie zuvor gesehen hatte. Und angesichts dieser Herrlichkeiten sprach ich zu dem uralten und mächtigen Richter der Toten:
Für wessen Nutzen und Vergnügen wurden diese Flüsse mit den ewigen Strömen aus Milch und Ghee bestimmt?

Und Yama antwortete mir:
Erkenne, daß diese Ströme aus Milch und Ghee zur Freude jener Rechtschaffenen existieren, die in der Welt der Menschen Geschenke machen. Die anderen ewigen Welten, die voller Paläste und frei von Sorgen und Kummer sind, die sind jenen Personen bestimmt, die das Geschenk von Kühen gepflegt haben. Wobei das bloße Geschenk von Kühen noch nicht allein des Lobes würdig ist. Bedeutend ist auch die Würde des Empfängers, die Zeit des Schenkens, die Art der Kühe und die Riten (bzw. die Motivation), welche das Geschenk begleiten. Ein Geschenk von Kühen sollte erst nach Bedacht sowohl der Qualitäten des zu beschenkenden Brahmanen als auch der Kühe selbst gemacht werden. Man sollte keinem Kühe schenken, in dessen Haus sie unter Feuer, Sonne oder ähnlichem leiden müssen. Ein Brahmane, der die vedischen Traditionen pflegt, strenge Entsagung übt und Opfer durchführt, der gilt als würdig, ein Geschenk von Kühen zu empfangen. Jene Kühe, die aus qualvollen Bedingungen gerettet oder von armen Hausvätern aus Mangel an genügend Nahrung und Fürsorge an Brahmanen gegeben werden, sind als Geschenk von besonders hohem Wert. Wer eine Kuh geben möchte, sollte sie gut füttern, dann sollte er für drei Nächte fasten, nur von Wasser leben und auf der bloßen Erde schlafen, und danach das Geschenk voller Verehrung dem Brahmanen übergeben. Die gegebenen Kühe sollten von ihren Kälbern begleitet werden. Es sollten Kühe sein, die gute Kälber in der rechten Zeit zur Welt bringen. Wenn dieses Geschenk zusammen mit anderen Gaben vollbracht wurde, sollte der Geber für drei Tage nur von Milch leben und sich aller Arten der Speise enthalten. Wer auf diese Weise eine Kuh gibt, die gutmütig ist, gesunde Kälber zur rechten Zeit gebiert und nicht aus dem Haus des Eigentümers flieht, und dieses Geschenk mit einem Melkgefäß aus weißen Messing begleitet wird, der genießt die Glückseligkeit des Himmels für so viele Jahren, wie Haare auf dem Körper dieses Tieres waren. Wer einem Brahmanen einen wohlgezähmten Stier gibt, der große Lasten tragen kann, der voller Kraft, jung an Jahren, friedfertig, stämmig gebaut und energievoll ist, der genießt ebenfalls jene Bereiche, die den Gebern von Kühen bestimmt sind. Als würdiger Empfänger des Geschenks einer Kuh gilt, wer als gutmütig zu Kühen bekannt ist, wer Kühe als seine Zuflucht verehrt, wer Dankbarkeit zeigt und der Wohltätigkeit bedarf. Wenn ein alter Mensch krank wird, ein Brahmane ein Opfer durchzuführen wünscht, ein Feld beackert werden soll, ein Sohn durch die Wirkung eines Homaopfers gewünscht wird, ein Lehrer versorgt oder ein Kleinkind ernährt werden soll, dann sollte man eine geliebte Kuh weggeben. Das sind die Bedingungen die bezüglich Ort und Zeit gelobt werden. Jene Kühe, die reichlich Milch geben, die für ihre Folgsamkeit und andere Tugenden wohlbekannt sind, die für einen Preis gekauft worden sind, die man als Honorar erworben hat, die im Austausch gegen andere Tiere (wie Schafe und Ziegen usw.) erhalten wurden, die man durch die Heldenkraft seiner Arme gewonnen hat oder als Mitgift empfangen wurden, die gelten als würdig für ein Geschenk.

Nachiketa fuhr fort:
Nachdem ich diese Worte von Yama gehört hatte, sprach ich noch einmal zu ihm:
Gibt es auch Dinge, die man geben kann, wenn Kühe nicht verfügbar sind, um ebenfalls in diese Bereiche gehen zu können, die für Menschen bestimmt sind, die das Geschenk von Kühen pflegen?

Und auf meine Frage antwortete der weise Yama und sprach weiter über diese hohen Regionen:
Ohne Kühe kann man jene Geschenke geben, die als Ersatz für Kühe betrachtet werden, um das gleiche hohe Verdienst zu erreichen. Wer in Ermangelung von Kühen eine Kuh in Form von Ghee verschenkt und einige Zeit Gelübde beachtet, der empfängt ebenfalls die himmlischen Flüsse aus Ghee, die sich ihm nähern, wie eine liebevolle Mutter ihrem geliebten Kind. Wer auch kein Ghee hat, der sollte eine Kuh aus Sesamkörnern schenken und einige Zeit Gelübde beachten, und kann dann mit dem Beistand dieser Kuh alle Qualen in der Welt überwinden und danach großes Glück durch die Flüsse voller Milch erfahren, die du gesehen hattest. Wer auch keine Sesamkörner hat, der sollte eine Kuh aus Wasser schenken, und wird damit ebenfalls diese glücklichen Bereiche finden, wo er den Fluß aus kühlem und kristallklarem Wasser genießen kann, der die Verwirklichung aller Wünsche gewährt.

Das alles erklärte mir der König der Toten, als ich sein Gast war, oh unvergänglich Ruhmreicher. Groß war meine Freude beim Anblick all dieser Wunder, die er mir zeigte. So werde ich dir auch erzählen, was dir sicherlich angenehm ist. Ich habe jetzt ein großes Opfer begonnen, dessen Leistung nicht viel Reichtum verlangt. Dieses Opfer (des Schenkens) kann man als von mir ausgehend betrachten, oh Vater, und andere werden mir folgen. Es ist mit den Geboten der Veden im Einklang. So war der Fluch, den du über mir ausgesprochen hattest, in Wahrheit gar kein Fluch, sondern ein Segen, weil er mir ermöglichte, den großen König der Toten zu treffen. Denn dort konnte ich erfahren, was der Lohn für Geschenke ist. So werde ich künftig, oh Hochbeseelter, die Aufgabe des Schenkens ohne irgendwelche Zweifel bezüglich der Früchte üben. Denn, oh großer Rishi, der rechtschaffene Yama sprach wiederholt voller Freude zu mir:
Wer beständig das Schenken übt, der wird die Reinheit des Geistes erwerben, besonders durch das Geschenk von Kühen. Diese Lehre (über das Schenken) ist voller Heilsamkeit. Deshalb ignoriere niemals die Aufgaben des Schenkens. Geschenke sollten würdigen Personen zur rechten Zeit und am rechten Ort gegeben werden. So pflege beständig das Geschenk von Kühen. Diesbezüglich sollte man keine Zweifel haben. Dem Pfad des Schenkens gewidmet, haben bereits viele hochbeseelte Personen das Geschenk von Kühen gepflegt. Die strenge Askese fürchtend, sind sie diesen Weg gegangen und haben mit all ihrer Kraft das Schenken geübt. Mit der Zeit konnten sie alle Gefühle des Stolzes und Hochmutes überwinden und ihre Seelen reinigen. Der Durchführung von Sraddhas zu Ehren der Ahnen und allen Taten der Tugend und Gerechtigkeit gewidmet, pflegten sie gemäß ihrer Möglichkeiten das Geschenk von Kühen, und als Lohn dieser Taten sind sie zum Himmel aufgestiegen und erstrahlen nun im Glanz dieser Tugend. Deshalb sollte man am achten Tag des Mondes, der unter dem Namen Kamyashtami bekannt ist, Geschenke von rechtmäßig erworbenen Kühen an Brahmanen geben, die als würdig erachtet werden. Nach einem solchen Geschenk sollte man für zehn Tage nur von Kuhmilch leben, ihrem Dung und Urin. Das Verdienst, das man durch das Geschenk eines Stiers sammelt, entspricht dem eines heiligen Gelübdes. Wer eine Herde Kühe schenkt, der erwirbt als Lohn die Meisterschaft der Veden. Wer einen Wagen mit Kühen verschenkt, der empfängt das Verdienst des Badens in heiligen Gewässern. Wer eine Kapila Kuh als Geschenk darbringt, der wird von allen Sünden gereinigt. Wahrlich, wer eine solche Kuh verschenkt, die durch gerechte Mittel erworben wurde, reinigt sich damit von den Sünden, die er begangen hat. Es gibt nichts Vorzüglicheres als die Milch, die von Kühen gegeben wird. Deshalb wird das Geschenk einer Kuh als ein sehr verdienstvolles Geschenk betrachtet. Kühe retten durch ihre Milch alle Welten aus der Not und geben Nahrung, von denen die Wesen leben können. Wer diese großen Dienste der Kühe kennt, aber zu ihnen keine Zuneigung im Herzen hegt, ist wohl ein Sünder, der sicherlich in die Hölle sinken muß. Wer tausend, hundert, zehn oder fünf Kühe gibt, wahrlich, wer auch nur eine Kuh, die gesunde Kälber zur rechten Zeit gebiert, an einen rechtschaffenen Brahmanen schenkt, der wird zweifellos sehen, wie sich ihm diese Kuh im Himmel in Form eines Flusses mit heiligem Wasser nähert, der jeden Wunsch erfüllen kann. Bezüglich des Wohlstandes und des Wachstums, die Kühe geben können, sowie bezüglich des Schutzes, den Kühe allen Wesen der Erde gewähren, sind sie den Sonnenstrahlen gleich, die auf die Erde treffen. Deshalb steht das Wort „Kuh“ (im Sanskrit) auch für die Strahlen der Sonne. Wer eine Kuh gibt, wird zum Ahnherrn eines sehr großen Stammes, der sich weit über die Erde ausbreiten wird, und strahlt im Glanz wie eine zweite Sonne. Ein Schüler sollte in Hinsicht auf das Schenken von Kühen seinen Lehrer wählen. Das gilt als eine hohe Aufgabe und ist der Weg zum Himmel. Diese Hingabe ist wahrlich ein grundlegendes Gebot der Veden. Alle anderen Gebote hängen davon ab. Nachdem man achtsam einen würdigen Brahmanen ausgewählt hat, sollte man ihm das Geschenk einer Kuh machen, die durch gerechte Mittel erworben wurde, so daß er dieses Geschenk annehmen kann. Die Götter, Menschen und unsereiner sagen, um anderen Gutes zu tun: „Möge das Verdienst des Schenkens dein sein aufgrund deiner Tugend und Gerechtigkeit!“

Auf diese Weise sprach der Richter der Toten zu mir, oh zweifachgeborener Rishi. Ich verneigte mein Haupt tief vor dem rechtschaffenen Yama. Danach verließ ich mit seiner Erlaubnis sein Herrschaftsgebiet und sitze nun wieder zu deinen Füßen.


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