Yudhishthira fragte:
Wenn ein Mann, nachdem er die Mitgift für eine Jungfrau gegeben hat, verschwindet, wie sollten sich der Vater oder andere berechtigte Angehörige verhalten? Das sage mir, oh Großvater!
Bhishma sprach:
Wenn eine solche Jungfrau keinen starken Bruder hat, dann sollte sie von ihrem Vater beschützt werden (in der Hoffnung, daß der Bräutigam wieder auftaucht). Wahrlich, solange der Vater die Mitgift an die Angehörigen des Gebers nicht zurückgibt, gilt die Jungfrau als dem Geber der Mitgift angehörend. Sie könnte ihm in dieser Zeit sogar Nachkommenschaft gebären, wie in den Schriften erklärt wird. Kein anderer sollte sie währenddessen mit den entsprechenden Riten heiraten. Man erzählt auch, daß einst die Prinzessin Savitri auf Geheiß ihres Vaters einen Ehemann erwählte und sich selbst mit ihm verbunden hatte. Diese Tat wurde von einigen gelobt, aber von den Weisen kritisiert. Viele andere Rechtschaffene haben nicht auf diese Weise gehandelt, und das Verhalten der Rechtschaffenen sollte stets als Vorbild bezüglich der Aufgaben und Tugenden betrachtet werden. Zu diesem Thema erklärte Sukratu, der Enkel des hochbeseelten Janaka, des Herrschers der Videhas, die folgende Meinung:
Es gibt die wohlbekannte Behauptung der Schriften, daß Frauen in keinem Abschnitt ihres Lebens völlig unabhängig sind (sondern stets durch Eltern, Ehemann oder Söhne beschützt werden). Wenn das nicht der Weg der Rechtschaffenen wäre, wie könnte diese Behauptung in den heiligen Schriften bestehen? Wie könnten Rechtschaffene diesbezüglich Zweifel haben? Wie könnten Leute diese Behauptung verurteilen und sich anders verhalten? Das ungerechte Verwerfen der ewigen Traditionen wird als Praxis der Dämonen betrachtet. Solch ein Verhalten hörten wir nie von unseren Ahnen. Eine Beziehung zwischen Ehemann und Ehefrau ist sehr subtil (abhängig von Schicksal und Karma und kann nur im Zusammenspiel mit der Gesellschaft verstanden werden). Sie ist anders als die natürliche Beziehung zwischen Mann und Frau, die vor allem in der sexuellen Begierde wurzelt.
So sprach damals der König aus dem Stamm von Janaka.
Yudhishthira fragte:
Nach welchen Gesetzen wird der Reichtum von Menschen vererbt? Sollte bezüglich ihres Vaters die Tochter in gleicher Weise wie ein Sohn betrachtet werden?
Bhishma sprach:
Der Sohn ist wie das eigene Selbst und die Tochter einem Sohn ähnlich. Wie könnte deshalb ein anderer den Reichtum nehmen, wenn man selbst in Form seiner Tochter weiterlebt? Was auch immer an Reichtum das Yautuka Eigentum der Mutter genannt wird, bildet den Erbteil der jungfräulichen Tochter. Wenn der Großvater mütterlicherseits zufällig stirbt, ohne Söhne hinterlassen zu haben, dann sollte der Sohn der Tochter erben. Denn der Sohn der Tochter kann das Ahnenopfer der Pindas seinem eigenen Vater und dem Vater seiner Mutter darbringen. Folglich gibt es in Übereinstimmung mit der Gerechtigkeit keinen Unterschied zwischen dem Sohn und dem Sohn der Tochter. Wenn jemand nur eine Tochter hatte und diese mit dem Status eines Sohnes betraut wurde, aber ihm danach trotzdem noch ein Sohn geboren wurde, dann sollte dieser Sohn das Erbe mit der Tochter teilen. Wenn dieser Sohn jedoch nur adoptiert oder gekauft wurde, dann behält die Tochter das höhere Recht. Wenn jedoch die Tochter von ihrem Vater (an ihren Bräutigam) verkauft wurde, sehe ich keinen Grund, daß ihre Söhne sein Erbe erhalten, denn diese Kinder gehören nur ihrem Vater. Solche Söhne, welche aus dieser sündhaften Form einer Asura-Ehe entspringen, erben gewöhnlich viel Böswilligkeit und ungerechtes Verhalten. Sie veruntreuen den Reichtum anderer Leute und handeln mit Betrug und Hinterlist. Die Kenner der alten Geschichten und heiligen Schriften, welche die Aufgaben im Leben verstehen und deren Grenzen bewahren, rezitieren zu diesem Thema folgende Verse, die einst Yama gesungen hatte:
Ein Mensch, der Reichtum erwirbt, indem er seinen eigenen Sohn verkauft oder seine Tochter für eine Mitgift, die seinem eigenen Lebensunterhalt dient, muß nacheinander in sieben schreckliche Höllen sinken, die unter dem Namen Kalasutra bekannt sind. Dort muß dieser Habgierige die ganze Zeit seinen eigenen Schweiß, Urin und Kot verzehren.
In dieser Form der Asura-Ehe gibt der Bräutigam zum Beispiel einen Stier oder eine Kuh, welche der Vater der Jungfrau akzeptiert. Manche sagen dazu Mitgift, andere bezeichnen es als den Kaufpreis einer Ware. Wie man es auch nennt, oh König, solch eine Übergabe der Tochter sollte unter diesen Bedingungen als ein Verkauf betrachtet werden. Wenn es auch manche so handhaben, es sollte niemals als ewige Tradition gelten, wie auch die Rakshasa-Form der Ehe, die man unter den Menschen sieht, wenn Mädchen geheiratet werden, die mit Gewalt aus der Umgebung ihrer Angehörigen entführt wurden. Solche Männer, die Geschlechtsverkehr mit einer Jungfrau haben, die gewaltsam unter ihre Macht gebracht wurde, begehen damit eine große Sünde und müssen in die dunkelste Hölle sinken. Selbst ein Mensch, zu dem man keine verwandtschaftliche Beziehung hat, sollte nicht zum Gegenstand des Verkaufs werden. Was soll man dann über die eigenen Kinder sagen? Denn wahrlich, aus dem Reichtum, der durch sündhafte Taten erworben wird, kann nichts Heilsames oder Verdienstvolles entstehen.