Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 336 - Über Swetadwipa und die Verkündigung der Lehre

Bhishma sprach:
So angesprochen durch Narayana, diesen Ersten aller Geistwesen, antwortete ihm Narada, der Beste aller Menschen, zum Wohle der Welt.

Narada sprach:
Möge dein Ziel zum Heil aller Wesen erreicht werden, wofür du, oh Selbstgeborener, deine Geburt in diesen vier Körpern im Hause des Dharma genommen hast! Ich will nun gehen, um deine ursprüngliche Natur zu schauen. Oh Herr des Universums, ich habe stets meine Eltern verehrt und die Geheimnisse von anderen nie enthüllt. Ich habe die Veden sorgsam studiert und strenge Entsagung geübt. Ich habe nie eine Lüge gesprochen, und wie es in den heiligen Schriften geboten ist, habe ich stets die vier bewacht, die bewacht werden sollten. Ich habe mich immer ausgeglichen zu Freunden und Feinden verhalten. Ich bin Ihm ganz allein hingegeben, der Gottheit und Höchsten Seele, und verehre Ihn ununterbrochen. Meine Seele wurde auf diesem verdienstvollen Weg gereinigt. Warum sollte mir die Sicht des unendlichen Herrn des Universums nicht gegeben werden?

Als Narayana diese Worte des Sohnes von Brahma hörte, verehrte der Gott den himmlischen Rishi mit den Riten und Zeremonien, die in den heiligen Schriften geboten werden, und verabschiedete ihn mit den Worten: „So gehe hin, oh Narada!“ Darauf verneigte sich Narada voller Demut vor dem uralten Rishi Narayana. Und nachdem sie sich auf diese Weise gegenseitig verehrt hatten, verließ der Sohn von Brahma den Ort. Mit großer Yogakraft stieg Narada schnell zum Himmel auf und erreichte den Gipfel des Berges Meru. Dort begab er sich an einen einsamen Ort, wo der große Asket einige Zeit verweilte. Dann richtete er seine Augen nach Nordwesten und schaute etwas höchst Wunderbares. Gegen Norden liegt im Milchozean eine große Insel, die man die Weiße Insel nennt (Swetadwipa, siehe auch MHB6.6). Die Gelehrten sagen, daß ihre Entfernung vom Meru mehr als 32.000 Yojanas beträgt. Die Bewohner dieses Bereiches sind von allen Sinnen befreit. Sie leben, ohne etwas zu essen und ohne zu arbeiten. Sie verströmen beständig einen himmlischen Wohlgeruch, und ihre Farbe ist strahlend weiß. Sie sind von jeder Sünde gereinigt, und jeder Sünder müßte bei ihrem Anblick erblinden. Ihre Knochen und Körper sind wie Diamanten. Egoistische Ehre und Unehre haben sie längst überwunden, und so erstrahlen sie wie himmlische Wesen mit verheißungsvollen Zeichen und unvergleichlicher Kraft. Ihre Köpfe sind wie Schirme und ihre Stimmen tief wie das Grollen der Wolken. Jeder von ihnen hat vier Arme und ihre Fußsohlen sind mit Hunderten von Linien gezeichnet. Sie haben sechzig kleine weiße Zähne und acht größere. Sie haben viele Zungen mit denen sie die Sonnenstrahlen aufzulecken scheinen, die sich in alle Richtungen ergießen. So verehren sie voller Hingabe diese strahlende Gottheit (Narayana), aus der das ganze Weltall mit den Veden, Göttern und schweigenden Munis entstanden ist. (siehe auch Ramayana 7.46 - „Ravana in Swetadwipa“)

Da fragte Yudhishthira:
Oh Großvater, du hast gesagt, daß diese Wesen von allen Sinnen frei sind, daß sie nicht essen und arbeiten, um ihr Leben zu erhalten, und einen himmlischen Duft verströmen. Ich frage dich, wie wurden sie dort geboren, und was ist ihr höchstes Ziel? Oh Führer der Bharatas, sind die Merkmale eines befreiten Menschen die gleichen wie bei den Bewohnern der Weißen Insel? Ich bitte dich sehr, zerstreue meine Zweifel! Du bist eine segensreiche Quelle der überlieferten Geschichten und Gespräche. Zu dir nehmen wir als Schüler unsere Zuflucht.

Bhishma fuhr fort:
Oh Monarch, lang ist diese Geschichte, die ich von meinem Vater darüber gehört habe. Doch gern möchte ich sie dir erzählen, denn wahrlich, sie gilt als die Essenz aller Geschichten. Es gab vor langer Zeit einen König auf Erden namens Vasu (auch Uparichara genannt, der Vater von Satyavati). Wie man weiß, war er ein Freund von Indra, dem Führer der Himmlischen. Er war Hari und Narayana hingegeben und beachtete all die Gebote der heiligen Schriften. Stets seinem Herrn gewidmet, war er immer achtsam und fleißig. So gewann er die weltliche Herrschaft aufgrund des Segens, den er von Narayana erhalten hatte. Er pflegte das Satwata Ritual, das einst durch den Sonnengott Surya aufgestellt wurde, womit König Vasu den Gott der Götter (Narayana) verehrte. Mit den Resten dieses Opfers verehrte er die Ahnen und mit den Resten des Ahnenopfers die Brahmanen und danach gab er seinen Abhängigen. Und von den Resten, die dann noch übrigblieben, ernährte sich der König selbst. Er war der Wahrheit gewidmet und enthielt sich jeglicher Ungerechtigkeit gegenüber allen Wesen. Mit ganzer Seele war der König dem Janarddana (Narayana), diesem Gott der Götter, hingegeben, der ohne Anfang, Mitte und Ende ist, der unvergängliche Schöpfer des Weltalls. Angesichts seiner Hingabe zu Narayana teilte sogar Indra, der göttliche Führer der Himmlischen, seinen Sitz und sein Lager mit diesem Feindevernichter. Sein Königreich, seine Reichtümer, Gattinnen und Tiere betrachtete er alle als Gabe von Narayana und widmete jegliche Errungenschaften dieser großen Gottheit. Im Satwata Ritual pflegte König Vasu mit konzentriertem Geist alle seine Opferhandlungen und Gelübde zu erfüllen, sowohl die notwendigen als auch die zusätzlichen. Im Hause dieses berühmten Königs waren es die vielen vorzüglichen Brahmanen, die im Pancharatra Ritual wohlerfahren waren, die zuerst von den dargebrachten Opfergaben für die Gottheit aßen. Während dieser Feindevernichter sein Königreich rechtschaffen regierte, kam niemals eine Lüge über seine Lippen, kein unheilsamer Gedanke erhob sich in seinem Geist, und mit seinem Körper beging er nicht die geringste Sünde.

Die sieben ruhmreichen ursprünglichen Rishis, nämlich Marichi, Atri, Angiras, Pulastya, Pulaha, Kratu und der energievolle Vasishta, welche auch als Chitrasikhandins („Lichtwesen“ auch Sternbild Großer Wagen) bekannt sind, saßen einst gemeinsam auf dem Rücken des Meru, diesem Ersten der Berge, und verfaßten eine ausgezeichnete Lehre über die Aufgaben und Gelübde im Einklang mit den vier Veden. Der Inhalt dieser Lehre wurde durch ihre sieben Münder verkündet und bildet eine vorzügliche Essenz der menschlichen Aufgaben und Gelübde. Bekannt als Chitrasikhandins, symbolisieren diese sieben Rishis die sieben Elemente (Intelligenz, Bewußtsein, Raum, Wind, Feuer, Wasser und Erde). Der selbstgeborene Manu ist der achte in dieser Aufzählung, welche gemeinsam die ursprüngliche Natur formen. Diese acht stützen das ganze Weltall und haben diese heilige Lehre verkündet. Mit kontrollierten Sinnen und Gedanken und stets dem Yoga gewidmet lag diesen acht wahrhaften Asketen mit konzentriertem Geist die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vollkommen klar vor Augen. „Das ist gut! Das ist Brahman! Das ist höchst heilend!“ Mit diesen Gedanken erschufen diese Rishis die Welten mit dem Wissen über Tugend und Pflicht sowie über die Aufgaben, um diese Welten zu beherrschen. In ihren Lehren behandelten sie Gerechtigkeit, Wohlstand, Liebe und schließlich die Befreiung (Dharma, Artha, Kama und Moksha). Sie erklärten darin die Gesetze und Grenzen, die für Himmel und Erde gelten. Sie verfaßten diese Lehren, nachdem sie durch Entsagung den mächtigen und ruhmreichen Narayana, der auch Hari genannt wird, über tausend himmlische Jahre in Gemeinschaft mit vielen anderen Rishis verehrt hatten. Zufrieden mit ihrer Entsagung und Anbetung, gebot Narayana der Göttin der Rede namens Sarasvati, in jene Rishis einzugehen, und die Göttin folgte zum Wohle der Welten diesem Gebot. Aufgrund ihrer Verbindung mit dieser Göttin der Rede konnten jene Rishis, die in der Entsagung wohlerfahren waren, diese Erste aller Lehren hinsichtlich Wortwahl, Bedeutung und Vernunft verfassen. Nachdem sie diese Lehre verfaßt und mit der Silbe OM gesegnet hatten, verkündeten sie diese zuallererst dem Narayana, der damit höchst zufrieden war. Daraufhin sprach dieses Erste aller Wesen mit einer unkörperlichen Stimme zu jenen Rishis:

Ausgezeichnet ist diese Lehre, die ihr in hunderttausend Versen geschaffen habt. Die Aufgaben und Gelübde aller Welten werden aus eurem Werk fließen. In völligem Einklang mit den vier Veden, dem Yajur, Rig, Saman und Atharva des Angiras, wird eure Lehre ein Gebot für alle Welten bezüglich des Handelns und Nichthandelns sein. Im Einklang mit den Veden habe ich Brahma aus der Gnade erschaffen und Rudra aus meinem Zorn und euch selbst, ihr Brahmanen, als die sieben Grundelemente sowie Sonne, Mond, Wind, Erde, Wasser, Feuer, Sterne, Planeten, Konstellationen und alles, was man als Geschöpfe bezeichnet, die das Brahman verkünden. Sie alle leben und handeln in ihren jeweiligen Bereichen und unterliegen den Weltgesetzen. Diese Lehre, die ihr verfaßt habt, soll von allen Wesen als führende Leuchte und höchstes Gebot betrachtet werden. Das ist mein Wille. Geführt durch diese Lehre, wird der selbstgeborene Manu der Welt den Weg der Aufgaben und Gelübde erklären. Wenn Usanas und Vrihaspati (die Lehrer der Dämonen und Götter) erscheinen werden, dann werden auch sie ihre jeweiligen Lehren über Tugend und Gesetz auf der Grundlage eurer Lehren verkünden. Nachdem Manu, Usanas und auch Vrihaspati ihre Lehren verkündet haben, wird König Vasu eure Lehre von Vrihaspati empfangen, oh ihr Ersten der Zweifachgeborenen. Dieser König wird mir voll heilsamer Gedanken ganz gewidmet sein. Von dieser Lehre geführt, wird er all seine Aufgaben und Gelübde vollbringen. Wahrlich eure Lehre wird die Erste aller Lehren über Tugend und Religion sein. Voller Vorzüglichkeit ist diese Lehre der Weg zum weltlichen Wohlstand wie auch zum religiösen Verdienst und zur Erkenntnis der tiefsten Geheimnisse. Durch diese Lehre werdet ihr die Ahnherren eines umfangreichen Geschlechtes sein. König Vasu wird damit Größe und Wohlstand erwerben. Doch mit dem Tod dieses Königs, wird diese ewige Lehre in der Welt (langsam) wieder verschwinden. Das alles sage ich euch voraus!

Nachdem er diese Worte zu jenen Rishis gesprochen hatte, verschwand der unsichtbare Narayana wieder ins Unbekannte. Und jene Rishis, die Ahnherrn der Welt, die ihre Gedanken auf die Ziele der Welt gerichtet hatten, verkündeten ihre Lehre als ewige Quelle aller Aufgaben und Gelübde. Als später Vrihaspati im Stamme des Angiras im goldenen Krita Zeitalter geboren wurde, übertrugen ihm jene sieben Rishis die Aufgabe des Verkündens dieser Lehre, die mit den Upanishaden und all den Zweigen der Veden im Einklang steht. Sie selbst als Erhalter des Weltalls und erste Verkünder der Aufgaben und Gelübde gingen dann zu einem selbstgewählten Ort, um sich ganz der Entsagung zu widmen.


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