Pushpak Mahabharata Buch 12Zurück WeiterNews

Kapitel 237 - Über den Unterschied zwischen Wissen und Erkenntnis

Vyasa fuhr fort:
Hier oder dort im Ozean des Lebens geboren, benutzt der Meditierende das Floß der Erkenntnis allein, um Befreiung zu erreichen und nicht, um sich daran festzuhalten.

Bei diesen Worten fragte Suka:
Was ist diese Erkenntnis? Ist es das Lernen, wodurch das Unwahre zerstreut wird, damit das Wahre entdeckt wird? Oder ist es der Weg der Lebensaufgaben, der aus Taten besteht, die zu erfüllen sind, wodurch das Gesuchte erfahren und erreicht werden kann? Oder ist es der Weg der Entsagung, das Nichthandeln, wodurch man die alldurchdringende Seele suchen sollte? Belehre mich wahrhaft, so daß ich dem Rad von Geburt und Tod entkommen kann.

Vyasa sprach:
Der Unwissende, der glaubt, daß alle Geschöpfe aufgrund ihrer eigenen Natur und ohne eine höhere Ursache existieren, der weckt durch solche Lehren die eitlen Hoffnungen der Schüler und umnebelt mit dialektischem Einfallsreichtum gerade die höhere Vernunft und Einsicht, welche auf dem Weg zur Wahrheit unerläßlich ist. Wer daran festhält, die Natur als alleinige Ursache zu sehen, wird an der Wahrheit scheitern, selbst wenn er von den Weisesten belehrt wird. Wer in solchen einseitigen Ansichten irgendwelcher Dogmen steckenbleibt und nicht bereit ist, seine Sicht zu öffnen, wird sein Heil nicht finden. Wer den Erscheinungen der Natur allein vertraut, wird aufgrund seiner Illusionen, die er hegt, auf einen leidvollen Untergang treffen. Dies gilt für die eigene Natur (das Ego) wie für die äußere Natur (die weltliche Realität). Durch dieses weltliche Wissen entstehen das Pflügen, Anbauen und Ernten der Früchte sowie die vielen nützlichen Dinge, wie Wagen, Sitze, Teppiche und Häuser. Damit entstehen die Vergnügungsgärten, Paläste und Prunkbauten wie auch die Arzneimittel gegen allerlei Krankheiten. Dieses Wissen führt zur Verwirklichung verschiedenster Ziele und nützlicher Ergebnisse. Dieses Wissen ermöglicht den Königen ihre Herrschaft auszuüben und zu genießen, obwohl sie als Menschen nicht anders sind als ihre Untertanen. Durch Wissen werden hohe und niedere Wesen unterschieden. Durch Wissen sieht man wertvolle und wertlose Dinge. Durch Wissen erscheinen alle Geschöpfe, und das Erkennen ist ihr größtes Ziel.

So unterscheidet man auch die vier Arten der Geburt, nämlich Lebendgeboren, Eigeboren, Sproßgeboren und Feuchtigkeitsgeboren. Diese unterscheidet man wiederum in bewegliche und unbewegliche Geschöpfe, wobei man die beweglichen und intelligenteren als höherstehend kennt. Weiterhin unterscheidet man die beweglichen Wesen in Vielfüßer und Zweifüßer, wobei die Letzteren als höher gelten. Unter diesen gelten wiederum die Landbewohner als höher, die sich von gekochtem Essen ernähren, die ihre Lebensaufgaben kennen und die Pflichten ihrer Kaste beachten. Diese unterscheidet man erneut und unter ihnen gelten die Vedengelehrten als höher, die zwischen heilsam und unheilsam unterscheiden können. Man sagt, daß in ihnen die Veden lebendig sind. Auch die Vedengelehrten unterscheidet man, und unter ihnen gelten die Rezitatoren als höher, welche all die Gebote und Riten der Veden mit ihren Früchten kennen und daraufhin die Veden lehren. Dann sagt man, daß aus ihnen die Veden fließen. Auch die Vedenlehrer unterscheidet man in jene, welche das Selbst erkannt haben, und die anderen. Von ihnen gelten die Ersteren aufgrund ihrer Selbsterkenntnis als höher, weil sie Geburt und Tod durchschaut haben. Doch auch diese unterscheidet man noch in Handelnde und Nichthandelnde. Nur wer auch diesen Unterschied durchschauen kann, gilt als allwissend mit universaler Erkenntnis. Er ist ein wahrhaft Entsagender und wird zweifellos das Höchste erreichen. Solch ein Mensch ist voller Wahrheit und Reinheit. Die Götter kennen ihn als einen Brahmanen, welcher der Erkenntnis des Brahman vollkommen hingegeben ist. Er ist wahrhaft in den Veden gelehrt und hat Selbsterkenntnis erreicht. Er sieht seine Seele überall, sowohl im Inneren als auch im Äußeren. Solche Menschen, oh Kind, sind wahrlich zweifachgeboren und heilig. Auf ihnen ruht diese Welt der Wesen, und in ihnen wohnen alle Geschöpfe. Es gibt nichts, was ihnen vergleichbar wäre. Sie haben Geburt und Tod, Unterscheidung und alle Taten (bzw. alles Karma) überwunden. Sie sind die wahren Herren aller vier Arten der Wesen und eins mit dem Selbstexistenten.


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