Pushpak Mahabharata Buch 1Zurück WeiterNews

Kapitel 173 - Die Geschichte von Tapati, ihre Begegnung mit Samvarana

Arjuna sprach:
Du hast mich als Nachfahre der Tapati angesprochen. Ich möchte den Grund dafür wissen. Oh tugendhafter Gandharva, wir sind Söhne der Kunti, doch wer ist Tapati?

Da begann der Gandharva folgende, in den drei Welten geheiligte Geschichte zu erzählen:
Oh Sohn der Kunti, ich werde dir die ganze bezaubernde Geschichte erzählen, du Kluger. Höre mir aufmerksam zu, und du wirst erfahren, warum ich dich als Sohn von Tapati angesprochen habe. Dieser eine im Himmel, der mit seinem Licht das ganze Firmament erfüllt, hatte eine strahlende Tochter namens Tapati. Diese Tochter des Sonnengottes Surya war die jüngere Schwester von Savitri. Sie wurde in allen drei Welten geehrt und gab sich asketischer Buße hin. Keine Frau unter den Göttern, Dämonen, Yakshas, Rakshasas, Apsaras und Gandharvas war ihr an Schönheit ebenbürtig. Sie hatte vollkommen symmetrische und makellose Glieder und Gesichtszüge, große, schwarze Augen und schöne Kleider. Das Mädchen war keusch und benahm sich äußerst angenehm. Ihr Vater, der Sonnengott Surya meinte, daß niemand in den drei Welten sie als Ehefrau verdiente, wegen ihrer Schönheit, ihren Fähigkeiten, dem guten Betragen und ihrer Gelehrtheit. Als sie nun ins heiratsfähige Alter kam und würdig war, einem Ehemann übergeben zu werden, da verlor ihr Vater allen Frieden seines Geistes, denn er dachte ständig darüber nach, welchen Gatten er wählen sollte. Zu dieser Zeit ehrte König Samvarana, der Sohn Rikshas, den strahlenden Sonnengott mit Arghya, Blumengirlanden und Düften, mit Gelübden, Fasten und asketischer Enthaltsamkeit verschiedenster Art, und mit aller Hingabe, Demut und Frömmigkeit. Überzeugt, daß Samvarana mit allen Regeln der Tugend vertraut war und jeden auf Erden an Schönheit übertraf, kam der Sonnengott zu dem Entschluß, daß er ein guter Ehemann für seine Tochter wäre und wollte sie diesem Besten aller Könige mit dem weltweitem Ruhm übergeben. Wie der Sonnengott selbst das Firmament mit seinem Glanz erleuchtete, so erfüllte König Samvarana die Erde mit dem Glanz seiner guten Errungenschaften. Und wie die um Brahma Wissenden die Sonne in all ihrem Glanz verehren, so verehrten alle weltlichen Menschen König Samvarana. Mit Glück gesegnet übertraf Samvarana sogar den Mond Soma in der Beruhigung der Herzen seiner Freunde, und die Sonne im Verbrennen der Herzen seiner Feinde. So beschloß der Sonnengott, der auch Tapana genannt wird, ganz allein, seine Tochter Tapati diesem tugendhaften und fähigen König Samvarana zu übergeben.

Eines Tages begab sich der schöne und mächtige König Samvarana auf die Jagd in die Bergwälder. Als er nun auf langem Wege die Hirsche durch die Berge verfolgte, starb sein hervorragendes Pferd an Hunger, Durst und Erschöpfung. So ließ der König sein Pferd zurück und wanderte zu Fuß über den Kamm des Berges weiter. Nach einer Weile erblickte er eine unvergleichlich schöne Maid mit großen Augen. Und er, der ohne Begleiter unterwegs war, konnte nicht anders, als dieses einsame Mädchen bewegungslos anzustarren. Für eine Weile glaubte er, die Göttin Shri selbst vor sich zu sehen, so schön war die Maid. Dann meinte er, sie wäre die Verkörperung der Sonnenstrahlen. Ihr Körper glühte wie eine feurige Flamme, doch in ihrer Güte und Lieblichkeit glich sie eher der makellosen Erscheinung des Mondes. Die dunkeläugige Maid stand auf dem Kamm des Berges wie eine Statue aus Gold, und schien mit ihrer Schönheit und kostbaren Kleidung den ganzen Berg mit allen Pflanzen und Felsen in einen goldenen Glanz zu tauchen. Der Anblick dieser Wunderbaren erfüllte den Monarchen mit Geringschätzung für alle Frauen, die er je zuvor erblickt hatte. Und er erachtete seine Augen als gesegnet, denn nichts vergleichbar Schönes hatten sie seit seiner Geburt je erblickt. Herz und Augen des Königs waren Gefangene der Dame, und wie mit Seilen gefesselt stand er verwurzelt und bar aller Vernunft an diesem Ort. Er dachte: „Der Schöpfer muß diese große Schönheit geschaffen haben, indem er die Essenz aus der ganzen Welt mit allen Göttern, Dämonen und Menschen extrahiert (gebuttert) hat.“ So jagten ihm die Gedanken durch den Kopf, während er das Mädchen für ihren Reichtum an Schönheit für unerreichbar in allen drei Welten hielt.

Und so trafen den Monarchen mit der reinen Herkunft die Pfeile des Liebesgottes, und er verlor den Frieden seines Geistes. In der starken Flamme des Begehrens brennend wandte sich der König an die bezaubernde Maid, die zwar erwachsen, doch völlig unschuldig war.

Samvarana sprach:
Oh du mit den lieblichen Schenkeln, wer bist du und wessen Tochter? Wie kamst du hierher? Oh du mit dem süßen Lächeln, warum wanderst du allein durch die einsamen Wälder? Mit vollkommener Makellosigkeit und allen Ornamenten geschmückt, scheinst du mir das begehrteste Juwel von allen zu sein. Du bist wohl weder eine Göttin, Dämonin, Yaksha, Rakshasa, Naga noch Gandharva und auch nicht menschlichen Ursprungs? Oh treffliche Dame, die schönste Frau die ich je erblickte, oder von der ich je hörte, kann sich nicht mit dir in Schönheit messen. Oh höchst Entzückende, beim Anblick deines Gesichts, das lieblicher als der Mond ist und Augen hat, die Lotusblüten gleichen, erdrückt mich der Gott der Liebe!

Und der Gandharva erzählte weiter:
Doch die Dame sprach kein Wort zum Monarchen, der vor Leidenschaft brannte und sie wieder und wieder bedrängte. Statt dessen verschwand die großäugige Maid so schnell wie der Blitz vor den sehnenden Augen des Monarchen. Da irrte der König durch den ganzen Wald wie einer, der seinen Verstand verloren hat, auf der Suche nach dem Mädchen mit den Lotusaugen. Als er sie nirgends fand, versank er in mitleiderregendes Wehklagen und stand lange Zeit starr vor Kummer.


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