Pushpak Mahabharata Buch 1Zurück WeiterNews

Kapitel 161 - Die Rede der Tochter

Doch nun konnte die Tochter die Trauer ihrer Eltern nicht länger ertragen, und so sprach sie:
Warum seid ihr so außer euch und weint, als ob ihr niemanden hättet, der für euch sorgt? Oh hört mich an und entscheidet dann, was recht ist. Es gibt keinen Zweifel daran, daß die Pflicht euch gebietet, mich sogleich zu verstoßen, denn ich bin die einzige, die zu verstoßen ist. Opfert mich ganz allein, und rettet euch alle auf einen Schlag. Die Menschen wünschen sich Kinder, weil sie sich von ihnen Rettung erhoffen. Oh überquert den Strom eurer Plagen mit mir als Floß. Ein Kind rettet die Eltern in dieser und der kommenden Welt, und wird deshalb von den Gelehrten Puttra (Retter) genannt. Die Ahnen wünschen sich Söhne von mir als Tochter. Doch ich werde sie retten, indem ich das Leben meines Vaters beschütze. Mein Bruder ist noch in solch zartem Alter. Ganz sicher wird er sterben, wenn du jetzt von uns gehst. Und wenn du, mein Vater, stirbst und mein Bruder dir folgt, wird den Ahnen kein Begräbniskuchen dargebracht, und das wird ihnen großes Übel bereiten. Doch wenn mich alle verlassen, Vater, Bruder und (sicher auch) Mutter, dann falle ich tiefer und tiefer ins Leid und werde ganz bestimmt in großer Trauer vergehen. Doch wenn du, mit meiner Mutter und meinem kleinen Bruder, der Gefahr entgehst, dann wird dein Geschlecht und der Kuchen für die Ahnen fortgeführt. Der Sohn ist wie das eigene Selbst. Die Gattin ist der Freund. Doch eine Tochter ist immer die Quelle von Problemen. Rette dich, und opfere diese Quelle von Problemen, und hilf mir dabei auf den Pfad der Tugend. Als Mädchen bin ich ohne dich, Vater, hilflos und elend, und muß irgendwohin gehen. Oh, ich bin fest entschlossen, die Familie meines Vaters zu retten, und den Anteil am Verdienst zu erhalten, der dieser schwierigen Tat zusteht. Oh bester Brahmane, wenn du gehst und mich hier zurückläßt, wird mir das große Schmerzen bereiten. Sei mir lieb, Vater, bester Mann, rette dich für dein Wohl, für die Tugend und für deine Familie, indem du mich weggibst, denn eines Tages bist du sowieso gezwungen, mich zu wegzugeben. Warum das verzögern, oh Vater, was unvermeidlich ist? Was kann schmerzvoller sein, wenn du in den Himmel aufgestiegen bist, und wir herumziehen und um Nahrung betteln müssen wie Hunde von Fremden? Doch wenn du und deine Anverwandten aus dieser Pein errettet sind, werde ich glücklich in den himmlischen Bereichen leben. Es wird gesagt, daß nach der Übergabe deine Tochter auf diese Weise, die Götter und Himmlischen dir günstig sein werden, wenn du ihnen opferst.

Vaisampayana fuhr fort:
Als der Brahmane und seine Frau die Klagen ihrer Tochter vernahmen, wurden sie noch trauriger als zuvor, und es weinten nun alle drei zusammen. Da lispelte ihr junger Sohn mit süßer Stimme und weit aufgerissenen Augen: „Ach weint doch nicht, Vater, Mutter und Schwester.“ Lächelnd und kindlich streichelte er jeden von ihnen, nahm dann einen Grashalm in die Hand und sagte fröhlich: „Damit werde ich den Rakshasa töten, der Menschenfleisch ißt!“ Und obwohl sie alle voller Elend waren, mußten sie über die niedlich gelispelten Worte des Kindes lächeln. Da erachtete Kunti den rechten Augenblick für gekommen, trat vor die Gruppe hin und sprach zu ihnen. Und ihre Worte gaben ihnen das Leben zurück, wie Nektar einen Toten wiedererweckt.


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