Pushpak Mahabharata Buch 1Zurück WeiterNews

Kapitel 133 - Drona gibt sich den Kurus zu erkennen

Vaisampayana erzählte:
In der Stadt, die nach dem Elefanten benannt ist, angekommen, lebte dieser beste Brahmane, Drona, unerkannt im Haus von Kripa. Sein mächtiger Sohn Aswatthaman gab in den Pausen von Kripas Unterricht den Söhnen der Kunti extra Stunden im Gebrauch der Waffen. Doch niemand ahnte etwas von der wirklichen Macht Aswatthamans. Eines Tages, Drona lebte schon eine Weile unerkannt in Kripas Haus, da verließen die heldenhaften Prinzen alle zusammen die Stadt. Sie spielten mit einem Ball und rannten herum mit frohen Herzen. Und es geschah, daß der Ball in einen Brunnen fiel. Da versuchten die Prinzen ihr Bestes, um den Ball aus dem Brunnen zu fischen. Doch alle Anstrengungen waren vergebens, und schüchtern und sorgenvoll sahen sie sich gegenseitig an, denn keiner wußte, wie sie den Ball herausbekommen konnten. Ganz in der Nähe erblickten sie einen Brahmanen von dunkler Hautfarbe, alt und mager. Er hatte gerade seine täglichen Anbetungen beendet und war durch das Agnihotra geheiligt. Die verzweifelten Prinzen umringten ihn sogleich. Drona, denn kein anderer war dieser Brahmane, hatte bemerkt, daß die Prinzen keinen Erfolg mit dem Ball hatten. Sich seiner eigenen Fähigkeiten bewußt, lächelte er ein wenig und sprach zu ihnen: „Schande über eure Kshatriya Macht, und Schande über eure Waffenkunst. Ihr seid im Geschlecht des Bharata geboren! Wie kann es sein, daß ihr den Ball nicht vom Grunde des Brunnens bekommt? Wenn ihr mir ein Mittagessen versprecht, werde ich mit diesen Grashalmen nicht nur euren verlorenen Ball retten, sondern auch den Ring, den ich noch dazu werfe.“ Nach diesen Worten streifte Drona seinen Ring ab und warf ihn in den ausgetrockneten Brunnen. Da sprach Yudhishthira, Sohn der Kunti: „Oh Brahmane, erhalte von uns mit Kripas Erlaubnis etwas, was dir dein Leben lang bleibt (und nicht nur eine solche Kleinigkeit).“ Mit einem Lächeln erwiderte Drona den Bharata Prinzen: „Dieser Handvoll langer Grashalme verleihe ich mit meinen Mantras die Eigenschaften von Waffen. Schaut, diese Halme haben vorzügliche Eigenschaften, die andere Waffen nicht haben. Mit einem der Halme treffe ich den Ball, mit dem nächsten durchbohre ich den ersten Halm und so weiter. Und mit dieser Kette hole ich den Ball heraus.“

Vaisampayana fuhr fort:
Gesagt, getan. Die Prinzen staunten sehr, und ihre Augen waren weit vor Entzücken, als Drona diese außerordentliche Tat vollbrachte. Sie baten: „Oh gelehrter Brahmane, bring auch gleich noch den Ring herauf.“ Da ergriff der ruhmreiche Drona Bogen und Pfeil, durchbohrte den Ring und holte ihn auf einmal herauf. Gleichmütig reichte er den Ring den staunenden Prinzen. Und jene sprachen: „Wir verbeugen uns vor dir, oh Brahmane. Niemand sonst hat solche Fähigkeiten. Wir möchten erfahren, wer du bist und wessen Sohn. Und was können wir für dich tun?“ Da antwortete Drona: „Geht zu Bhishma und beschreibt ihm mein Aussehen und mein Geschick. Der Mächtige wird mich erkennen.“ Die Prinzen sagten: „So sei es.“, und eilten zu Bhishma. Sie erzählten ihm alles, was geschehen und gesprochen worden war. Bhishma verstand sofort, daß dieser Brahmane kein anderer als Drona sein konnte. Er überlegte, daß Drona den allerbesten Lehrer für die Prinzen abgeben würde, und begab sich persönlich zu ihm. Er hieß Drona respektvoll willkommen und geleitete ihn in den Palast. Gewandt befragte Bhishma, dieser Beste von allen Waffengeübten, den Drona über den Grund seiner Reise nach Hastinapura. Und Drona erzählte ihm alles, was geschehen war.

Drona sprach:
Oh Herr, vor einiger Zeit ging ich zum Rishi Agnivesha, um von ihm die Waffenkunst zu erlernen und Waffen zu erhalten. Ich war dem Dienst an meinem Lehrer völlig hingegeben und lebte viele Jahre in demütiger Weise als Brahmachari mit verfilzten Locken auf meinem Haupt. Zu dieser Zeit lebte der Prinz von Panchala, der mächtige Drupada, von denselben Wünschen angetrieben auch dort. Er wurde mein Freund, suchte immer mein Wohl, und auch ich mochte ihn sehr. So lebten wir dort viele Jahre zusammen. Wahrlich, du Nachfahre des Kuru, von frühester Jugend an studierten wir gemeinsam. Er war der Freund meiner Knabenzeit. Immer sprach und tat er angenehme Dinge für mich. Um mich aufzuheitern, erzählte er immer: „Oh Drona, ich bin der Lieblingssohn meines ruhmreichen Vaters. Wenn der König mich zum Monarchen der Panchalas salbt, soll das Königreich dein sein, mein Freund! Dies ist mein aufrechtes Versprechen. Mein Reich, mein Vermögen und mein Glück werden von dir abhängen!“ Nun, es kam die Zeit des Abschieds. Er hatte seine Studien beendet und kehrte in sein Land zurück. Ich wünschte ihm alles Gute und erinnere mich noch heute an seine Worte. Einige Zeit später folgte ich den Anweisungen meines Vaters und, geleitet vom Wunsch nach Kindern, heiratete ich Kripi mit den kurzen Haaren, die mit großer Klugheit gesegnet ist, allzeit strenge Gelübde befolgt und immer in das Agnihotra, viele andere Opfer und harte Enthaltsamkeit versenkt ist. Zur rechten Zeit gebar sie einen Sohn namens Aswatthaman von großer Tapferkeit und sonnengleichem Glanz. Ja, ich freute mich sehr über diesen Sohn, genau wie mein Vater, als er mich bekam.

Eines Tages geschah es, daß der kleine Aswatthaman beobachtete, wie der Sohn eines reichen Mannes Milch trank, und zu weinen begann. Ich war darüber so außer mir, daß ich alle Orientierung verlor. Anstatt jemanden zu bitten, der nur wenige Kühe hatte, damit jener genügend für sich und seine Opfer behält, wollte ich unbedingt eine Kuh von jemandem bekommen, der viele Kühe besaß. Ich wanderte von Land zu Land, doch ohne Erfolg. Ich bekam keine Milchkuh. Als ich mit leeren Händen zurückkam, hatte einer seiner Spielgefährten meinem Sohn Wasser mit gemahlenem Reis vermischt (Pistaudaka) gegeben. Der arme Junge trank, und unerfahren wie er war, glaubte er, Milch zu trinken. Der getäuschte Junge tanzte freudig und rief: „Oh, ich habe Milch getrunken! Ich habe Milch getrunken!“ Als ich sah, wie er tanzte und seine Spielgefährten über seine Einfältigkeit lächelten, war ich zutiefst berührt. Auch drangen höhnische Reden an mein Ohr: „Schande über den mittellosen Drona, der sich nicht um Wohlstand kümmert! Sein Sohn trinkt Wasser vermischt mit Reispulver, und tanzt und freut sich, daß er Milch getrunken hat, weil er es nicht besser kennt.“ Ich war außer mir, oh Sohn der Ganga. Mir Vorwürfe machend beschloß ich dennoch, daß ich für Reichtum niemals irgend jemandes Diener sein würde, denn dies ist hassenswert, auch wenn mich dafür die Brahmanen tadeln und ablehnen würden. Mit diesem Entschluß, oh Bhishma, begab ich mich zu meinem früheren Freund und nahm meine Gattin und mein liebes Kind mit mir. Als ich hörte, daß Drupada als Herrscher über das Land eingesetzt worden war, betrachtete ich mich als unvergleichlich gesegnet. Freudig ging ich zu meinem lieben Freund, der auf dem Thron saß, erinnerte mich unserer früheren Freundschaft und an seine Worte. Nun, du Ruhmreicher, ich trat vor Drupada und begrüßte ihn mit: „Du Tiger unter den Männern, erkenne mich als deinen Freund.“ Voller Vertrauen sprach ich zu ihm, wie es einem Freund geziemt. Doch Drupada lachte spöttisch und wehrte mich wie einen vulgären Mann ab. Er sprach zu mir: „Deine Klugheit scheint nicht sehr groß zu sein, weil du plötzlich zu mir trittst und mich als Freund bezeichnest. Die Zeit, die alles verändert, läßt auch die Freundschaft schwinden. Meine frühere Freundschaft mit dir diente einem besonderen Zweck. Doch jemand von unreiner Geburt kann nicht der Freund eines Reingeborenen sein. Einer, der kein Wagenkrieger ist, kann nicht der Freund eines Kämpfers sein. Freundschaft gibt es nur zwischen Menschen gleichen Ranges, doch nicht zwischen Ungleichen. Und Freundschaft bleibt niemals für immer in den Herzen bestehen. Zeit und Ärger zerstören sie. Halte dich nicht länger an diese erkaltete Freundschaft zwischen uns und vergiß sie. Denn es gibt keine Freundschaft zwischen einem reichen und einem armen Mann, oh bester Brahmane. So wie es keine zwischen einem Gelehrten und einem Ungelehrten, zwischen einem Feigling und einem Helden gibt. Warum begehrst du die Wiederaufnahme unserer früheren Freundschaft? Oh du mit dem geringen Verständnis, große Könige können niemals Freunde von so mittellosen und glücklosen Wichten sein, wie du einer bist. Einer, der kein König ist, kann niemals einen König zum Freund haben. Ich erinnere mich nicht, dir jemals mein Königreich versprochen zu haben. Doch, oh Brahmane, ich kann dir Nahrung und Unterkunft für eine Nacht gewähren.“ Nach diesen Worten von ihm verließ ich schnell mit meiner Frau sein Reich und schwor einen Eid, den ich bald ausführen werde. Seit Drupadas Kränkung erfüllt mich der Zorn. Ich kam zu den Kurus, um kluge und gelehrige Schüler zu bekommen. Ich kam nach Hastinapura, um deine Wünsche zu erfüllen. Nun sage mir, was ich tun soll.

Bhishma antwortet:
Spanne deinen Bogen, oh Brahmane, und mache die Prinzen zu fähigen Kriegern. Von den Kurus verehrt, erfreue dein Herz bis zur Genüge an allem Komfort in ihrem Heim. Du bist der vollkommene Herr, oh Brahmane, über allen Reichtum, den die Kurus haben, über ihre Herrschaft und ihr Königreich. Von heute an sind die Kurus dein. Erachte als erfüllt, was in deinem Herzen sein mag. Du wurdest uns gegeben, oh Brahmane, als Frucht unseres großen Glücks. Wahrlich, die Gunst, die mir deine Ankunft hier gewährt, ist groß.


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