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2.32. Ugrasena wird zum König geweiht

Vaisampayana sprach:
Da brannte Ugrasena im Kummer um seinen toten Sohn und atmete schwer, als hätte er Gift getrunken. So näherte er sich Krishna und fand ihn inmitten der Yadavas, wie er den Tod von Kansa betrauerte, und sich angesichts der herzzerreißenden Klagen der Frauen aus Kansas Familie selbst tadelte und inmitten der versammelten Yadavas sprach:
Ach! Aus kindischer Dummheit und unter dem Einfluß menschlichen Zornes habe ich durch den Tod von Kansa tausende Frauen zu Witwen gemacht. Diese Frauen beweinen den Tod ihres Mannes so jammervoll, daß selbst ein gewöhnliches Herz von Mitgefühl ergriffen wird. Die Klagen dieser schutzlosen Frauen berühren sogar das Herz vom König der Toten. Und doch war es meine Entscheidung, daß dieser Kansa als Unterdrücker der Tugendhaften mit einem Herzen voller Sünde geschlagen werden sollte. In dieser Welt ist der Tod ein großer Schrecken für alle, die sich übelgesinnt und rücksichtslos verhalten, der Illusion verfallen sind und andere Wesen hassen. Kansa war höchst sündhaft, von den Tugendhaften gemieden und oft verdammt. Welches Mitgefühl kann er verlangen? Wie die Asketen als Frucht ihrer Entsagung vom Handeln im Himmel leben, so erreichen die tugendhaft Handelnden großen Ruhm in der Welt und den Segen der Himmlischen. Wenn der König ohne Sünde ist, dann sind auch die Untertanen zufrieden und selbstbeherrscht, beachten ihre Pflichten im Leben und handeln tugendhaft. Die Sündhaften werden durch den Tod gezügelt und ernten die entsprechenden Früchte, während die Tugendhaften ihren Verdienst in der kommenden Welt genießen. Zahlreich sind die untugendhaft Handelnden in dieser Welt, und deshalb beschützen die Götter mit all ihrer Kraft die Tugendhaften, die dem Pfad des Dharma folgen. In diesem Licht des Dharma sollte auch meine Tat betrachtet werden, die Kansa den Tod brachte, um ihn von seiner Sünde zu reinigen. So tröstet nun die kummervollen Frauen, Angehörigen und Diener.

Während Krishna auf diese Weise sprach, erschien Ugrasena mit schamvoll geneigtem Kopf wegen der Übeltaten seines Sohnes zusammen mit anderen Yadavas. Dann wandte er sich inmitten dieser Versammlung der Yadus mit stockenden, trauerbeladenen und der Situation angemessenen Worten an den lotusäugigen Krishna:
Oh mein Sohn, dein Zorn ist befriedet, dein Feind ins Reich von Yama eingegangen, großer Ruhm folgt der Erfüllung deiner Pflicht, und dein Name wird in dieser Welt geehrt werden. Durch diese Tat hast du die Anerkennung der Tugendhaften gewonnen, deine Feinde mit Furcht geschlagen, den Status des Yadu Stammes gestärkt und deine Freunde mit Vertrauen erfüllt. Deine glorreiche Macht hat sich auch den benachbarten Königen offenbart, und nun werden sie Bündnisse und Freundschaft mit dir suchen. Oh Held, deine Untertanen werden dir hingegeben sein, die Brahmanen dein Lob singen und die in Frieden und Krieg wohlgelehrten Minister dir dienen. Oh Krishna, ich übergebe dir diese unschlagbare Armee aus Elefanten, Pferden, Kampfwagen und Fußsoldaten. Oh Madhava, deinen Gefolgsleuten gehört nun der ganze Reichtum von Kansa, Korn, Juwelen, Kleidung, Gold, Frauen und alle anderen Besitztümer. Oh Feindevernichter, durch deine Yoga-Kraft, die du zum Wohl der Yadavas genutzt hast, haben alle Feindseligkeiten ihr Ende gefunden und die Erde ist uns wieder sicher. Oh Nachkomme des Yadu, jetzt hängt das Wohl oder Weh der Yadavas von dir ab. So höre, was wir mit bedrücktem Herzen sagen: Wenn du einverstanden bist, oh Govinda, dann möchten wir gern die Totenriten für Kansa durchführen, der durch seine sündhaften Taten vom Feuer deines Zorns verbrannt wurde. Und nachdem die Totenriten dieses Königs, der solch ein elendes Ende gefunden hat, abgeschlossen sind, möchte ich mit meiner Frau und unseren Schwiegertöchtern bei den Tieren im Wald leben. Die Durchführung der Totenriten ist eine wichtige Pflicht der Menschen. Oh Krishna, damit werden sie von ihrer weltlichen Schuld befreit. So möchte auch ich den Scheiterhaufen entzünden und das Wasseropfer darbringen, um meine Schuld gegenüber Kansa zu erfüllen. Dies ist mein einziger Wunsch, oh Krishna. Sei so gütig, und erfülle ihn mir. Möge die sündhafte Seele von Kansa durch die ordnungsgemäß vollbrachten Totenriten zu einem gesegneteren Zustand gelangen.

Krishna hörte diese Rede mit Freude und Erstaunen, und antwortete Ugrasena versöhnend:
Oh Herr und Erster der Könige, deine Worte sind deiner Familie und deines Wesens würdig sowie der Situation angemessen. Was geschehen mußte, ist geschehen und vorbei. Trotz seines üblen Todes soll Kansa die Begräbnisriten empfangen, die einem König zustehen. Oh lieber Vater, du wurdest in einem berühmten Stamm geboren und kennst die Veden. So erkenne auch, wie hier das unausweichliche Schicksal (des angesammelten Karmas) wirkt. Oh König, für alle lebenden Geschöpfe tragen die vergangenen Taten im Laufe der Zeit unausweichlich ihre Früchte. Oh Bester der Könige, sogar die großherzigen, herrlichen und wohlhabenden Könige, die in den heiligen Schriften erfahren sind, die gerecht regieren und den Brahmanen folgen, die den Armen helfen und an Macht dem Indra und anderen Regenten der Himmelsrichtungen gleich sind, werden vom Tod davongetragen. Du weißt, daß schon so viele tugendhafte Könige, die beständig dem Schutz ihrer Untertanen geneigt waren, ihre Kshatriya Pflichten bewahrten, selbstbeherrscht lebten und die Weisheit pflegten, im Laufe der Zeit auf den Tod trafen. So können alle Wesen aufgrund ihrer Erfahrung von Glück und Leid mit der Zeit erkennen, ob ihre Handlungen gut oder schlecht waren. Oh König, nicht einmal die Götter können das wahre Wesen der Illusion (Maya) verstehen, die im Herzen aller wirkt. Das Karma (der angesammelten Taten) ist das Instrument, um die jeweiligen Personen zu binden. So traf auch Kansa aufgrund seiner vergangenen Taten im Laufe der Zeit auf den Tod. Ich war nicht die Ursache dafür. Karma und Zeit (Kala) haben dies hervorgebracht. Dieses ganze Universum der belebten und unbelebten Geschöpfe mit Sonne und Mond trifft im Laufe der Zeit auf die Auflösung und tritt im Laufe der Zeit immer wieder ins Dasein. Die Zeit bringt alles hervor und vernichtet alles, und deshalb sind ihr alle Geschöpfe untertan. Oh König, dein Sohn wurde von seiner eigenen Sünde verbrannt. Die Ursache für seinen Tod war nicht ich, sondern die Zeit. Dein Sohn wurde von seinen eigenen Taten geschlagen. Ich war zweifellos nur ein Werkzeug der Zeit. Die Zeit ist unvergleichlich mächtig und ihr Lauf schwer zu ergründen. Diese Sicht haben nur jene, die unvoreingenommen das Wesen aller Dinge durchschauen. Das ist der Lauf der Zeit, wodurch alles erkennbar wird. Laß sie gehen und folge meinen Worten!

Und Krishna fuhr fort:
Ich wünsche weder dieses Land noch den königlichen Thron. Ich schlug Kansa nicht wegen eines Königreichs. Ich tötete deinen Sohn, diesen Fluch seiner Familie, zusammen mit seinem Bruder für das Wohl und den Ruhm aller Welten. Ich selbst werde frei und unbeschwert durch die Welt wandern, wie ein Hirte unter Kühen im Wald oder ein Vogel am Himmel. Deshalb wiederhole ich meine Worte der Wahrheit gemäß, daß ich weder ein Königreich noch die Königswürde begehre. Dies sollen alle wissen. Sei du der Führer und Herrscher der Yadavas, von mir gesegnet. Oh Erster der Monarchen, sei du in deinem Reich als König geweiht, damit es zum Wohle gedeihe. Wenn du meinst, daß es gut ist, meinen Worten zu folgen, und du nichts dagegen hast, dann nimm dieses Königreich an, daß ich dir hiermit auf lange Zeit verleihe.

Vaisampayana fuhr fort:
Als Ugrasena diese Worte von Krishna inmitten der versammelten Yadavas hörte, neigte er schamvoll seinen Kopf und konnte keine Antwort geben. Dann weihte ihn Govinda als Kenner des Dharmas zum König, so daß Ugrasena mit der herrlich strahlenden Krone auf dem Kopf zusammen mit Krishna die Totenriten für Kansa ausführte. Und wie die Himmlischen ihrem König Indra folgen, so folgten nun auf Geheiß von Krishna alle führenden Yadavas ihrem König Ugrasena durch die Hauptstraßen der Stadt. Als die Nacht vorüber war und die Sonne sich wieder erhob, begannen die führenden Yadavas die Totenriten für Kansa. Sie legten den toten Körper auf eine Bare und trugen ihn mit den entsprechenden Ritualen zum Ufer der Yamuna. Dort vollführten sie nach den Geboten der heiligen Schriften die Totenopfer und setzten den Scheiterhaufen in Brand. In gleicher Weise führten die Yadavas mit dem Einverständnis von Krishna auch die Totenriten für Sunama, dem Bruder von Kansa, durch. Dann opferten die Vrishnis und Andhakas zu deren Ehren die Gabe des Wassers und riefen wiederholt: „Mögen sich die Seelen der Verstorbenen auf den Wegen der Ewigkeit erheben!“ Und nachdem all die Yadavas mit trauernden Herzen das Wasseropfer für Kansa und seinen Bruder dargebracht hatten, gingen sie mit Ugrasena an der Spitze zurück nach Mathura.


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