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2.27. Krishnas Ankunft in Mathura

Vaisampayana sprach:
Danach spannten die drei Mächtigen die Pferde an, und der großmütige Akrura erreichte mit den beiden Helden Krishna und Sankarshana gegen Abend die von Kansa regierte Stadt Mathura. Und noch bevor die Sonne den Himmel rot färbte und unterging, betraten sie diese schöne Stadt. Akrura, dieser weise und großzügige Geber von Geschenken, nahm die beiden strahlenden Helden zunächst in sein Haus auf und sprach besorgt zu ihnen:
Meine Söhne, bitte versucht jetzt noch nicht, zum Haus von Vasudeva zu gehen. Wegen euch wird euer Vater Tag und Nacht von Kansa verfolgt und gedrängt, diesen Ort zu verlassen. Deswegen solltet ihr dort noch nicht erscheinen. Handelt so, daß es zum Besten für euren Vater ist. Vollbringt gute und erfreuliche Taten, die ihn glücklich machen.

Darauf antwortete ihm Krishna:
Oh Tugendhafter, wenn du gestattest, werden wir Mathura und seine Hauptstraßen besichtigen und unerkannt den Palast von Kansa besuchen.

Da verbeugte sich Akrura im Geiste tief vor Krishna und begab sich beruhigt zu Kansa. Und die zwei Helden folgten seinem Wunsch, und begannen, die Hauptstraßen der Stadt zu besichtigen, wie zwei junge kampfeslustige Elefanten, die von ihrem Pflock losgemacht wurden. Auf ihrem Weg sahen sie einen Wäscher, den sie um schöne Kleider baten. Doch der Wäscher antwortete ihnen:
Wer sei ihr denn? Wie arme Waldbewohner verlangt ihr Narren voller Unverschämtheit die Roben eines Königs!? Ich bin der königliche Wäscher und färbe auf Wunsch von König Kansa seine Kleider in hunderten Farben, die er aus fernen Ländern bekommen hat. In welchem einsamen Wald seid ihr geboren und mit wilden Tieren aufgewachsen? Beim Anblick dieser bunten Kleider hat sich die Begierde in euch erhoben. Sicherlich seid ihr lebensmüde und ohne jeden Verstand, sonst würdet ihr nicht nach den Kleidern des Königs verlangen.

Das Schicksal war gegen diesen unwissenden Wäscher mit schwacher Vernunft, und deshalb entließ er so giftige Worte. Krishna wurde zornig und zerschmetterte ihm den Kopf mit der Faust, die dem Donnerblitz glich, woraufhin er tot zu Boden fiel. Bei diesem Anblick begannen die Frauen des Wäschers laut zu lamentieren, und zogen mit aufgelösten Haaren klagend zum Haus von Kansa. Die Brüder kleideten sich in feine Roben, und wie zwei Elefanten vom süßen Duft angezogen werden, so besuchten sie als Nächstes einen Laden für Blumengirlanden. Dort lebte ein frommer und freundlicher Händler namens Gunaka, der mit einer großen Auswahl an Girlanden handelte und damit einen gewissen Wohlstand erworben hatte. Und weil sich Krishna schöne Girlanden wünschte, sprach er ohne zu zögern mit freundlichen Worten: „Gib mir einige Girlanden!“ Der Verkäufer war zufrieden und schenkte den beiden schönen Brüdern verschiedene Girlanden mit den Worten: „Sie gehören euch!“ So war auch Krishna zufrieden und gewährte Gunaka einen Segen und sprach: „Oh Freundlicher, Shri, die Göttin des Wohlstandes, soll mit großem Reichtum beständig bei dir wohnen.“ Der Girlanden-Verkäufer verneigte sich tief, berührte die Füße von Krishna und nahm den Segen dankend an. Voller Ehrfurcht dachte er „Dies sind bestimmt Yakshas (Diener von Kuvera).“ und schwieg demütig. Und weiter gingen die beiden Söhne von Vasudeva entlang der Hauptstraße und trafen Kubja, ein buckliges Mädchen mit einem Gefäß voll duftender Salbe in ihren Händen. Bei ihrem Anblick sprach Krishna: „Oh Lotusäugige mit dem krummem Rücken, sage mir schnell, für wen du diese Salbe trägst?“ Als Kubja, die so gekrümmt war, als hätte sie der Blitz getroffen, diese Worte hörte, antwortete sie mit strahlenden Augen und einem Lächeln dem lotusäugigen Krishna, dessen Farbe einer Regenwolke glich:
Oh Herrlicher, sei gesegnet! Ich bin auf dem Weg zum Badehaus des Königs. Doch wenn du wünscht, so nimm von der duftenden Salbe. Oh Lotusäugiger, dein Anblick füllt mein Herz mit Liebe. Ich bitte dich, besuche mich zu Hause. Ich werde auf dich warten. Oh Freundlicher, woher kommst du, daß du mich nicht kennst? Ich bin die bevorzugte Dienerin des Königs, um seinen Körper mit duftenden Salben einzureiben.

Da sprach Krishna zu Kubja, die lächelnd vor ihm stand:
Gib uns genug Salbe für unsere Körper. Oh Schöngesichtige, wir sind Ringer und reisen durch die Welt. So sind wir auch hierher gekommen, um dieses wohlhabende Königreich zu besuchen und das große Bogen-Opfer anzuschauen.

Darauf antworte sie Krishna:
Mit dem ersten Blick habe ich dich liebgewonnen. So nimm von mir diese vorzügliche Salbe, die eines Königs würdig ist.

Daraufhin schmierten sich die beiden Brüder reichlich mit jener Salbe ein, bis sie so glänzend erschienen wie zwei junge Bullen, die ausgiebig im Schlamm der Yamuna gebadet hatten. Danach legte Krishna, der im Heilen erfahren war, seine Hand sanft auf den Rücken von Kubja. Und als sie bemerkte, wie ihr Buckel verschwand, ihre Brust sich hob und sie sich an Krishna aufrichtete wie eine Kletterpflanze an einem Baum, da freute sie sich sehr und sprach lächelnd voller Liebe und Zuneigung zu Krishna:
Wohin willst du jetzt gehen, mein Lieber? Ich bitte dich, verlass mich nicht!

Die ewigen Herrn, Krishna und Balarama, wußten um das Wesen von Kubja, schauten einander an und klatschten laut in die Hände. Dann lächelte Krishna und verabschiedete das Mädchen, die von ihrer Plage befreit ihr Herz an ihn verloren hatte, um zum königlichen Hof aufzubrechen. Bald betraten die beiden Brüder, die im Hirtendorf aufgewachsen und wie Hirten gekleidet waren, den Palast, ohne daß man die Absicht in ihren Gesichtern lesen konnte. Wie zwei stolze Löwen aus den Himalaya Bergen erreichten die beiden Jungen ungehindert die Halle der Bögen. Und mit dem Wunsch, den verehrten Bogen zu sehen, sprachen die Helden zum Wächter der Waffen:
Höre unsere Worte, oh Wächter der Bögen von Kansa! Oh Guter, wo ist der Bogen, für den dieses Opfer gefeiert werden soll? Wenn du kannst, dann zeige ihn uns.

Daraufhin zeigte er ihnen den Bogen, der einer Säule glich. Selbst die Götter mit Indra an der Spitze hätten ihn nicht spannen können, geschweige denn zerbrechen. Doch der mächtige Krishna ergriff diesen Bogen, den die Dämonen höchst verehrten, und hob ihn spielend mit einer Hand empor. Dann begann der Lotusäugige ihn mit zwei Händen zu spannen und zog an der Sehne, bis dieser Bogen, der einer Schlange gleich in diesem Opfer verehrt wurde, unter seiner Kraft zerbrach. Und als dieser Beste der Bögen mit lautem Krachen in zwei Teile gebrochen war, verschwand Krishna zusammen mit Sankarshana schnell aus der Halle. Der gewaltige Knall wurde vom Wind in alle Himmelsrichtungen getragen und erschütterte den ganzen, inneren Palast.

Krishna und Balarama in Mathura bei Kansa, Zerbrechen des Bogens, Indien ca.1800

Daraufhin verließ der Wächter schockiert die Waffenhalle, rannte eilig zu Kansa und sprach aufgeregt wie eine Krähe:
Höre, welch unvorstellbares Wunder in der Halle der Bögen geschehen ist, dem Untergang der Welt gleich. Zwei Helden erschienen, die hier noch nie gesehen wurden, mit dunklen Locken, in blaue und gelbe Kleider gehüllt und mit duftenden Salben eingeschmiert. Wie zwei Göttersöhne betraten sie ungehindert die inneren Räume des Palastes. Sie strahlten wie Feuer und standen plötzlich mit schönen Roben und Girlanden geschmückt in der Halle der Bögen, als wären sie vom Himmel gefallen. Es war keine Täuschung. Der dunkelhäutige Held mit den gelben Kleidern und Girlanden ergriff den Besten aller Bögen, was nicht einmal die Götter können. Oh König, obwohl er noch ein Jugendlicher war, beugte und spannte er mit großer Kraft leichthändig und schnell den mächtigen Eisenbogen. Und als dann der starkarmige Held, ohne einen Pfeil aufzulegen an der Sehne zog, zerbrach er mit lautem Krachen am Handgriff in zwei Teile. Dieser unvergleichliche Knall erfüllte den ganzen Raum, verdunkelte die Sonne und erschütterte Erde und Himmel. Oh Feindevernichter, angesichts dieser übermenschlichen Tat war ich höchst schockiert und eilte voller Furcht hierher, um dir alles zu berichten. Ich weiß nicht wer diese unvergleichlich Mächtigen waren. Der eine erschien so hell wie der Berg Kailash und der andere so dunkel wie ein Berg Kollyrium. Wie ein Elefant eine Säule zerbricht, so zerbrach dieser kraftvolle Held den vorzüglichen Bogen in zwei Teile und verschwand mit seinem Gefährten so schnell wie der Wind. Oh König, ich weiß nicht, wer es war!

Als Kansa alles ausführlich vernommen hatte, schwieg er und antwortete nicht. Er entließ den Wächter und zog sich in seine königlichen Gemächer zurück.


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