Pushpak HarivamshaZurück WeiterNews

2.10. Die Wunder der Regenzeit

Vaisampayana sprach:
Nach dem Umzug nach Vrindavana hüteten die beiden schönen Söhne von Vasudeva wieder die Kühe und wanderten heiter durch die Wälder. Sie spielten mit den Hirtenjungen und badeten im Strom der Yamuna. So verbrachten sie glücklich den Sommer. Danach begann die Regenzeit, die im Herzen der Liebenden die Sehnsucht regt. Am Himmel erschienen große Wolken, die mit dem Regenbogen von Indra geschmückt waren, und begannen, ihre Wassermassen auszuschütten. Und wie die Sonne hinter den Wolken verschwand, so verschwand die Erde unter dem schnell wachsenden Gras. Der Wind trieb die Wolken übers Land, und ihr Regen erfrischte und reinigte die Erde, so daß sie wie in jugendlicher Schönheit erschien. Die Kühe und Insekten freuten sich über die reinigenden Regenschauer. Der Staub verschwand sowie der Rauch und das Feuer in den Wäldern, die nun in ihrer ganzen Pracht auflebten. Es war die Zeit, wo die Pfauen mit ihren schönen Federn tanzten und ihre leidenschaftlichen Balzrufe zu hören waren. Durch die frischen Wolken mit dem fruchtbaren Regen blühten die jungen Kadamba Bäume und gewährten den schwarzen Bienen eine köstliche Speise. Der ganze Wald war vom Duft vielfältigster Blüten erfüllt. Die Hitze des Sommers wurde von den Wolken vertrieben und die Erde vom fruchtbaren Regen gesättigt. Von den Bergen und Wäldern, die zuvor von der Sonne ausgedörrt worden waren, erhob sich nun feuchter Dunst. Stürme bliesen und mächtige Wolken, die den Festungen himmlischer Könige glichen, ließen enorme Regenmassen fließen. Die Bäume und Pflanzen im Wald blühten und erstrahlten so schön wie die Flammen eines Feuers. Der Wind trug den Geruch von feuchter Erde heran und regte unter den Wesen die Lust. Überall hörte man das Summen der berauschten Bienen, das Quaken der Frösche und Balzen der Pfauen.

Doch durch den Regen schwollen auch die Flüsse an, große Wirbel entstanden und begannen, die Bäume an ihren Ufern mitzureißen. Bedrückt von den anhaltenden Schauern saßen die Vögel mit entkräfteten Flügeln in den Baumkronen wie ermüdete Wanderer. Die Sonne versteckte sich in den aufquellenden Wolken, die mit Wasser und Donner gefüllt waren. Die Erde erschien, als würde sie eine Girlande aus frischem Gras tragen. Die Wege waren kaum noch zu finden. Sie waren im Regenwasser verschwunden und von umgefallenen Bäumen versperrt. Die von mächtigen Bäumen bewachsenen Berge wurden von den Blitzen angegriffen, und von ihren Gipfeln schossen wilde Ströme voller Schlamm und Geröll. In den Wäldern gab es überall neue Bäche, und die Teiche traten über ihre Ufer. Die wilden Elefanten, die vom endlosen Regen genervt mit erhobenen Köpfen und Stoßzähnen umherliefen und bei jedem Donner trompeteten, erschienen wie dunkle Regenwolken, die auf die Erde herabgefallen waren.

Als Sankarshana, der Sohn von Rohini, sah, daß sich der Himmel mit Wolken füllte und die Regenzeit begann, sprach er zu Krishna unter vier Augen:
Oh Krishna, schau auf die dunklen Wolken am Himmel, die mit leuchtenden Blitzen geschmückt sind! Mir scheint, sie haben die herrlich dunkle Färbung von deinem Körper gestohlen. So kannst du dich beruhigt schlafen legen, denn der Himmel ist jetzt wie dein Körper. Und wie du dich jedes Jahr in dieser Zeit zur Ruhe legst, so macht es auch der Mond. Mit Beginn der Regenzeit erfüllt sich der Himmel mit dunkelblauen Wolken, so schön wie die Blütenblätter des blauen Lotus. Oh Krishna, schau nur den Berg Govardhana, der die Kühe ernährt und nun von dunklen Wolken umhüllt so herrlich erscheint. Berauscht vom Regen summen die schwarzen Bienen überall voller Freude durch den Wald. Oh Lotusäugiger, das zarteste Gras wächst üppig und scheint die ganze Erde bedecken zu wollen. Mit Beginn der Regenzeit wird die selbstseiende Herrlichkeit in den Quellen der Berge, in den Bächen der Wälder und am Korn auf den Feldern der Bauern offenbar. Oh Damodara, die vom Wind getriebenen Regenwolken wecken die Sehnsucht nach jenen, die in der Fremde leben, und mit mächtigem Getöse zeigen sie ihren ganzen Stolz. Oh Hari, der du mit drei Schritten die Welt überschreitest, der dreifarbige Regenbogen von Indra schmückt ohne Pfeil und Sehne deinen zweiten Schritt (den Himmel). In diesem Monat verliert die Sonne ihren Glanz. Ihre sengenden Strahlen werden von den Wolken abgekühlt, und der Tausendstrahlige scheint erloschen zu sein. Die allesbedeckenden Wolken senden unaufhörlich ihr Wasser wie aus einem Ozean, als wären Himmel und Erde verschmolzen. Durch die Ströme des Regens blühen die Nipa, Arjuna und Kadamba Bäume, und der Wind trägt ihren süßen Duft davon, der die Lust im Herzen der Liebenden weckt. Oft sind die Regengüsse aus den mächtigen, herabhängenden Wolken so stark, als füllte den Himmel ein ganzer Ozean. Bewaffnet mit dem Regenbogen als Bogen, den Regentropfen als Pfeile und den Wolken als Rüstung scheint der Himmel zum Kampf bereitzustehen. Oh du mit dem schönen Gesicht, wenn die Berge, Wälder und Gipfel der Bäume von Wolken und Nebel verhangen sind, erscheinen sie höchst wunderbar. Der Himmel ahmt die Farbe des Ozeans nach und ist von Wolken erfüllt, die ihr Wasser herabregnen wie aus den Rüsseln einer ganzen Armee von Elefanten. Der kühle Wind kommt vom Ozean, trägt unzählige Wassertropfen heran und schüttelt mit seiner Kraft die zarten Pflanzen. Am Tage sieht man keine Sonne und des Nachts keinen Mond. Der ganze Himmel ist voller Wolken, die unaufhörlich ihren Regen ergießen und alle Himmelsrichtungen verhüllen. Die vom Wind getriebenen Wolken bewegen sich wie lebendige Wesen durch die Lüfte. Die Leute können kaum noch zwischen Tag und Nacht unterscheiden. Oh Krishna, schau nur, wie der Vrindavana Wald von der Hitze erlöst und im Regen gebadet so schön wie der himmlische Garten Chaitraratha (von Kuvera) erscheint.

So beschrieb Sankarshana, der ältere Bruder von Krishna, auf dem Weg zum Hirtendorf die Ankunft der wunderbaren Regenzeit. Und auch weiterhin erfreuten sich Krishna und Sankarshana zusammen mit ihren Freunden am Wandern durch die Weiten des Waldes.


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