Pushpak Die SündflutZurück WeiterNews

Sâwitrî - Erster Gesang

Vernimm, König Judhischthiras, der vortrefflichen Frauen ganze Glückseligkeit, wie sie erreicht worden von Sâwitrî der Königstochter.

Es war in Madras ein pflichtbedachter sehr tugendhafter König, ein gottseliger, schutzspendender, versprechentreuer, von besiegten Sinnen.

Ein Opferer und Gabenspender, rechtlich, geliebt von Städtern und Landleuten, ein Fürst, Aswapatis mit Namen, der aller Wesen Wohl sich freute.

Duldsam, wahrhaft, von bezähmten Sinnen, aber kinderlos; und da weit vorgerückt sein Alter, empfand er deshalb Betrübnis.

Und um Nachkommenschaft bestand er herbe Bändigung, seine Nahrung beschränkend, in keuscher Enthaltung lebend, die Sinne unterdrückend.

Es opferte hunderttausend weise der Sâwitrî der beste der Könige; einmal nur des Tages genoß er beschränkte Nahrung.

In solcher Bezähmung beharrte er der Jahre zehn und acht, im vollen achtzehnten Jahre aber empfand Freude darob Sâwitrî.

Körperlich, o König, zeigte sie sich ihm, dem Fürsten, aus dem heiligen Feuer hervorsteigend; mit großer Freude erfüllt sprach die Segengeberin zum Erdherrscher diese Rede:

Durch diesen reinen Wandel der Keuschheit, die Bezähmung und Bändigung, und die Huldigung von ganzer Seele, bin ich, Erdherrscher! von dir erfreut.

Eine Gnade wähle, Aswapatis, König von Madras! deinem Wunsche gemäß: in den Pflichten aber mußt du auf keine Weise eine Verirrung begehen.

Aswapatis:

Um Nachkommenschaft habe ich begonnen die Bußübung, der Pflicht ergeben; viele Stamm- erhaltende Söhne, o Göttin, werden mir verliehen!

Wenn du erfreut bist, Göttin, ist dies der Wunsch den ich wähle; denn Fortpflanzung ist erhabene Pflicht, so sagen mir die Brahmanen.

Sâwitrî:

Bereits habe ich, o König, dein Verlangen nach Kindern erkennend, deinetwegen gesprochen zum Urvater;

Und durch die Gnade, verliehen von Ihm der durch sich selbst ist, wird eine glänzende, liebliche Tochter dir bald werden.

Gegenrede aber mußt du auf keine Weise sprechen; auf des Urvaters Befehl sage ich dir dieses erfreut.

„Ja” so willigte der Fürst in die Rede der Sâwitrî; und nochmals flehte er: „bald möge dies geschehn!”

Als verschwunden Sâwitrî, kehrte er zurück zu seiner Wohnung, und wohnte freudig in seinem Reiche, die Untertanen nach Pflicht beschützend.

Nachdem einige Zeit verflossen, befruchtete der König, gelösten Gelübdes, seine älteste pflichtergebene Gemahlin.

Im Schoße der Königstochter Mâlawi wuchs die Frucht wie am lichten Himmel der Sternenfürst.

Und als die Zeit gekommen, gebar sie eine Lotus-äugige Tochter. Die Geburtsbräuche verrichtete der erfreute Fürst.

Von der erfreuten Sâwitrî wurde sie gegeben, von Sâwitrî welcher geopfert wurde, darum nannten sie Sâwitrî die Brahmanen, und so der Vater.

Schön wie Lakschmi wuchs sie heran die Fürstentochter, und mannbar wurde mit der Zeit das Mädchen.

Die schlanke, starkhüftige, goldähnliche sehend, dachten: „eine Göttertochter ist genahet”, die Männer.

Keiner aber wählte, von ihrem Schimmer geschlagen, zur Frau die Lotuslaub-ähnliche, welche flammte gleichsam von Glanz.

Und diese, das Haupt gebadet, nachdem sie den Göttern genaht und Brandopfer verrichtet der Vorschrift nach, besprach sich an feierlichem Tage mit den Brahmanen.

Hierauf die Blumen nehmend, die sie den Göttern gereicht hatte, trat sie, schön wie die Göttin Lakschmi, in des großgeistigen Vaters Nähe.

Nachdem sie zu des Vaters Füßen sich gebeugt und die Blumen, womit sie den Göttern gehuldigt, ihm übergeben hatte, stand sie, die schönhüftige, mit gefalteten Händen zur Seite des Herrschers der Männer.

In mannbarem Alter sehend seine Tochter von göttlicher Gestalt, und nicht zur Ehe begehrt von Männern, betrübte sich der Fürst.

Der König:

Tochter, es ist Zeit dich zu vermählen, und keiner wählet dich! Selber suche dir einen Gatten, welcher dir ähnlich an Tugenden.

Den Mann den du begehrst, magst du mir künden, und erwägend werde ich dich geben; wähle du deinem Wunsche nach!

Was ich gehört aus den Büchern der Pflichten, wie es Brahmanen mir vorlasen, dies höre du, o Vortreffliche, von mir dem Rede sprechenden :

„Der Vater, welcher nicht vermählt ist tadelhaft, tadelhaft der Gatte, der nicht nahet (der Gattin); wenn der Gatte gestorben ist der Sohn tadelhaft, welcher nicht Beschützer der Mutter ist.”

Auf diese vernommene Rede eile zu suchen einen Gatten; daß vor den Göttern ich nicht tadelhaft sein möge, solches bewirke. —

Nachdem er dies gesagt zur Tochter, und eingestimmt hatten die Alten und Räte, wies er ihr an das Reisegerät, und „gehe!” so entließ er sie.

Sie aber beugte sich schamhaft zu des Vaters Füßen, die fromme, und des Vaters Rede beherzigend, ging sie hinaus ohne Bedenken.

Einen goldenen Wagen besteigend, mit alten Räten umgeben, fuhr sie zu den reizenden Büßungswäldern der königlichen Weisen.

Daselbst beugte sie sich zu den Füßen der ehrwürdigen Alten, und der Reihe nach ging sie zu jenen Wäldern allen.

An allen heiligen Badestellen auch Schätze spendend den vorzüglichsten der Brahmanen, besuchte sie, die Fürstentochter, diese und jene Gegend.


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