Als die Rührung geschaut jene,
Punjaslôka's (Nalas) des sinnigen,
Eilt Kêsini zurück wieder,
Berichtet's Damajanti'n gleich.
Damajanti hierauf aber
Sandte Kêsini wieder ab,
Zur Mutter hin, die Leidvolle,
Aus Sehnsucht den Gemahl zu schaun:
„Erforschen ließ ich vielfältig
Wâhuka'n, ob es Nalas sei;
Nur die Gestalt noch läßt zweifeln,
Selber möcht' ich's ergründen nun.
Zu mir mag er herein kommen,
Oder entlassen mußt du mich;
Mit Wissen oder Nichtwissen
Meines Vaters beschließe man.“
So angeredt von Waidarbhi,
Machte die Fürstin Bhîma'n kund,
Was ihrer Tochter Vorhaben.
Es erlaubte der Erdeherr.
Jene mit Vaters Einwill'gung
Und der Mutter Bewilligung,
Ließ den Nalas herein kommen
In ihre Wohnung alsobald.
Als nun erblickte urplötzlich
Damajanti'n Nalas der Fürst,
Ergriff ihn Gram und Leidwesen,
Von Tränen ward umflossen er.
Und als ihn sah genaht also,
Den Nalas, Damajanti dort,
In bittern Grams Gewalt fiel sie,
Die edlem Stamm Entsproßene.
Hierauf, in roten Kleids Hülle,
Staubbedeckt und verwirrten Haars,
Damajanti, o Weltherrscher,
Zu Wâhukas sprach sie dies Wort:
Hast du vordem gesehn etwa
Einen pflichtenerfahrnen Mann,
Der schlafend sein Gemahl lassend
Im Walde, weggegangen ist?
Ein liebes Weib, ein schuldloses,
Ein in Wildnis ermattet Weib;
Wer kann verlassend dies fliehen,
Als Nalas Punjaslôkas nur?
Was ist durch mich dem Erdherrscher
Seit der Kindheit für Leid geschehn,
Daß er, im Walde mich lassend,
Schlafumfaßte, geflohen ist?
Den ich, Götter hintansetzend,
Mir zum Gemahl erkor vordem;
Konnte die treue, liebreiche,
Kinderbegabte fliehen Der?
Über dem Feu'r gefaßt hat er
Mir die Hand vor den Göttern einst:
„Beistehn werd' ich“ - mir anlobend -
„Wahrheit!“ wohin entwich nun dies?
Als Damajanti dies sagte
Gesamt, o Feindebändiger,
Kummererzeugte Flut fließet,
Wehvolle, aus den Augen ihr.
Die überschwarzem Augpaare,
Ihrem rotwinklichten entfloß,
Die Flut sehend, begann Nalas
Zur Schmerzerfüllten dieses Wort:
Daß ich mein Reich verlor, dieses
Hab' ich selber ja nicht vollbracht;
Kalis vollbracht' es, Furchtsame,
Und daß dich ich verlassen auch,
Weshalb von dir in Pflichtsnöten
Mit Fluch er angetan vordem,
Im Walde, von der leidvollen,
Mich beklagenden Tag und Nacht.
Durch deinen Fluch gebrannt wohnte
In meinem Körper Kalis dann,
Und durch mein rastlos Genstreben
Besiegt und durch die Buße mein.
Drum ob des Leides Hinscheiden
Laß uns leben, o Selige!
Mich lassend wich der Sündhafte,
Ich aber kam sodann hierher
Deinethalber, o Vollhüft'ge!
Nicht hab' ich anderes Geschäft.
Doch wie kann eine Frau, lassend
Den treuen liebenden Gemahl,
Einen anderen Mann wählen,
Wie du, Schüchterne, irgend sonst?
Boten durchziehn die Erdräume
Auf des Königs Machtgebot:
„Damajanti fürwahr wählet
Zweiten Gemahl sich aus alsbald,
Freien Willens, nach Lust nämlich,
Wie's ihrer Seele wohlgefällt.“
Rituparnas vernahm dieses,
Und in Eile kam er hierher. —
Damajanti jedoch hörend
Diese Klage des Nischadhers,
Die Hände faltend und zitternd,
Und furchtsam sprach zu Nalas sie:
Nicht wollest du, o Glücksel'ger!
Eines Vergehns argwöhnen mich,
Denn die Götter hintansetzend
Wählt' ich dich zum Gemahle mir.
Ob deiner Herkunft nur einzig
Gingen Brahmanen allwärts hin,
Worte nach meinen Singweisen
Singend in allen Landen stets.
Ein verständ'ger Brahman aber,
Parnâdas Namens, Erdeherr!
Naht' in Kôsala dir einstens,
In Rituparna's Schlosse dort.
Als die Red' er gesagt gänzlich,
Gegenrede mir auch gebracht,
Sann diese List ich aus also,
Naischadhas! herzubringen dich.
Keiner als du ja kann sonsten
In einem einz'gen Tage, Fürst,
Hundert der Meilen weit fahren
Mit Pferden, Herr der Männer du!
Bei dieser Wahrheit umfaß' ich
Deine Füße, o Erdeherr,
Wie in Gedanken selbst niemals
Eine Beleid'gung ich beging.
Auf der Erde einhergehet
Als Zeuge ew'gen Gangs der Wind;
Den Lebenshauch soll Der lösen
Mir, wenn Sünde begangen ich!
So auch gehet der Strahlsender
Über der Erde ewig hin;
Den Lebenshauch soll Der lösen
Mir, wenn Sünde begangen ich!
Der Mond als Zeuge auch gehet
Inmitten aller Wesen hin;
Den Lebenshauch soll Der lösen
Mir, wenn Sünde begangen ich!
Diese drei Götter ja halten
Gänzlich die Drei-Welt (1) aufrecht stets.
Reden sollen sie nach Wahrheit,
Oder verlassen diese mich! —
So angeredt von ihr sagte
Aus den Lüften der Wind sogleich:
Diese hat nicht getan Sünde,
Nalas, Wahrheit verkünd' ich dir!
König, der Tugendschatz strotzend,
Damajanti's, ist wohl bewahrt,
Denn Zeugen sind, sowie Hüter,
Drei Jahre wir gewesen ihr.
Diese List ward erdacht aber,
Gleichenlose, um dich von ihr.
Keiner als du ja fährt hundert
Der Meilen je an einem Tag.
Erlangt wurde von dir Bhaimi
Und du von Bhaimi, Erdeherr.
Hier darf Zweifel nicht obwalten,
Sei der Gattin vereinet nun. —
Indem Wâjus dies Wort sagte,
Ein Blumenregen fiel herab,
Der Götter Pauken auch schallten,
Es wehte lieblich kühler Wind.
Als dies Wunder gewahrt Nalas,
Der Beherrscher von Nischadha,
Entsagt dem Zweifel er gänzlich,
Den gegen Bhaimi er gehegt,
Und jenes Kleid, das staublose,
Legte nun an der Erdeherr,
An jenen Schlangenfürst denkend;
Seine Gestalt erlangt' er so.
Als in eigner Gestalt schaute,
Bhîma's Tochter den Gatten jetzt;
Da umarmte, laut aufschreiend,
Nala'n die Unverschmähte.
Damajanti'n umarmt Nalas,
Der Fürst, glänzend wie ehemals.
Die beiden Kinder auch herzte,
Wie es schicklich, der König dann.
An ihre Brust nun drückt Bhaimi
Sein Antlitz, schön von Antlitz sie;
Von jenem Gram erfüllt wieder,
Seufzte sie mit großem Aug.
So auch mit Staub bedeckt jene,
Bhaimi'n die lieblich lächelnde
Umarmend, stand der Mannlöwe
Lange von Schmerz umflossen da.
Es berichtet hierauf gänzlich
Bhaimi's und Naischadha's Geschick
Bhîma'n dem König, voll Wonne
Der Waidarbhi Erzeugerin.
Die genahte Nacht brachten,
Sich kündend die verflossene
Umherirrung in Waldsöden,
Die beiden hoch entzücket zu.
In Fürst Bhîma's Palast wohnten,
Jeder wünschend des andern Lust,
Mit erfreutem Gemüt beide,
Damajanti und Naischadhas.
Im vierten Jahre war wieder
Nalas mit dem Gemahl vereint,
Jedes Wunsches gewährt also,
Fühlt unendlich Entzücken er.
Bhaimi, die den Gemahl wieder
Erlangt, sie wuchs in Wonne auf,
Regenbegoßnem Land ähnlich,
Wenn Früchte halb entsprossen sind;
Gattenvereint, des Leids ledig,
Frei von Ermüdung, frohen Sinns,
Glänzt in erlangtem Wunsch Bhaimi,
Ähnlich der Nacht im Vollmondschein.
(1) Die drei Welten, d.h. Himmel, Erde und Unterwelt.