Pushpak Nalas und DamajantiZurück WeiterNews

Sechzehnter Gesang

Als verlorenen Reichs Nalas
Mit der Gattin verwiesen war,
Schickte Brahmanen aus Bhîmas,
Der den Eidam zu schauen wünscht.
Auftrag gab er, nachdem reichlich
Ihnen Schätze gespendet er:
Den Nalas sollt ihr aufsuchen,
Und Bhaimi meine Tochter auch;
Wenn dies Geschäft vollbracht, Kunde
Des Fürsts von Nischadha erlangt,
Tausend Kühe zum Lohn geb' ich
Dem, der beide mir bringen wird;
Speise werd' ich ihm auch geben,
Ein stadtähnliches Dorf zugleich.
Können gebracht sie nicht werden,
Damajanti und Nalas her;
Für die Kunde allein geb' ich
Der Kühe zehnmal hundert doch. —

Gingen, vernehmend dies, freudig
Die Brahmanen dann allwärts hin,
Städte durchforschend und Länder,
Nalas suchend und sein Gemahl;
Konnten doch jene nicht finden,
Weder Nalas noch Bhîma's Sproß. —

Nach Tschêdipur, dem anmut'gen,
Kam Sudêwas der Priester dann,
Und der suchende fand Bhaimi
Im Palaste des Königs,
Dem sel'gen Tag man wünscht eben;
Sunanda stand zur Seite ihr.
In kaum sichtbarem Reiz prangte
Unvergleichbar an Schönheit sie,
Wie umwunden von Rauchs Netzen
Sonnenlichtglanz dem Blick erscheint.
Also sah er die großäugig,
Staubbedeckt und abgehärmt;
Und er dachte: „Es ist Bhaimi,“
Wohl ermessend aus Gründen dies.

Sudêwas:

Wie mir vormals erschien jene,
So gestalt ist die Reizende.
Vollbracht ist mein Geschäft, schauend
Wie weltersehnte Lakschmî sie,
Die Braune, gleich dem Vollmonde,
Schön gerundeten Busens sie;
Die Fürstin, deren Glanz scheuchet
Finsternis von den Ländern all,
Mit großem Lotos-Aug' gleichend
Der Gemahlin des Manmathas; (1)
Von aller Welt ersehnt wahrlich,
Vollmondähnlichen Glanzes sie;
Aus dem Widarbha-Teich gleichsam,
Ob Schicksals harten Machtgebots,
Entriss'ne Lotosblum' scheinet,
Mit Erd' und Staub bedeckte, sie;
Ähnlich der Vollmondsnacht ist sie,
Wo von Rahus der Mond verschluckt;
Im Gram um den Gemahl gleichend
Einem Strom mit versiegter Flut,
Lotosblume des Laubs ledig,
Furchterfülltem Vogel gleich;
Die Zarte, schön von Gliedmaßen,
An Perlenhauses Schirm gewohnt,
Ausgerissener Blum' ähnlich,
Welche von Sonnenglut versengt;
Voll Schönheit, Jugend und Hoheit,
Schmuckeswürdige, ungeschmückt;
Dem neuen Mondesstreif ähnlich, (2)
Den schwarz Gewölk am Himmel deckt;
Lieben Liebesgenuß missend,
Und beraubt der Verwandten all;
Die das Leben erträgt elend,
Nur aus Sehnsucht um den Gemahl.
Der Gatte ist dem Weib wahrhaft
Schönstes Kleinod auch kleinodlos,
Diese kann drum im Glanz selber
Getrennt vom Gatten glänzen nicht.
Schweres übt er, ach sehr Schweres!
Daß ohne sie der Nischadher
Einsam das Leben kann tragen,
Seinem Kummer nicht unterliegt.
Diese mit schwarzen Haars Zierde,
Lotosähnlichem großem Aug',
Die Freud'würdige voll Leides
Sehend, härmet sich mein Gemüt.
Wann doch dürfte des Leidstromes
Jenseit'gem Strande diese nahn,
In des Gatten Verein wieder,
Wie Rôhini in Mondsverein? (3)
Wieder erlangend sie würde
Gewiß sich freuen Naischadhas,
König, des Königtums ledig,
Wiederfindend der Erde Thron.
Gleicher Tugend begabt ihrer,
Gleichen Alters und gleichen Stands,
Der Wâidarbhi ist wert Nalas,
Sein ist sie wert mit schwarzem Aug.
Wohl ist des unvergleichbaren
Heldenmütigen Königs Gattin
Tröstung mir Pflicht itzo,
Die den Gatten zu schaun sich sehnt.
Ja ich will ihr mit Trost nahen,
Ihr mit vollmond'gem Angesicht,
Die das Leid nicht gekannt ehemals,
Nun in Leiden und Gram versenkt. —

Als er demnach erkannt hatte
Sie aus Gründen und Zeichen auch,
Vor Damajanti hintretend,
Sprach Sudêwas der Priester dann:
Sudêwas bin ich, Hochedle,
Deines Bruders geliebter Freund;
Auf Bhîma's Wort, des Weltherrschers,
Kam ich zu suchen dich hierher.
Vater und Mutter dein, beide
Sind sie wohl, und die Brüder auch.;
Gesund und wohl auch sind dorten
Deine Kinder in Kundina'.
Die Verwandten doch sind sämtlich
Wie besinnungslos deinethalb;
Suchend wandern umher allwärts
Die Brahmanen zu Hunderten. —

Als Sudêwa'n erkannt hatte
Bhîma's Tochter Waidarbhi nun,
Fragt nach jenen gesamt diese,
Nach den Freunden der Reihe nach.
Es weinte sehr die Fürst-Tochter
Damajanti von Gram erfüllt,
Sehend Sudêwas ganz plötzlich,
Des Bruders Freund, den Trefflichen.
Als die Weinende sah aber,
Die Gramvolle, Sunanda nun,
Wie sich heimlich besprach jene
Mit Sudêwas, dem Priester dort,
Gab der Mutter sie gleich Kunde:
„Es weinet' seht die Künstlerin;
Ein Priester spricht mit ihr, dieser
Muß sie kennen; was meinest du?“ —

Aber des Tschêdifürsts Mutter
Aus des Königs Frau'ngemach
Ging sie hin, wo das Weib eben
Mit dem Brahmanen sich besprach.
Und den Sudêwas anredend,
Sprach die Mutter des Königs:
Wes Gattin ist sie, dies sage,
Wessen Tochter, die Edle?
Wie von Freunden getrennt also,
Schönen Auges, und vom Gemahl?
Wie auch hast du erkannt diese,
O Priester, die Vortreffliche?
Erfahren möcht' ich all dieses
Ganz vollständig von dir anitzt;
Der Fragenden drum gib Kunde
Von ihr, Göttern gleich an Gestalt. —

Der Königsmutter Wort hörend,
Der Brahmane Sudêwas dort,
Sitzend gab er sogleich Kunde
Von Waidarbhi; der Wahrheit nach.


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(1) Manmathas heißt der Herz-Erschütterer, und ist ein Beiname des Liebes­gottes Kâmas; seine Gemahlin heißt Ratis.
(2) Nach der indischen Mythologie sind Sonne und Mond, wenn sie verfinstert sind, von Râhus verschlungen, einem Daityas (Dämon) mit einem Drachen-Schweif, dem Wischnus bei Bereitung des Amritam das Haupt vom Rumpfe getrennt, worauf beide Teile zum Himmel flogen und dort fort leben, weil Râhus, der vom Amritam, dem Wasser der Unsterblichkeit, getrunken hatte, nicht getötet werden konnte.
(3) Rôhini, die vierte Monds-Constellation, und in der Mythologie eine von den Töchtern Dakscha's und Gattinnen des Mondes.