Pushpak Bhagavata Purana Buch 2Zurück WeiterNews

2.5. Brahma belehrt Narada über die Schöpfung

Der himmlische Narada sprach:
Oh Gott der Götter, Großer Vater und Schöpfer aller Geschöpfe, ich verehre dich. Bitte erkläre mir ausführlich alles, was zur Erkenntnis der Höchsten Seele führt. Sage mir wahrhaft, woraus dieses Weltall entsteht, und worin es besteht. Oh Herr, wer hat es geschaffen, wer erhält es, und wer zieht es wieder in sich zurück? Du kennst doch alles, denn du bist der Große Vater von allem, was war, ist und sein wird. So erkennst du dieses ganze Weltall als wäre es eine Myrobalan Frucht (indische Stachelbeere) in deiner Hand. Was ist die Quelle deines Wissens, wer erhält dich, und woher stammt deine Kraft? Wie erschaffst du mit der Schöpfer- bzw. Illusionskraft (Maya) all diese Geschöpfe aus den fünf Elementen? Wie eine Spinne ihr Netz aus sich selbst erzeugt, so erschaffst und erhältst du ohne fremde Hilfe alles, ohne dich daran zu erschöpfen. Oh Großer Vater, ich kenne nichts Großes oder Kleines unter all den groben oder subtilen Geschöpfen mit Namen, Formen und Eigenschaften, was nicht von dir abstammt. Doch angesichts deiner meditativen Konzentration und harten Askese fragen wir uns, ob es noch eine höhere Wahrheit gibt (die du verehrst). Oh allwissender Herr von Allem, ich bitte dich, beantworte mir meine Fragen und löse meine Zweifel. Von dir belehrt möge ich die Wahrheit erkennen.

Und Brahma sprach:
Oh lieber Sohn, du hast gut daran getan, mir deine Zweifel zu enthüllen. Oh Guter, du veranlaßt mich, die Macht des Höchsten Herrn zu verkünden. Es war nicht falsch, daß du mich „Herr“ genannt hast, denn ich verfüge wirklich über all diese Kräfte. Aber du solltest auch das Höchste erkennen, das über mir ist, von dem ich alle Kraft empfange. Wie Sonne, Mond, Sterne und Planeten durch Seine Kraft erstrahlen, so erschaffe ich auch durch Seine Kraft dieses ganze Weltall. Alle Verehrung sei Vasudeva, dem Höchsten Herrn, über den ich meditiere! Durch seine Illusionskraft nennt man mich den Schöpfer der Welt. Nur die unwissenden Wesen, die von dieser Illusion überwältigt werden, richten ihren persönlichen Körper auf und schämen sich nicht, von „Ich“ und „Das ist mein!“ zu sprechen. Weder die fünf Elemente noch die Taten, die Zeit, die Natur oder die individuelle Seele sind von Vasudeva getrennt oder haben ihren eigenen Wert. Die Veden werden von Narayana ausgesprochen, die Götter entstehen als die körperlichen Kräfte von Narayana, die Welten entstehen für Narayana, die Opfer geschehen zur Befriedigung von Narayana, die Yoga-Übung geschieht zur Verwirklichung von Narayana, die Askese zum Erreichen von Narayana, die höchste Erkenntnis zum Erkennen von Narayana, und das höchste Ziel (der Befreiung) ist Narayana.

Geführt vom Geist des Allmächtigen, der die Seele von allem ist, der unvergängliche Seher und Herr, wurde auch ich aus Ihm geboren, um das ganze Weltall mit seiner Illusionskraft zu erschaffen. Oh Heiliger, obwohl der Höchste Herr ohne jegliche Eigenschaften ist, nimmt er durch seine Illusionskraft die drei natürlichen Qualitäten von Güte, Leidenschaft und Trägheit (die drei Gunas von Sattwa, Rajas und Tamas) für die Erhaltung, Schöpfung und Auflösung an. Diese drei natürlichen Qualitäten werden zur Basis der fünf Elemente, des weltlichen Wissens und des karmischen Handelns und binden den Geist durch die Ketten von Ursache und Wirkung handelnder Wesen. So wird der Geist (Purusha), der im Grunde vollkommen frei ist, von der Illusionskraft gebunden.

Oh Brahmane, das ist der Höchste Herr, der Herr von mir und allen anderen Wesen, der durch die Wirkungen der drei natürlichen Qualitäten weder erkannt noch verstanden werden kann. Der Herr der Illusionskraft kann durch seine geistige Freiheit die Vielfalt der Erscheinungen annehmen, indem er Zeit, Karma und Natur benutzt. Unter der Herrschaft des Höchsten Geistes wurde das Gleichgewicht der drei natürlichen Qualitäten durch die Zeit gestört, die universale Intelligenz (Mahat) erwachte durch das angesammelte Karma, und die Vielfalt der Formen entstand durch die Prinzipien der Natur. Die universale Intelligenz erwachte durch die vorherrschende Wirkung von Güte und Leidenschaft (Sattwa und Rajas). Daraus entwickelte sich unter der vorherrschenden Wirkung von Trägheit und Unwissenheit (Tamas) das Ichbewußtsein (Ahankara), und aus dem Ichbewußtsein die fein- und grobstofflichen Elemente mit Substanz, Eigenschaften und den zugehörigen Sinnesorganen. Dabei wandelt sich das Ichbewußtsein entsprechend den drei natürlichen Qualitäten auf folgende drei Arten:

1) Unter dem Einfluß von Trägheit (Tamas) entsteht aus dem Ichbewußtsein zuerst das feinstoffliche Raum-Element, dessen Eigenschaft der Klang ist. Die Eigenschaften bilden die Verbindung zwischen dem Erkennenden und dem Erkennbaren. Dann entsteht aus dem Raum durch Umwandlung das Wind-Element mit der Eigenschaft des Gefühls. Und weil es aus dem Raum entstanden ist, besitzt es ebenfalls die Eigenschaft des Klangs und bewirkt den Lebenswind mit Energie und Kraft. Unter den Bedingungen von Zeit, Karma und Natur verwandelt sich der Wind in das Feuer-Element mit der Eigenschaft der Sichtbarkeit und den vererbten Eigenschaften von Gefühl und Klang. Aus dem Feuer entsteht durch Umwandlung (bzw. Abkühlung) das Wasser-Element mit der Eigenschaft des Geschmacks und den vererbten Eigenschaften von Sichtbarkeit, Gefühl und Klang. Und das Wasser wandelt sich schließlich in das Erd-Element mit der Eigenschaft des Geruchs und den vererbten Eigenschaften von Geschmack, Sichtbarkeit, Gefühl und Klang.

2) Unter dem Einfluß der Güte (Sattwa) entstehen aus dem Ichbewußtsein das Denken (Manas) und die zehn Götter der Himmelsrichtungen mit dem Windgott Vayu, dem Sonnengott Surya, dem Wassergott Varuna, den Aswins und Kumaras, dem Feuergott Agni, dem Götterkönig Indra und seinem jüngeren Bruder Vishnu, Mitra und dem Schöpfergott Brahma.

3) Unter dem Einfluß der Leidenschaft (Rajas) entstehen aus dem Ichbewußtsein die intelligenzbegabte Lebensenergie, die fünf Sinnesorgane für Gehör, Gefühl, Gesicht, Geschmack und Geruch und die fünf Handlungsorgane für das Sprechen, Bewegen, Ergreifen, Fortpflanzen und Verdauen.

Oh Bester Kenner des Brahman, wenn die Elemente, die Sinnesorgane, das Denken und die drei natürlichen Qualitäten nicht miteinander verbunden wären, könnten sie kein körperliches Wesen bilden. Doch durch die Energie des Höchsten Herrn sind sie miteinander verbunden, und dadurch kann dieses ganze Weltall aus Wahrheit und Illusion entstehen. Nachdem das Welten-Ei tausend Jahre (gleich tausend Mahayugas) im subtilen Wasser-Element versunken war, belebte (bzw. gebar) die Seele als Herr des Lebens durch Zeit, Karma und Natur das Welten-Ei wieder. Dann zerteilte sich das Welten-Ei, und der Höchste Geist (Purusha) verkörperte sich mit tausenden Augen, Mündern, Köpfen, Armen und Beinen. Die Weisen wissen, daß sich alle Welten im Körper dieses Höchsten Geistes befinden, nämlich die sieben Unterwelten unterhalb seiner Hüfte und die sieben oberen Welten darüber. Die Brahmanen sind die Münder dieses Höchsten Geistes, die Kshatriyas seine Arme, die Vaisyas seine Schenkel und die Shudras seine Füße. Die Erde (Bhurloka) besteht in seinen Beinen, der Luftraum (Bhuvarloka) im Bereich seines Nabels, der Himmel (Swarloka) in seiner Herzgegend, der Maharloka in seiner Brust, der Janaloka in seinem Hals, der Tapaloka in seinem Mund und der Satyaloka in seinem Kopf, der auch als der ewige Brahmaloka bezeichnet wird. In der Hüfte besteht die Unterwelt Atala, in den Oberschenkeln Vitala, in den Knien Sutala, in den Waden Talatala, in den Knöcheln Mahatala, in den Füßen Rasatala und in den Fußsohlen Patala (die sieben Unterwelten werden in Kapitel 5.24 noch ausführlich beschrieben). Auf diese Weise bestehen alle Welten im Körper des Höchsten Geistes (des Purusha). Man kann auch sagen, seine Beine sind die Erde (Bhurloka), sein Bauch ist der Luftraum (Bhuvarloka), und bis zu seinem Kopf sind die himmlischen Welten (ab Swarloka).


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter