Pushpak Vishnu PuranaZurück WeiterNews

6.3. Die zyklische Auflösung der Welt

Parasara fuhr fort:
Die Auflösung der Welt aller existierenden Geschöpfe ist von dreierlei Art: zyklisch, elementar und vollkommen. Die zyklische bezieht sich auf die Tage und Nächte von Brahma und geschieht am Ende eines Kalpa (Schöpfungstages). Die elementare geschieht nach zwei Parardhas (am Lebensende von Brahma) und die vollkommene ist die Erlösung von den Fesseln der Existenz (Moksha).

Da fragte Maitreya:
Oh bester Lehrer, sage mir, wie sich ein Parardha zusammensetzt, so daß nach zwei Parardhas die elementare Auflösung geschieht.

Und Parasara sprach:
Ein Parardha, oh Maitreya, ist eine 18 stellige Zahl gemäß den Regeln der dezimalen Notation. Nach zwei solchen Perioden geschieht die elementare Auflösung, wenn alle getrennten Erscheinungen der Wesen in ihre homogene Quelle zurückgezogen werden. Die kürzeste Zeitspanne ist ein Matra, das einem Augenzwinkern des menschlichen Auges entspricht. Fünfzehn Matras bilden ein Kashtha, dreißig Kashthas ein Kala und fünfzehn Kalas ein Nadika (24 Minuten). Ein Nadika wird mit einem kupfernen Wasserbehälter aus zwölfeinhalb Palas gemessen. Im Boden ist ein Loch mit einem goldenen Röhrchen, das ein Gewicht von vier Mashas und eine Länge von vier Zoll hat (eine Art Wasseruhr, aber unklar beschrieben). Gemäß dem Magadha-Maß sollte der Behälter ein Prastha (oder sechzehn Palas) Wasser enthalten. Zwei dieser Nadikas sind ein Muhurta und dreißig Muhurtas ein Tag. Dreißig Tage bilden einen Monat, zwölf Monate ein Jahr oder einen Tag der Götter und 360 solcher Tage sind ein Götterjahr. Der Zyklus der vier Zeitalter (ein Mahayuga) besteht aus 12.000 Götterjahren, und eintausend solcher Zyklen vollenden einen Tag von Brahma (einen Schöpfungstag). Diese Periode wird auch ein Kalpa genannt, das aus 14 Manwantaras besteht, in denen jeweils ein Manu herrscht. Und am Ende dieses Kalpas beginnt die zyklische Auflösung oder auch Brahma Nacht. Das Wesen dieser Auflösung ist sehr furchterregend. Höre mich, wie ich erst die zyklische Auflösung beschreibe und danach die elementare.

Am Ende von eintausend Zyklen der vier Zeitalter ist die Erde in jeder Weise erschöpft. Es folgt ein umfassender Mangel, der hundert Jahre dauert, und durch große Hungersnot werden alle Wesen schwach, sterben und gehen schließlich völlig zugrunde. Der ewige Vishnu nimmt den Charakter von Rudra, dem Zerstörer an, und steigt herab, um alle seine Wesen wieder mit sich selbst zu vereinigen. Er tritt in die sieben Strahlen der Sonne ein, trinkt damit alles Wasser der Erde und läßt jegliche Feuchtigkeit in lebenden Körpern oder im Boden verschwinden, so daß die ganze Erde völlig austrocknet. Meere, Flüsse, Bergströme und Quellen werden versiegen und so auch alles Wasser des Patala unter der Erde. So gestärkt durch diese Nahrung in Form von Feuchtigkeit wachsen die sieben Sonnenstrahlen zu sieben Sonnen, deren Strahlen nach allen Seiten erglühen und die drei Welten mit der Unterwelt verbrennen. Nachdem die drei Welten durch diese Sonnen verbrannt sind, wird alles öde. Berge, Flüsse, Meere und jegliche Vegetation verschwinden, und nur die nackte Erde bleibt zurück und gleicht dem Rücken einer Schildkröte. Danach wird Hari in Form von Rudra, dem Zerstörer aller Geschöpfe, der die Flamme der Zeit ist, zum feurigen Atem der Schlange Sesha und verbrennt ganz Patala zu Asche. Und wenn das große Feuer alle Bereiche der Unterwelt verbrannt hat, erfaßt es auch die Erde und verbrennt diese. Ein riesiges Meer an wirbelnden Flammen breitet sich dann im Luftraum bis zu den Bereichen der Götter aus und bringt ihnen den Untergang. Die drei Bereiche erscheinen wie eine Pfanne in einem riesigen Feuer, und die lodernden Flammen jagen alle belebten und unbelebten Geschöpfe. Die Bewohner der beiden oberen Bereiche, die ihre Aufgabe erfüllt haben und nun durch die Hitze vertrieben werden, ziehen sich in den darüber liegenden Bereich zurück, den Maharloka. Wenn auch dieser erhitzt wird, streben seine Bewohner, die dort den vollen Zyklus gelebt haben, in die noch höheren Bereiche und gehen zum Janaloka. Nachdem Vishnu in Form von Rudra die ganze Welt verbrannt hat, atmet er schwere Wolken aus. Jene, die Samvartta genannt wird, gleicht einer großen Schar von riesigen Elefanten und bedeckt donnernd und blitzend den ganzen Himmel. Andere sind so dunkel wie der blaue Lotus, einige so weiß wie die Wasserlilie, so dunkel wie Rauch, ganz gelb, so grau wie ein Esel, wie auf die Stirn geriebene Asche, so tiefblau wie Lapislazuli, so Azurblau wie der Saphir, so weiß wie eine Muschel oder Jasmin, so schwarz wie Kollyrium, so hellrot wie der Marienkäfer, so grell wie rotes Arsen oder so bunt wie die Flügel des Eichelhähers. Solcherart sind diese riesigen Wolken in ihren Farben. In ihrer Form gleichen einige großen Städten, andere mächtigen Bergen, Häusern, Hütten oder Säulen. Sie sind unvorstellbar riesig in ihrer Größe, unerträglich laut im Donnern und erfüllen den ganzen Raum. Unter ihren reißenden Wasserströmen löschen diese Wolken das schreckliche Feuer, das die drei Welten erfüllt hat. Sie regnen ununterbrochen für hundert Jahre und überfluten die ganze Welt. Ihre Tropfen sind so groß wie Würfel, und der Regen überdeckt die Erde, füllt den Luftraum und überschwemmt den Himmel. Nun ist die Welt in Dunkelheit gehüllt, und alle belebten und unbelebten Geschöpfe sind untergegangen. So regnen die Wolken und ergießen ihr Wasser für mehr als hundert Jahre.


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