Parasara fuhr fort:
Auf diese Weise vernichtete Krishna mithilfe von Balarama viele Dämonen und ungerechte Monarchen zum Wohle der Erde. Und auch zusammen mit Arjuna erleichterte er die Last der Erde durch den Tod unzähliger Heerscharen (während der Schlacht auf Kurukshetra). Nachdem er solcherart die Last der Erde gelindert hatte und viele ungerechte Wesen ihren Tod fanden, vernichtete er mit dem Vorwand eines brahmanischen Fluchs auch seinen eigenen Yadava Stamm. Danach verließ der Selbstgeborene Dwaraka, gab seine sterbliche Hülle auf und verschmolz wieder mit all seinen Erscheinungen in seiner ureigenen Sphäre von Vishnu.
Da bat Maitreya:
Oh erzähle mir doch bitte, wie Krishna den Untergang seines eigenen Stammes unter dem Vorwand eines brahmanischen Fluchs bewirkte und wie er seinen sterblichen Körper ablegte.
Parasara sprach:
Einst erblickten einige Jungen aus dem Yadu Stamm am heiligen Ort Pindaraka die Weisen Vishvamitra, Kanwa und Narada. Von ihrer übermütigen Jugend verführt und getrieben vom Schicksal kleideten und schmückten sie Samba, den Sohn von Krishna und Jambavati, wie eine junge Dame und gingen gemeinsam zu den Weisen. Sie näherten sich mit den üblichen Worten der Verehrung und fragten dann:
Was für ein Kind wird diese junge Frau, die Gattin von Babhru, die sich gern einen Sohn wünscht, zur Welt bringen?
Die Weisen, die mit der himmlischen Sicht begabt waren, wurden sehr zornig, als sie sich von den Jungen so aufgezogen fanden und sprachen: „Sie wird eine Keule zur Welt bringen, die den ganzen Yadava Stamm zerschlagen soll!“ Nachdem die Jungen solcherart von den Weisen angesprochen wurden, gingen sie zu Ugrasena und berichteten alles, was geschehen war. Und wie vorausgesagt, erschien aus dem Bauch von Samba eine Keule. Ugrasena nahm diese eiserne Keule, zerschlug sie in kleinste Teile und warf diese ins Meer, wo die Teilchen an den Ufern zu Schilf wurden. Es gab jedoch einen Teil der Eisenkeule, die der Spitze eines Pfeiles glich und von den Andhakas nicht zerbrochen werden konnte. Auch diese wurde ins Meer geworfen, aber von einem Fisch verschluckt. Der Fisch wurde gefangen, die Eisenspitze aus seinem Bauch gezogen und von einem Jäger namens Jara als Pfeilspitze verwendet. Der allwissende und ruhmreiche Madhu Vernichter wußte, daß es nicht sinnvoll ist, dem entgegenzuwirken, was vom Schicksal bestimmt wurde. Und bald erschien ein himmlischer Bote vor Krishna und sprach voller Verehrung unter vier Augen zu ihm:
Oh Herr, ich wurde von den Göttern zu dir gesandt. So höre, was dir Indra zusammen mit den Viswadevas, Maruts, Adityas, Sadhyas und Rudras respektvoll sagen möchte: Mehr als hundert Jahre sind nun vergangen, nachdem du zum Segen der Götter auf die Erde herabgekommen bist, um ihre Last zu erleichtern. Die mächtigen Dämonen sind geschlagen und die Erde von ihrer Last befreit. So laß nun die Unsterblichen im Himmel wieder das Angesicht ihres Herrn schauen. Über ein Jahrhundert ist vergangen. Wenn es dir beliebt, so kehre nun zum Himmel zurück. Das ist der Wunsch der Himmlischen. Doch wenn es nicht dein Wille ist, dann bleibe hier, so lange es zum Wohle der irdischen Bewohner gereicht.
Darauf antwortete Krishna:
All dem, was du angesprochen hast, bin ich mir wohlbewußt. Der Untergang des Yadavas durch mich hat bereits begonnen. Solange die Yadavas noch auf der Erde sind, ist ihre Last noch nicht gelindert. Dies werde ich noch bewirken, solange ich hier bin. Schon bald, in sieben Nächten, wird es geschehen. Wenn ich die Yadavas vernichtet und das Land von Dwaraka dem Ozean wiedergegeben habe, werde ich in die Paläste der Unsterblichen zurückkehren. Sage den Göttern, daß ich diesen menschlichen Körper bald aufgebe und zusammen mit Balarama zu ihnen komme. Die großen Tyrannen wie Jarasandha und andere, welche die Erde so sehr gequält haben, sind getötet. Doch ein (unbesiegbarer) Stamm wie die Yadavas ist ebenso eine Belastung. Deshalb werde ich auch diese große Last von der Erde nehmen und danach zurückkehren, um den Bereich der Himmlischen zu beschützen. Das sprich zu ihnen.
Als der Götterbote diese Antwort erhalten hatte, verneigte er sich und erhob sich auf himmlischem Wege zum König der Götter. Danach erblickte der mächtige Krishna Tag und Nacht überall auf Erden und im Himmel Zeichen und Omen für den Untergang von Dwaraka. Angesichts dieser sprach er zu den führenden Yadavas:
Schaut diese fürchterlichen Phänomene! Last uns zum heiligen Ort Prabhasa (am Ufer des Meeres) eilen, um diese bösen Omen abzuwenden!
Kurz darauf verneigte sich der berühmte Uddhava vor Krishna und sprach zu ihm:
Sage mir, oh Herr, was zu tun jetzt richtig ist. Es scheint mir, daß du diesen ganzen Stamm auslöschen wirst. Die Omen, die sich zeigen, verkünden nichts Geringeres als die Vernichtung unseres Geschlechts.
Darauf antwortete ihm Krishna:
Erhebe dich durch meine Gunst auf himmlischem Wege zum heiligen Ort Badarikasrama in den Gandhamadana Bergen. Dort findest du die Einsiedelei von Nara und Narayana. Von ihnen gesegnet mögest du an diesem Ort über mich meditieren und durch meine Gnade Vollkommenheit erreichen. Nachdem der Yadava Stamm untergegangen ist, werde ich zum Himmel aufsteigen, und habe ich Dwaraka erst verlassen, wird der Ozean die Stadt überschwemmen.
So belehrt von Kesava, verneigte sich Uddhava, nahm seinen Abschied und ging zur heiligen Stätte von Nara und Narayana. Dann bestiegen die Yadavas ihre schnellen Wagen und fuhren nach Prabhasa zusammen mit Krishna, Balarama und ihren anderen Führern. Dort badeten sie und angeregt von Vasudeva gaben sich die Kukuras und Andhakas berauschenden Getränke hin. Und wie sie tranken, wurde durch Streiterei die zerstörende Flamme der Uneinigkeit unter ihnen entzündet und mit dem Brennstoff der Beleidigung gefüttert. Bald fielen sie nach göttlichem Beschluß mit ihren Waffen rasend übereinander her. Und als diese verbraucht waren, ergriffen sie das Schilf in ihrer Nähe, das in ihren Händen zu Donnerblitzen wurde, die ihnen gegenseitig den Todesstoß gaben. So töteten sich Pradyumna, Samba, Kritavarman, Satyaki, Aniruddha, Prithu, Viprithu, Charuvarman, Charuka, Akrura und viele andere gegenseitig mit den Schilfhalmen, welche die Härte des Donnerkeils angenommen hatten. Krishna versuchte zwar zu schlichten, aber alle dachten, daß er auf der Seite ihrer jeweiligen Gegner sei, und so nahm der Streit seinen Lauf. Daraufhin ergriff Krishna zornig eine Handvoll Schilf, um es zu zerstören, aber das Schilf wurde zu einer Eisenkeule, mit der er viele der mordenden Yadavas erschlug, während sich die anderen im wilden Kampf gegenseitig ein Ende setzten. Der Kampfwagen vom Träger des Diskus namens Jaitra wurde von den schnellen Rossen davongezogen und versank vor den Augen von Daruka, dem Wagenlenker, im Meer. Diskus, Keule, Bogen, Köcher, Muschelhorn und das Schwert von Krishna umrundeten respektvoll ihren Herrn und flogen danach auf dem Weg der Sonne davon. In kürzester Zeit gab es keine lebendigen Yadavas mehr, außer Krishna und Daruka. Sie gingen zu Balarama, der an der Wurzel eines großen Baumes saß, und sahen, wie eine große Schlange seinen Körper durch den Mund verließ und zum Ozean zog, gelobt von den Heiligen und anderen mächtigen Schlangengöttern. Der Ozean empfing ihn ehrfürchtig mit Willkommensgaben, und dann trat das majestätische Wesen, verehrt von allen Schlangen, in die Tiefen des Wassers ein. Als der Geist auf diese Weise Balarama verlassen hatte, sprach Krishna zu Daruka:
All das sollte Vasudeva und Ugrasena berichtet werden. Geh und informiere sie über das Ableben von Balarama und den Untergang der mächtigen Yadavas. Sag ihnen auch, daß ich mich in Meditation begeben und diesen Körper verlassen werde. Informiere Ugrasena und alle Bewohner von Dwaraka, daß das Meer die Stadt überschwemmen wird. Dann erwarte die Ankunft von Arjuna, und wenn er Dwaraka verläßt, dann bleibe nicht länger dort, sondern folge dem Nachkommen des Kuru, wohin auch immer er gehen mag. Sage dem Sohn der Kunti, daß es meine Bitte ist, meiner ganzen Familie Schutz zu gewähren, so gut er kann. Dann verlasse mit Arjuna und allen Bewohnern die Stadt Dwaraka, und laß Vajra zum König des Yadu Stammes weihen.
Nachdem Daruka solcherart beauftragt wurde, verneigte sich dieser demütig wieder und wieder vor Krishna, umrundete ihn respektvoll und ging davon, wie es Krishna geboten hatte. Und nachdem er Arjuna nach Dwaraka geführt hatte, sorgte der kluge Diener von Krishna dafür, daß Vajra als König geweiht wurde. Der göttliche Govinda vereinte in sich den Höchsten Geist, der eins mit der Gottheit und allen Wesen ist. So respektierte der ruhmreiche Krishna die Worte der Brahmanen und damit auch den Fluch von Durvasa, und setzte sich in Meditation nieder, wobei sein Fuß auf dem Knie ruhte. Kurz darauf erschien der Jäger namens Jara („Altwerden“), dessen Pfeil mit einer Spitze aus jenem Stück der Eisenkeule gemacht war, das nicht zerkleinert werden konnte. Von weitem erblickte er den Fuß von Krishna und hielt ihn für den Teil eines Hirsches. So schoß er seinen Pfeil direkt in die Fußsohle. Erst als er näher kam, erblickte er den vierarmigen Herrscher, fiel ihm sogleich zu Füßen und flehte immer wieder um Vergebung. Er beteuerte:
Ich habe diese Tat unwissentlich getan, weil ich dachte, auf einen Hirsch zu zielen. Hab Mitgefühl mit mir, der ich von diesem Verbrechen verbrannt werde. Denn du bist wahrlich fähig, mich zu verbrennen.
Doch Bhagavat antwortete:
Fürchte dich nicht, oh Jäger! Steige durch meine Gunst zum Himmel auf, zur Wohnstätte der Götter!
Sobald er dies gesprochen hatte, erschien ein himmlischer Wagen, der Jäger bestieg ihn und fuhr unverzüglich zum Himmel auf. Dann vereinte sich der ruhmreiche Krishna mit seinem reinen, unerschöpflichen, unvorstellbaren, ungeborenen, unvergänglichen, alldurchdringenden und universalen Geist, der eins mit der Gottheit ist, und verließ diesen sterblichen Körper, der den drei natürlichen Qualitäten unterliegt.