Pushpak Vishnu PuranaZurück WeiterNews

2.16. Das Ende der Geschichte

Parasara sprach:
Nach weiteren tausend Jahren ging Ribhu erneut zur Stadt, wo Nidagha wohnte, um ihn weiter in der Wahrheit zu belehren. Als er in die Nähe der Stadt kam, sah er, wie gerade der König mit seinem herrschaftlichen Gefolge in die Stadt eintritt. Sein Schüler Nidagha stand abseits der Menge und konnte nicht weiter. Er trug viel Brennholz und heiliges Gras in seinen Händen, und seine Kehle war durch Hunger und Durst schon ganz ausgetrocknet. Ribhu näherte sich, grüßte ihn ehrfürchtig (wie ein Fremder) und fragte nach dem Grund, warum er hier wartete.

Und Nidagha antwortete:
Dort hat sich eine große Menge Volk versammelt, die den Einzug des Königs in die Stadt bewundert. Ich warte hier, bis die Menge den Weg freigibt.

Darauf fragte Ribhu:
Oh bester Brahmane, du scheinst dich hier gut auszukennen. Sage mir doch, wer der König ist und wer die anderen sind?

Und Nidagha antwortete:
Der dort auf dem wilden mächtigen Elefanten sitzt, der so groß wie ein Berg erscheint, das ist der König. Die anderen sind seine Begleiter.

Darauf erwiderte Ribhu:
Du hast sogleich auf Elefant und König gezeigt, ohne mir zu erklären, worin sie sich unterscheiden. Sage mir, oh ehrwürdiger Herr, welchen Unterschied es zwischen ihnen gibt, denn ich möchte gern wissen, wer hier der Elefant und wer der König ist.

Da antwortete Nidagha:
Der Elefant ist unten und der König sitzt obendrauf. Oh Zweifachgeborener, kannst du nicht den Unterschied erkennen zwischen dem, der getragen wird, und dem, der trägt?

Darauf erwiderte Ribhu:
Oh bitte erkläre mir diese Sache so, daß ich es verstehen kann. Was genau meinst du mit den Worten „unten“ und „oben“?

Auf diese Frage hin, sprang Nidagha behende auf die Schultern des Fremden und rief:
Hier meine Antwort auf deine Frage: Ich bin oben wie der König, und du bist unten wie der Elefant. Dieses Beispiel, oh Brahmane, sei zu deiner Belehrung!

Und Ribhu antwortete:
Sehr gut! Es scheint, du bist wie der König und ich wie der Elefant. Doch sage mir, bist du wirklich König und ich Elefant? Wer von uns beiden ist „du“ und wer ist „ich“?

Als Nidagha diese Frage hörte, fiel er sofort zu den Füßen des Fremden nieder und sprach:
Zweifellos bist du mein heiliger Lehrer Ribhu. Kein anderer Geist ist so vollkommen von der Lehre der Einheit erfüllt wie der meines Lehrers. Daran erkenne ich, daß du es bist.

Darauf antwortete Ribhu:
Wohl, kenne mich als deinen Lehrer Ribhu. Zufrieden mit der pflichtbewußten Verehrung, die er empfangen hatte, besucht er Nidagha, um ihm Belehrung zu geben. Dafür habe ich dir in einem Beispiel die Wahrheit angedeutet, das Wesen der Nichtdualität (bzw. Einheit) aller Erscheinungen.

So sprach der Brahmane Ribhu zu Nidagha und verschwand vor den Augen seines Schülers, der durch diese Belehrung vom Vertrauen in die Einheit tief beeindruckt wurde. Von da an sah er alle Wesen wie sich selbst, und vollendet in der Selbsterkenntnis erreichte er bald das Höchste im Leben, die Befreiung.

Deshalb betrachte auch du, oh König, der die Aufgabe im Leben (das Dharma) kennt, mit dem Auge der Einheit sowohl Freund als auch Feind und dich selbst als eins mit allen Wesen. Wie der gleiche Himmel mal weiß und mal blau erscheint, so erscheint die Seele, die in Wahrheit ein Ganzes ist, dem verblendeten Auge als getrennte Personen. Dieses Eine, das so vielfältig erscheint, ist Achyuta (Vishnu), der keinen zweiten kennt. Er ist ich, Er ist du, und Er ist alles. Dieses ganze Universum ist seine Form. So gib diese Illusion der Unterscheidung auf!

Parasara fuhr fort:
Als der König auf diese Weise belehrt wurde, öffnete sich sein inneres Auge der Wahrheit, und er gab die Vorstellung von getrennten Personen auf. Und der Brahmane (Bharata), der durch die Erinnerung an seine bisherigen Leben vollkommene Erkenntnis erreicht hatte, wurde vom Zwang zu weiteren Geburten befreit. - Wer auch immer diesen Dialog zwischen Bharata und dem König hingebungsvoll erzählt oder hört, erleuchtet seinen Geist und zerstreut die Verblendung der Ichhaftigkeit. So geht er den Weg zur höchsten Befreiung und erreicht die Einheit des Brahman.

Hier endet mit dem 16.Kapitel das 2.Buch über die Geographie und Kosmologie der Welt im gesegneten Vishnu Purana.


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