Pushpak Shiva-Purana Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 31 - Shivas Zauber

Brahma erzählte weiter:
Als nun die Götter diese tiefe, unverbrüchliche und große Hingabe bei Himavat und Menaka bemerkten, da machten sie sich große Sorgen und überlegten:
Wenn der König der Berge mit dieser einzigartigen Hingabe dem Shiva seine Tochter übergibt, dann wird er unverzüglich Erlösung erlangen und den Erdenkreis verlassen. Doch der Berg ist ein Schatz an Juwelen, und wenn er von der Erde verschwindet, dann wird sein Name Ratnagarbha, Schätze im Leib, schlichtweg umsonst sein. Er wird seinen beständigen Aspekt, das Feste und Unbewegliche, abwerfen und eine himmlische Gestalt annehmen. Erst gibt er seine Tochter Shiva, und dann wird er in Shivas Sphäre eingehen und ganz sicherlich mit dem Göttlichen verschmelzen. Die Zeit der irdischen Freuden ist dann vorüber, denn er wird himmlische Erlösung erfahren.

Dies dachten die Götter, berieten sich und wandten sich in ihrer Sorge an Vrihaspati. Indra und die anderen Götter verbeugten sich vor dem Weisen, und erzählten ihm alles, was sie bewegte:
Oh verehrter Lehrer, bitte geh in unserem Auftrag zum Himavat und mach ihm gegenüber abfällige Bemerkungen über Shiva, den Parvati ganz bestimmt heiraten wird. Denn wenn er seine Tochter dem Shiva nicht in vollkommener geistiger Sammlung übergibt, dann wird er den Verdienst dafür erst später erlangen. Laß den Berg noch auf der Erde bleiben, denn er ist die Stütze für so viele Juwelen aller Art.

Als der großmütige Vrihaspati diesen Vorschlag hörte, hielt er sich sogleich mit beiden Händen die Ohren zu. Im Innern dachte er „Shiva“, und sprach dann abwehrend und tadelnd zu den Göttern:
Man könnte meinen, ihr Götter seid von selbstsüchtiger Natur, wenn ihr immer eure eigenen Interessen verfolgt. Ich werde sicher in die Hölle eingehen, wenn ich schlecht über Shiva spreche. Ihr solltet selber zum König der Berge gehen und ihn drängen. Gibt er seine Tochter mit tiefer Hingabe, wird er sogleich erlöst. Gibt er sie mit halbem Herzen, wird er auf der Erde bleiben. Ihr könnt auch die sieben Rishis schicken, oder ihr geht zu Brahma und bittet ihn, euch zu helfen.

Brahma fuhr fort:
Als die Götter diese Antwort vernahmen, beschlossen sie, zu mir zu kommen. Sie verbeugten sich vor mir und erzählten mir alles. Doch abwehrend gab ich ihnen zur Antwort:
Liebe Kinder, ich kann Shiva nicht erniedrigen. Das ist unerträglich und vernichtet jedes Wohlbefinden. Es ist der Samen für Feindschaft. Geht ihr zum Kailash, liebe Götter, und bittet Shiva selbst darum, zum Himavat zu gehen und schlecht über sich zu reden. Wer über andere übel spricht, wird vernichtet. Doch wer sich selbst klein macht, der gewinnt sich Ruhm.

Freudig dankten die Götter und machten sich auf den Weg zu Shiva. Sie ehrten und grüßten und lobten ihn:
Oh großer Herr, Herr der Götter, oh Shiva, sei uns gnädig, denn wir bitten um deine Hilfe. Verehrung sei dir. Oh Herr, du bist immer deinen Verehrern geneigt und hilfst ihnen bei ihren Aufgaben. Du erhebst die Geplagten, du Ozean an Mitgefühl. Rette uns von Elend und Not.

So baten und priesen die Götter und erzählten ihm dann respektvoll die Details. Shiva stimmte ihrem Vorschlag schmunzelnd zu und entließ die Götter. Diese kehrten in ihre Bereiche zurück, freuten sich und lobten Sadashiva. Und so begab sich Shiva erneut zu Himavat, dieser Herr der Magie und des stillen Geistes.

Der König der Berge saß eben in seiner königlichen Halle mit seiner Familie und dem Gefolge. Da kam Shiva als heiliger Brahmane, mit Schirm und Stab, prächtigen Kleidern und einem leuchten Zeichen auf der Stirn. Mit großer Hingabe klang der Name Vishnus von seinen Lippen, er hatte eine Gebetskette aus Kristallperlen in der Hand und trug den Salagrama Stein um den Hals. Als Himavat den besonderen Gast erblickte, erhob er sich und verbeugte sich vor ihm in Demut. Parvati erkannte ihren Geliebten, verbeugte sich im Geiste vor ihm und pries ihn freudig im Stillen. Und auch Shiva segnete alle Anwesenden mit Freude, und bekräftigte den schon verliehenen Segen für Parvati. Dann empfing er dankend das Gastgeschenk von Himavat und alle Ehren der Anwesenden. Himavat erkundigte sich höflich nach dem Befinden des heiligen Gastes und fragte ihn dann auch, wer er sei.

Und der Brahmane antwortete ihm unverzüglich:
Oh bester Berg, ich bin ein großer Verehrer Vishnus und ein trefflicher Gelehrter. Als Heiratsvermittler wandere ich über die Erde, wohin es mir beliebt. Weit bin ich schon gekommen. Die Gnade meines Lehrers hat mich allwissend gemacht, doch von Natur aus bin ich einfachen Geistes, immer hilfreich und freundlich und allseits bereit, Fehler zu beseitigen oder wieder gut zu machen. Ich kam, weil ich erkannte, daß du deine Tochter, so zart wie eine Lotusblüte, von himmlisch schöner Gestalt und mit allen guten Zeichen gesegnet, Shiva übergeben möchtest. Gerade Shiva, der doch weder angenehme Gefährten noch ein freundliches Heim hat, der ohne Eigenschaften ist, sich gern auf Verbrennungsplätzen herumtreibt und wie ein Schlangenfänger aussieht. Er ist ein nackter Yogi mit krummen Gliedern und trägt Schlangen anstelle von schönen Ornamenten. Weder kennt man seinen wahren Namen noch seine Abstammung. Sein Betragen kann reichlich unangenehm sein, die Tat meidet er, sein Körper ist mit Asche beschmiert, und er kann äußerst zornig werden. Er unterscheidet nichts, sein Alter ist unbekannt und sein wirres Haar nicht schön anzusehen. Er hilft allen Herumtreibern, gleicht eher einem Bettler und liebt es, unheimliche Pfade zu gehen, die den Veden nicht unbedingt entsprechen. Oh König der Berge, deine Absicht ist nicht wirklich glücksverheißend. So nimm lieber Vernunft an, du Weiser aus Narayanas Familie. Shiva ist kein würdiger Bräutigam für Parvati, und das Volk wird höhnisch lachen. Nun, Herr der Berge, überleg es dir noch einmal. Er hat keinerlei Familie und nicht ein bißchen Reichtum, und du bist so ein großer Schatz an Juwelen und Edlem. Beratschlage dich mit jedem in deiner Familie, außer mit Parvati. Denn oft schmeckt dem Patienten die heilsame Medizin nicht, während er sich nach den falschen Mitteln verzehrt.

Nach diesen Worten brach der Brahmane wieder auf, und kehrte mit Freude in sein Heim zurück. Ja, Shiva läßt sein himmlisches Wirken oft auf unauffällige und einfache Art geschehen.


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