Brahma sprach:
Und vor ihnen erschien Durga, die Göttin, die unerträgliches Leiden abwenden kann. Sie saß auf einem glitzernden Wagen, der mit himmlischen Juwelen übersät war. Ein weiches Kissen war über ihren Sitz gebreitet, und überall schimmerten und klingelten die schönsten Ornamente. Sie selbst übertraf an Glanz das Leuchten von Millionen Sonnen, so daß sie ein heller Strahlenkranz umgab. Die vollkommene Harmonie! Sie war die wunderschöne Gattin Sadashivas, eine unerreichbare Erscheinung. In ihr leben die drei natürlichen Qualitäten, und gleichzeitig ist sie jenseits aller Qualitäten. Sie ist die Mutter von Vishnu, Brahma und Rudra, immer im Reich Shivas anwesend, die Retterin ihrer Verehrer und die Mutter des großen Schlafes (Mahanidra). Die Götter sahen sie wie durch eine Wand von Licht scheinen, und sie priesen sie erneut. Sie freuten sich, die Mutter zu schauen, und verbeugten sich wieder und wieder vor ihr.
Die Götter riefen:
Oh große Göttin, Mutter des Universums, wie neigen uns vor dir, du Erlöserin von jedem Elend. Weder die Veden noch die heiligen Texte erkennen dich vollkommen. Deine Größe können Worte nicht fassen, Gedanken nicht ausdrücken, und nicht einmal die Meditation kann dich ergründen. Die Veden erwähnen dich zwar, doch ängstlich zitternd verneinen sie nur, was du nicht bist. Wer könnte dich also beschreiben? Nur deine hingebungsvollen Verehrer erkennen dich, wenn du ihnen deine Gunst schenkst. Für jene, die in dir Zuflucht suchen, gibt es keinen Grund mehr für Furcht. Oh große Göttin, sei so gnädig und schenke unserer Bitte Gehör, die wir nun vorbringen werden. Einst wurdest du als Tochter Dakshas geboren und mit Shiva vermählt. Dadurch hast du viele von großem Elend erlöst. Doch da dein Vater dich mißachtete, warfst du deinen Körper ab, wie es deinem Eid entsprach. Du flohst in dein eigenes Reich, und so zog sich auch Shiva bekümmert zurück. Oh große Göttin, die Absicht der Götter wurde noch nicht vollständig erreicht. Die Weisen sind unruhig. Und deshalb suchen wir deine Hilfe. Bitte erfülle unseren Wunsch, und laß auch die Worte Sanakas in Erfüllung gehen. Nimm noch einmal einen Körper an und vermähle dich erneut mit Shiva. Wirke auf deine Weise und mach die Götter froh. Möge auch Rudra, der Bewohner des Kailash, wieder erscheinen und damit alle Sorge enden.
Mit liebender Hingabe warteten die Götter schweigend und demütig auf eine Antwort. Die Göttin freute sich über die Hingabe der Götter, und mitfühlend und an Shiva denkend sprach sie lächelnd zu den Wartenden:
Oh Vishnu und Brahma, ihr Götter und Weisen, hört meine Worte und befreit euch von Sorge und Kummer. Ich bin zweifellos entzückt. Wenn ich handle, dann führt das zu Wohlstand in allen Welten. Was Daksha verwirrte, und alles was geschah, war nur mein Werk. Ich werde mich auf Erden inkarnieren, seid gewiß. Dafür gibt es mehrere Gründe, die ich euch aus Hingabe erkläre: Einst dienten mir Mena und Himavat mit viel Liebe und Respekt wie Eltern, als ich noch als Sati lebte. Und immer noch ehren sie mich ohn Unterlaß, daher werde ich ihre Tochter sein. Nicht nur ihr Götter, sondern auch Shiva wünscht meine Inkarnation im Heim von Himavat. So wird es also geschehen und das Leiden ein Ende haben. So kehrt nun alle in eure Bereiche zurück und seid unbeschwert. Mit meiner Geburt werde ich Menaka mit größtem Glück segnen. Dann wünsche ich wieder die Gattin von Shiva zu sein, denn dieser Wunsch ist mein tiefstes Geheimnis. Shivas himmlisches Wirken ist voller Wunder und täuscht sogar die Weisen. Seit ich meinen Körper am Opferaltar ablegte, weil mein Vater Daksha Shiva nicht achtete, quälen meinen Herrn Rudra die Gedanken an mich. Er sah meinen Zorn am Altar meines Vaters. Und weil die tugendhafte Dame aus Liebe zu ihm ihren Körper aufgab, wurde er zum asketischen Yogi ohne ein häusliches Leben. Er ist sich der Trennung von mir wohl bewußt und entsagte seiner irdischen Gestaltung. Er wurde bekümmert, legte seltsame Asketenkleidung an und verzichtete auf alle weltlichen Freuden der Liebe.
Doch hört noch mehr über das himmlisches Wirken des höchsten Herrn Shiva, welches die Welten beschützt. Die Schmerzen der Trennung ließen ihn sogar eine Girlande aus meinen Knochen tragen. Und obwohl er die einzig strahlende Gottheit ist, fand er nirgends mehr Frieden. Wie eine hilflose Kreatur, nicht wie ein Gott, wanderte er herum und weinte laut und konnte nicht zwischen heilsam und unheilsam unterscheiden. Ja, Lord Shiva verhielt sich so, um das Verhalten eines Liebenden zu zeigen, der verlassen wurde. Sogar schimpfen hörte man ihn, wie einen verzweifelten Mann. Doch in Wirklichkeit kennt der höchste Herr weder Verwirrung noch Leid und verweilt immerzu unbesiegt im Frieden. Mein Meister Shiva ist vollkommen, der Herr von allem und der Beherrscher aller Illusionen. Ihn kann keine Täuschung trüben, denn ihn überwältigen weder Illusion noch Sinnlichkeit oder irgendein anderes Gefühl.
Nun, ihr Götter, Lord Rudra wünscht, daß wir uns wieder vereinen. Und daher inkarniere ich als Tochter von Mena und Himavat. Um ihn zu besänftigen, folge ich dem Lauf der Welt. Als seine Anhängerin werde ich strenge Askese üben, seine Gemahlin werden und meinen Teil zum Wirken der Götter beitragen. Daran gibt es keinen Zweifel, denn dies ist die Wahrheit, ihr Götter. So kehrt nun heim und ehrt Shiva. Durch seine Gunst werden eure Leiden verlöschen, und ihr werdet Heilsames vollbringen. Und als seine Gattin wird mich die Welt ehren und achten.
Brahma fuhr fort:
Und als die Götter noch verzückt schauten, da verschwand die große Mutter wieder vor ihren Augen. Alle beugten sich noch einmal vor der Entschwundenen und kehrten in ihre Reiche zurück. Nun Narada, habe ich dir von der Göttin Durga erzählt. Dies ist für Menschen immer angenehm und verleiht weltliche Freuden und Erlösung. Wer diese Geschichte konzentriert hört, liest oder rezitiert, wird all seine Wünsche erfüllt bekommen.