Pushpak Shiva-Purana Buch 4Zurück WeiterNews

Kapitel 35 - Vishnus Belehrung

Daksha sprach:
Oh Hari, Vishnu, Herr der Götter, Freund der Geplagten, du Schatz an Gnade, du mußt mich und das Opfer beschützen. Du bist der Beschützer des Opfers, du bist identisch mit den Handlungen im Opfer, du führst das Opfer aus, und deshalb, oh Herr, sei gnädig und beschütze das Opfer.

Und völlig verängstigt fiel Daksha zu Füßen von Vishnu nieder. Vishnu richtete den Bebenden wieder auf, erinnerte sich an seinen Herrn Shiva und dessen Essenz, und sprach folgende Worte zu Daksha:
Höre Daksha, ich werde dir alles Wahre sagen. Höre auf meine Worte, die so heilsam sind wie Mantras, segnend und tröstend. Du hast das große Selbst nicht erkannt, den Herrn von allem, und so hast du Shiva beleidigt. Indem du ihn gekränkt hast, wurde nicht nur jede deiner Taten fruchtlos, nein, sie kehrten sich sogar ins Gegenteil. Armut, Tod und Verzweiflung sind der Lohn für einen, der die Würdigen nicht verehrt und die Unwürdigen auf einen Thron hebt. Daher sollte Shiva mit dem Bullen im Banner immerzu und mit aller Kraft respektiert und verehrt werden. Uns alle befiel großes Grauen, denn Lord Shiva wurde hier entehrt. Obwohl wir alle Macht haben, sind wir wegen deiner Übeltaten doch nicht in der Lage, irgendetwas zu verrichten. Das ist die Wahrheit.

Da begann Daksha nachdenklich zu werden. Er saß still auf dem Boden, und aus seinem Gesicht war alle Farbe gewichen. Zu dieser Zeit kam Virabhadra mit seinen Armeen am Opferplatz an. Von allen Seiten und aus dem Himmel strömten die Heerscharen herbei, brüllten laut und hatten allein Shivas Gebot im Sinn. Bei dem Lärm hallten die drei Welten wider, und alles versank in Dumpfheit. Die Erde bebte vor Angst, die Kontinente wankten, und die Ozeane, Berge und Wälder zitterten. Die Götter und Weisen staunten sehr über die Größe der Armee.

Daksha wurde ganz rot vor Aufregung, fiel mit seiner Frau Vishnu zu Füßen und rief:
Ich habe das große Opfer begonnen, weil ich von dir abhänge. Oh Vishnu, großer Herr, du bist die höchste Autorität, die gute Riten vollführen kann. Du bist der kosmische Zeuge der heiligenden Riten und der Retter aller Opfer, oh großer Herr. Du solltest daher mein Opfer beschützen, oh Herr, denn wer außer dir könnte das? Du bist doch der Herr von allem.

Als Vishnu diese klagende Bitte vernahm, sprach er zu Daksha, um ihn zu erhellen:
Oh Daksha, dein Opfer sollte beschützt werden. Und mein Versprechen, das Dharma zu bewahren, ist wohlbekannt. Du hast zwar die Wahrheit ausgesprochen, doch sie nicht verstanden. Oh Daksha höre, was ich dir sage. Wirf deine Unvernunft ab. Hast du vergessen, was damals am heiligen Ort im Naimisha Wald geschah? Willst du dich in deiner Verblendung nicht an dieses Wunder erinnern? Wer könnte dich vor Rudras Zorn bewahren? Ach Daksha, wer eine unheilvolle Person wie dich beschützt, erntet nirgends Lob. Ein Niedriggesinnter erkennt nicht, was gut ist und was nicht. Und sein heiliger Ritus hat keine Wirkung. Du mußt deine Pflichten erkennen, damit dein Wirken natürlich ist. Doch nur Shiva kann dir das Handeln erlauben. Er ist es auch, der die guten Früchte von Taten an einen übergibt, der friedlich ist, weil er den Herrn hingebungsvoll auch im Geiste ehrt. Wer nur aus Gerissenheit Hingabe vorgibt, und keine echte fühlt, der fällt für Millionen Jahre in die Hölle. Wer sich nur an Taten hängt, wird von ihrer Schlinge gebunden und Leben für Leben wiedergeboren, um letztendlich doch in allen möglichen Höllen gequält zu werden.

Schau, Virabhadra ist zu deinem Opferplatz gekommen. Er ist der Anführer von Rudras Gefolge, der alle Feinde Shivas straft. Dafür wurde er aus dem Feuer von Rudras Zorn geboren. Es gibt keinen Zweifel daran, daß er uns vernichten wird. Und ihm ist nichts unmöglich, was immer es auch sei. Er wird erst wieder Ruhe geben, wenn er uns alle verbrannt hat. Auch ich habe den Fehler begangen, die Essenz Shivas zu vergessen, und so werde ich dein Leiden teilen. Oh Daksha, mein ist nicht die Macht, dies abzuwenden, denn ich war Shiva fern. Und wer sich von Shiva entfernt, für den gibt es kein Wohlergehen. Das Elend habe ich mir aufgeladen, genau wie du. Selbst mein Diskus Sudarsana kann ihn nicht treffen, denn er gehört zu Shiva und kann nur den töten, der Shiva fern ist. Ohne das Auftauchen von Virabhadra hätte mein Diskus uns alle gestraft und wäre dann zu Shiva zurückgekehrt. Daß er das noch nicht getan hat, zeigt, wie mitfühlend er ist. Doch wenn das alles hier vorüber ist, wird er mich mit grellem Glanze verlassen. Es wird auch nichts nützen, Virabhadra zu ehren, denn sein Zorn ist riesengroß. Unser Verschwinden steht unvermeidlich bevor, ja, es hat schon begonnen. Niemand in den drei Welten kann uns beschützen, denn wer könnte den bewahren, der sich gegen Shiva stellt? Und ist der Körper erst vernichtet, wartet Yamas schwer zu ertragende Strafe auf uns. Denn wenn Yama einen in die Hand bekommt, der gegen Shiva ist, dann knirscht er mit den Zähnen und wirft ihn in einen Kessel mit siedendem Öl.

Eigentlich wollte ich nach einigen offenen Worten gehen, doch deine Verwirrung hat mich angesteckt. Jetzt ist jede Flucht zu spät, und Virabhadra wird uns packen, denn seine Waffen durchdringen Himmel, Hölle und Erde. Wundre dich nicht über diese Macht, ein jeder im Gefolge des dreizacktragenden Shivas hat sie. Denk daran, wie einst Shiva in Gestalt von Kala-Bhairava mit nur einem Fingernagel ganz spielerisch den fünften Kopf Brahmas abgeschnitten hat.

Nach diesen Worten blieb Vishnu still sitzen und sein Lotusgesicht zeigte die Anzeichen großer Furcht. In dem Moment erreichte Virabhadra den Opferplatz, und die Götter konnten beobachten, wie seine riesigen Heerscharen ihre Stellungen einnahmen.


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