Pushpak Ramayana Buch 6Zurück WeiterNews

Kapitel 87 - Wortgefecht zwischen Indrajit und Vibhishan

Nachdem Vibhishana so zu Sumitras Sohn gesprochen hatte, freute er sich sehr. Lakshmana nahm seinen Bogen in die Hand und schnell liefen sie los. Sie gingen eine Weile und erreichten dann einen mächtigen Wald. Dort zeigte Vibhishana dem Lakshmana den Ort des Opferritus und den Nyagrodha Baum, welcher schrecklich anzuschauen war und wie eine Masse von dunklen Wolken aussah. "Hier opfert der starke Sohn Ravanas den Geistern seine Gaben und geht anschließend in die Schlacht. Und dann wird der Rakshasa unsichtbar für alle Wesen. Er tötet seine Feinde im Kampf und richtet seine vorzüglichen Pfeile auf sie. Bevor er zum Nyagrodha zurückkehren kann, mußt du den machtvollen Sohn von Ravana mit flammenden Pfeilen vernichten mitsamt seinem Streitwagen, den Pferden und dem Wagenlenker." Und der außerordentlich energische Sohn von Sumitra, das Entzücken seiner Freunde, antwortete: "So sei es." Er nahm seinen Stand und dehnte seinen vielfarbigen Bogen. Schon war Indrajit zu sehen, Ravanas starker Sohn, gerüstet, bewaffnet mit einem Schwert, ein Banner über ihm wehend und auf seinem feuerfarbenen Wagen stehend. Der höchst kraftvolle Lakshmana sprach zu Ravanas Sohn, welcher Niederlage nicht kannte: "Ich fordere dich zum Kampf. Kämpfe mit mir bis zum letzten." Bei diesen Worten erblickte der äußerst energische und kluge Indrajit den Vibhishana, und er sprach zu ihm folgende barsche Worte: "Geboren und aufgewachsen im Geschlecht der Rakshasas bist du wahrhaft der Bruder meines Vaters. Warum, oh Rakshasa, wendest du dich als mein Onkel gegen mich? Weder Familie noch Geschlecht achtest du, oh du mit dem gemeinen Geist, und nimmst deine Pflichten nicht wahr, du Zerstörer der Gerechtigkeit. Oh du mit deinem eigensinnigen Verständnis, du tust mir wirklich leid, denn du bist es wert, von den Tugendhaften getadelt zu werden, weil du die zu dir Gehörenden verlassen und dich in Knechtschaft mit anderen verbunden hast. Weder durch deinen Charakter noch durch dein Verständnis begreifst du den gewaltigen Unterschied, der zwischen einem Leben mit der eigenen Verwandtschaft und der Zuflucht zum Niederen liegt. Auch wenn der Fremde mit allen Gaben geziert ist, und die eigenen jeglichen Verdienstes entbehren, ist doch die unwürdige Verwandtschaft vorzuziehen. Und der, der nicht dazu gehört, bleibt nicht dazugehörig. Wer seine eigene Familie verläßt und einer anderen dient, wird von den anderen zerstört, wenn seine eigene Familie vernichtet wird. Oh Wanderer der Nacht, dies ist deine Unnachgiebigkeit, obwohl du zur Familie gehörst, oh jüngerer Bruder von Ravana, bist du nicht imstande, deine Männlichkeit zu zeigen."

So vom Bruder seines Sohnes angesprochen, erwiderte Vibhishana: "Oh Rakshasa, warum sprichst du so als ob du in Unkenntnis meiner Natur wärest? Oh respektloser Sohn des Rakshasa Königs, gehst du der Grobheit voran, welche du dir anmaßest aufgrund meines Ranges? Auch wenn ich in einer Familie von Rakshasas der grausamen Taten geboren wurde, ist mein Charakter nicht der eines Rakshasas, denn ich achte die ersten Prinzipien der Menschen. Ich empfinde kein Vergnügen an Grausamkeit, noch schwelge ich in Ungerechtigkeiten. Doch wie kann ein Bruder, auch wenn er einen anderen Charakter hat, von seinem Bruder verstoßen werden? Wer eine Person verläßt, die von der Tugend abgefallen ist und sich sündigen Taten zugewandt hat, erfährt Glück, als ob er eine giftige Schlange von der Hand geschüttelt hat. Die Weisen haben den für würdig gefunden, verlassen zu werden wie ein brennendes Haus, der die Güter anderer stiehlt und den Ehefrauen anderer Gewalt antut. Andere zu berauben, die Ehefrauen anderer grob zu verletzen und seinen Freunden Furcht einzujagen - das sind die drei Laster, die zu Zerstörung führen. Das fürchterliche Schlachten der Weisen, die Rebellion gegen alle Götter, übermäßiger Dünkel, Wut, langbewahrte Feindschaft und jeden Rat Amok laufen - diese Sünden schwächen das Leben und die Zukunft meines Bruders. Und sie verdecken seine Tugenden wie Wolken einen Berg verhüllen. Aufgrund dieser Laster wurde mein Bruder, dein Vater, von mir verlassen. Und diese Stadt Lanka wird nicht mehr sein, so wie du und dein Vater. Du bist stolz, hochmütig und noch ein Junge, oh Rakshasa. Dich hindert die Schlinge des Schicksals. Sag zu mir, was immer du magst. Heute hast du mich barsch angeredet, und dies wird dein Unglückstag werden. Denn, oh Übelster der Rakshasas, du wirst diesen Nyagrodha nicht passieren. Nachdem du Rama angegriffen hast, kannst du nicht länger leben. Stell dich diesem göttlichen Mann, Lakshmana, im Kampfe. Einmal getötet, wirst du den Gottheiten in der Wohnstatt von Yama dienen. Zeige deinen Heldenmut, nutze alle deine Waffen und Pfeile. Doch komm nur in die Reichweite der Pfeile Lakshmans, du wirst mit all deinen Streitkräften heute nicht mit dem Leben davonkommen."

(In den Kapiteln 88 bis 91 wird der Kampf zwischen Indrajit und Lakshmana erzählt. Es beginnt mit einem ausführlichen Wortgefecht, und mit Hilfe seiner Verbündeten gelingt es Lakshmana, den Wagen Indrajits, seine Pferde, den Wagenlenker und seine Waffen zu zerstören. Indrajit zieht sich, bereits ebenso schwer verwundet wie Lakshmana, zurück und kommt neu gerüstet wieder. Noch einmal kann Lakshmana ihm die Ausrüstung zerstören und beide nutzen mittlerweile mächtige, himmlische Waffen, die Erde und Himmel erzittern lassen. Doch erst als Lakshmana einen Pfeil mit den Worten bespricht: "Wenn Dasarathas Sohn Rama gerecht und wahrhaft ist, und niemand ihm in Heldenmut ebenbürtig, dann töte diesen Sohn des Ravana.", gelingt es ihm, seinen Gegner tödlich zu verwunden. Mit abgetrenntem Haupt stirbt Indrajit, zur Freude der Götter und zum Kummer der Rakshasas.)


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