Pushpak Ramayana Buch 6Zurück WeiterNews

Canto 4 - Der Marsch

Er schwieg. In kriegerischem Stolz entbrannt rief der impulsive Sohn des Raghu: "Bald soll mein Arm in zorniger Freude die Stadt des Feindes zerstören. Nun, Anführer, sammle dein Heer, und auf zur südlichen Küste! Die Sonne in ihrem Gipfelturm gibt der Kraft der Vanars Herrlichkeit. Der Dämonenherr, der meine Königin stahl, wird in Kürze sein Leben schützen müssen. Wenn Sita weiß, daß ihr Herr in der Nähe ist, wird sie sich an die Hoffnung hängen und die Furcht verbannen. Ganz wie ein Sterbender mit fiebrigen Lippen am Trank der Götter nippt. Erhebe dich und führe deine Truppen in die Schlacht. Alle glücklichen Omen raten zur Eile. Der Herr der Sterne verkündet bei günstigem Himmel unserem Unternehmen Ruhm. Dieser Arm soll den Unhold erschlagen. Und sie, meine Gemahlin, wird wieder frei sein. Mein aufwärts pochendes Auge zeigt den ersehnten Triumph über meine Feinde an.

Weit vorn an der Spitze sei Nilas Posten, um den Weg für die Armee auszukundschaften. Laß deine hunderttausend Tapfersten und Besten auf seine Befehle warten. Geh los, oh Krieger Nila, führe die Legionen durch Wald und Wiese, wo angenehme Wasser den Boden kühlen, und es reichlich Honig, Blumen und Früchte gibt. Geh, und hindere mit rechter Sorge die Rakshasa Feinde an ihrer dunklen Absicht. Bewache mit aufmerksamen Truppen jedes Tal, ob Bäche, Früchte und Wurzeln verdorben sind und durchsuche jede Klamm und jeden belaubten Schatten nach feindlichen Truppen im Hinterhalt. Doch laß die Schwächlinge zurück, denn diese Tat ist für Helden gemacht. Laß tausende der Vanars die Kundschafter der Armee beschützen. Sie müssen ungestüm und heftig sein wie die Wogen der stürmischen See. Dort sei der Platz für den wie einen Berg riesigen Gaja und für Gavaya, den Stärksten seiner Art. Und laß, wie ein Bulle, der die Herde führt, den furchtlosen Gavaksha und den an Macht der kriegerischen Arme unerreichten Rishab unsere rechte Flanke beschützen. Der nächste im Rang ist Gandhaman. Er verteidige und führe die andere Flanke. Ich werde, wie der vom bergeshohen Airavat getragene Gott, der den Himmel regiert (Indra und sein Elefant), auf Hanumans kräftigem Rücken reiten, um die mittlere Armee zu ermuntern und zu führen. Laß Lakshman auf Angads Rücken erscheinen, so schrecklich wie der Gott, der drunten regiert und dessen Reichtum keine Sterblichen teilen, der Herr, den Sarvabhauma trägt (Kuvera und sein Elefant). Die ungestüme Macht des mutigen Sushen, Vegadarsis scharfe Sicht und der verehrte Jambavan, die drei Berühmten, sollen die Nachhut bilden."

Er verstummte, der königliche Vanar gehorchte, und, eilig seine Worte befolgend, sprang eine ungezählte Menge von schrecklichen, auf Kampf brennenden Vanars von den Bergen, buschigen Tälern, felsigen Rändern und windigen Höhen davon. Und Ramas Kurs inmitten der mächtigen Kriegsstärke wandte sich gen Süden. Freudig drängte das Heer unter Sugrivas Herrschaft in dichter Aufstellung voran. Mit flinken Füßen und schnellen Sprüngen untersuchten sie die Erde, bevor sie sie betraten, während aus zehn Myriaden Kehlen Herausforderung und Kampfschrei erklangen. Sie ernährten sich von Wurzeln, Honigwaben und Trauben an den überhängenden Zweigen, oder rissen hohe Bäume aus dem Boden, die reiche und blumige Last trugen. Manche trugen in wilder Fröhlichkeit ihre Kameraden und warfen ihre Reiter dann plötzlich zu Boden, welche schnell wieder auf die Füße kamen und sich nun ihrerseits auf ihre lachenden Freunde stürzten. Immer wieder erklang der allgemeine Schrei: "König Ravana und seine Dämonen sollen sterben!", und in frohlockendem Stolz über so viel bewußte Stärke eilten die Vanars davon. Sie schauten auf den edlen Sahya, den Besten der Berge, der seinen turmhohen Bergrücken erhob. Sie schauten auf Teiche und Bächlein, wo die Lotusblüten schön und hell waren, und marschierten nicht, denn sie fürchteten Ramas Befehl, wo Städte oder von Menschen besuchte Orte waren. Immer weiter, so furchtbar wie die Wellen des Ozeans, wenn er brüllt und tobt, und von ihren eifrigen Hauptmännern angeführt, schritten die Vanars in zahllosen Legionen. Jeder Anführer eilte von dannen, wie ein edles Pferd, welches die Peitsche fühlt und mit doppelter Geschwindigkeit vorandrängt, mit Eifer und Stolz erfüllt und an der Seite Ramas und seines Bruders, welche hoch oberhalb der Vanar Schar auf mächtigen Rücken getragen wurden, wie die großen Herren von Tag und Nacht von der verdunkelnden Macht der Planeten gejagt werden.

Da sprach Lakshmana, so strahlend wie der Morgen und von den hohen Schultern Angads getragen, mit lieblichen und tröstenden Worten zu seinem Bruder, welche neue Glut entfachten: "Bald kommst du zurück in das liebe Ayodhya, glücklich und mit hohem Ruhm: mit deiner wiedergewonnenen Königin und dem vergossenen Blut des gottlosen Ravana. Ich sehe um uns all die überragend schönen Zeichen auf Erden und in der Luft. Besondere Winde wehen süß und sanft und grüßen die Vanar Armee. In mein lauschendes Ohr fallen zart die frohen Rufe von Vögeln und Hirschen. Der Himmel ist hell um uns, und strahlend ist der Herr des Tages ohne eine Wolke. In gewogener Liebe schaut Sukra (Venus, Richter der Daityas) auf dich von seinem Thron dort droben. Der Polarstern und die Heiligen Sieben (Rishis) scheinen herrlich im nördlichen Himmel und der große Trisanku(1), der glorreiche König, Ikshvakus Sohn, von dem wir abstammen, strahlt in unumwölkter Pracht nahe des heiligen Priesters (Vishvamitra), den alle verehren. Ungedämpft scheinen die beiden Visakhas, die Stärke und Zierde unserer Linie. Und Nairrits Einfluß, welcher den Rakshasa Feinden hilft, wird schwach und schwindet. Die fließenden Bäche sind frisch und klar, die Zweige tragen ihre reifenden Trauben, und duftende Lüftchen wiegen sanft das Laub an den zarten Ästchen. Sieh, mit halb göttlicher Herrlichkeit strahlen die geordneten Vanar Legionen, so hell wie der jubelnde Götterzug, der mit ansah, wie der Dämon Tarak fiel. Oh laß deine Augen diese Zeichen schauen und bitte dein Herz, froh und tapfer zu sein."

Die dicht verteilten Schwadronen der Vanars eilten durch die Länder, während sich vom schnellen Aufprall der hastigen Füße von Bären und Affen Staub erhob. Er verhüllte die Erde mit dicksten Schleiern und ließ die sich wehrenden Sonnenstrahlen erbleichen. Es kam Rama mit den Lotusaugen, den langen Armen und der unwiderstehlichen Macht an den Gipfel des Mahendra und bestieg des Berges waldgekrönte Höhe. Von dort erblickte er den wogenden Ozean, wie er sich erhob und anschwoll. Den Gipfel des Malayas und die Sahya Kette hinter sich lassend, erreichten die Vanar Legionen den Ozean und standen in vielen geordneten Gruppen am laut tosenden Meeresstrand. Es kam Dasarathas Sohn an den die Flut säumenden schönen Wald und rief: "Endlich, mein Herr Sugriva, haben wir das Reich Varunas erreicht, die See. Und ein großer, mich noch quälender Gedanke erwartet uns nun: wie wir die Fluten überqueren können. Der breite und tiefe Ozean, der eine Passage verweigert, liegt vor uns ausgebreitet. So laß uns anhalten und einen Augenblick planen, wie wir am besten die Insel der Giganten erstürmen können."

Er verstummte, und Sugriva stationierte die Armee unter schattigen Bäumen am Ufer, welche in glitzernden Linien die hellen Wellen einer zweiten See zu sein schienen. Dann starrten die Anführer vom Strand auf die Wogen, welche die Brise zur Raserei erhob, während sie schäumend über das Reich Varunas fegten, das Heim der Asuren(2). Das Meer lachte mit seinem Schaum und tanzte mit seinen Wellen, auf denen die Sonnenstrahlen glänzten. Und wo das Licht zu schwinden begann, da spielten Krokodile und Monster. Als sich der Mond in den Himmel begab, da türmten sich die verstörten Wellen hoch aus der wilden Wasserwelt, auf der einige tausend reflektierende Monde glänzten. Dort schwammen schreckliche Schlangen und zeigten ihre furchtbar blitzenden und glühenden Hauben. Sie erleuchteten die Tiefen der Hölle, das Gefängnis, wo die Dämonen lebten. Das verwirrte Auge suchte vergebens die Grenzlinie zwischen Himmel und Ozean: gleich waren sie im Schatten, gleich in der Glut, der Himmel oben und die See unten. Dort wurden wellengleiche Wolken von Wolken gejagt, hier tobten wolkengleiche Wogen und brüllten. Es schienen die Sterne, und viele Juwelen, welche die Wasser erleuchteten, antworteten ihnen. Sie sahen den Ozean mit der großen Seele durch das wilde Treiben der Winde aufgewühlt, und lauschten dem Brüllen der rasenden Wellen, wie sie an das Ufer schmetterten, so laut wie zehntausend Trommeln. Sie beobachteten, wie er sich erhob, um mit ohrenbetäubender Stimme dem unruhigen Himmel zu trotzen. Und das tiefe Bett unter ihm blähte sich in wilder Raserei mit dem Steigen und Fallen der Wogen.


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(1) der von Vishvamitra als Stern zu den Himmeln erhobene König
(2) welche gefangen in den Tiefen unter der See lebten