"Du bringst mir," so rief die Dame, "einen Schluck von Glück vermischt mit Schmerz. Glück, weil er mich in seinem Herzen trägt, und Schmerz, da er von mir getrennt wacht und weint. Oh siehe, wie das Schicksal der König von allem ist. Eben hebt es uns hoch, dann läßt es uns wieder fallen, und führt den Gefangenen mit einem Strick gebunden, den niedrigsten Sklaven wie den stolzesten Herrn. So hat der ernste Beschluß des Schicksals meinen Herrn und mich mit Kummer geschlagen. Sag, wie soll Rama den Strand erreichen, an dem die Wellen des Leids sich erheben und brüllen? Wie ein Seemann auf zerbrechlichem Schiff, der nah am Ertrinken ist in der wild schäumenden See? Wann wird er den Dämonen erschlagen und die Stadt der Giganten im Staub versinken lassen? Und wann wird er nach glorreichem Sieg über den Feind seine Ehefrau, die lang verlorene Sita, wiedersehen? Geh und bitte ihn, diesen Feind zu töten, bevor das Jahr vorüber ist. Zehn Monate sind verflogen, nur zwei bleiben noch, dann wird Ravanas Gefangene geschlachtet. Oft hat der gerechte und weise Vibhishan (ein Bruder Ravanas) ihn angefleht, seinen Preis zurückzugeben. Doch taub ist Ravanas besinnungsloses Ohr. Er will die Rede seines Bruders nicht hören. Vibhishans Tochter (Kala oder Nanda) liebt mich sehr. Von ihr lernte ich die Geschichte, die ich dir nun erzähle: Der alte, gerechte und umsichtige Avindha (ein Hauptberater Ravanas) hat den Fall des Giganten oft vorhergesagt. Doch das Schicksal zwingt ihn, die Worte dessen zu verschmähen, dem er am meisten vertraut. In Ramas Liebe ruhe ich sicher, denn mein zärtliches Herz ist treu und rein. Und ihn, meinen edelsten Herrn, betrachte ich als den Höchsten in Heldenmut, Kraft und Macht."
Als von ihren Augen die Wasser rannen, sprach der Vanar Prinz erneut: "Ja, wenn Rama meine Geschichte hört, wird er mit unseren Armeen diese Mauern angreifen. Oder ich selbst, oh Königin, kann dich heute noch vom Unhold wegtragen. Ich kann dich hochheben und zu ihm bringen, der deine Zuflucht und dein Schutz ist. Ich werde dich in meine Arme nehmen und zu Rama weit jenseits des Meeres fliehen. Dort setze ich dich am Berg Prasravan ab, wo Raghus Sohn immer noch wartet." Sie rief: "Wie kannst du mich forttragen? Der Weg ist lang, das Meer ist breit. Mein Gewicht zu tragen würde eine zu schwere Aufgabe für jemanden wie dich sein!" Schnell richtete sich der Vanar vor ihren verwunderten Augen zu seiner natürlichen Größe auf und strahlte wie der Berg Mandar oder Meru in einem Kranz von Licht. "Oh komm," rief er, "zerstreue deine Furcht. Habe keinen Zweifel, daß ich dich gut tragen kann. Komm, vertraue meiner Stärke und Achtsamkeit, und sitze bald wieder freudvoll an Ramas Seite."
Doch sie sprach: "Ich kenne dich nun: du bist tapfer, entschlossen und stark, in Herrlichkeit wie der Gott des Feuers und mit sturmschnellen Füßen, die nichts ermüden kann. Und doch mag ich nicht mit dir fliehen. Denn, wenn du mich so schnell durch die Himmel trügest, würden meine Augen bald schwach und trüb werden. Mein schwindelndes Hirn würde sich drehen und verschwimmen, meine nachgebenden Arme würden ihren Griff lockern, und ich würde in unkontrollierter Angst in die tobende See fallen, wo hungrige Haie mich verschlängen. Auch kann ich niemals aus freien Stücken die Glieder eines anderen berühren, außer die meines Herrn. Als ich vom Giganten gezwungen in seinen umklammernden Armen lag, war dies nicht meine Schuld, oh Vanar. Was konnte ich hilflose Dame schon tun? Geh zu meinem Herrn, überbringe ihm meine Nachricht und bitte ihn, meine lange Verzweiflung zu beenden."