Pushpak Ramayana Buch 2Zurück WeiterNews

Canto 104 - Das Treffen mit den Königinnen

In seiner Seele begierig, den Rama wiederzusehen, ließ Vasishta den königlichen Witwen den Vortritt und folgte ihnen dicht auf. Die Damen liefen, schwach und langsam, erblickten den schönen, vor ihnen fließenden Strom und wurden ans Ufer geführt, wo die beiden Brüder eben gewesen waren. Kausalya mit den eingefallenen Wangen und den trockenen Augen vom vielen Weinen begann zu sprechen und meinte klagend zu Königin Sumitra und dem Rest: "Schaut die bewaldete steile Böschung, wo die beiden Waisenkinder wandeln, deren edler Geist niemals versagt, auch wenn sie von allem getrennt und von Mühe umgeben sind. Dein Sohn schöpft hier mit nie ermüdender Liebe das Wasser, nachdem der meinige verlangt. Noch heute sollte dein Sohn, der diese niedere Arbeit nicht verdient, die fromme Tat aufgeben." Weiter nahm die großäugige Dame ihren Weg auf heiligem Gras, dessen Spitzen auf den südlichen Himmel gerichtet waren, und entdeckte die bescheidene Opfergabe Ramas. Da rief Kausalya zu den anderen Königinnen: "Seht nur die Gabe aus Ramas Hand, sein Tribut an den hochbeseelten König. Wie die Texte es fordern, ward sie ihm geopfert, dem Herrn der Ikshvaku-Linie, seinem Vater! Ich meine, daß dieser Begräbniskuchen nicht sehr passend für Könige ist, die mit göttergleicher Macht versehen sind. Denn wie kann einer, der allen Luxus kannte und die Erde von Ozean zu Ozean regierte, sich von den Samen des Ingudi ernähren? In der ganzen Welt gibt es wohl keinen schlimmeren Kummer, als dies hier mit anzusehen: daß mein glorreicher Sohn das Begräbnisopfer aus solch einem Kuchen machen muß. Oft habe ich die alten Texte gehört, und heute sind sie in jedem Wort wahr: 'Niemals lehnen die gesegneten Götter die Nahrung ab, die ihre Kinder essen."

Die Damen trösteten die weinende Kausalya, und so kamen sie endlich zu Ramas Einsiedelei. Und dort trafen ihre Blicke den Helden, wie einen vom Himmel gefallenen Gott. Sie sahen, wie freudlos und kärglich er war, und ihre Augen wurden naß von Tränen. Der wahrhafte Held verließ seinen Sitz und berührte die Lotusfüße der Damen. Und sie fegten ihm mit sanfter Hand den Staub von der Schulter. Als Lakshmana die Königinnen erblickte, näherte er sich sogleich und erwies ihnen seine Reverenz mit weinendem Auge und verstörter Miene. Dasarathas Nachkomme, der sichere Erbe von Glück und einem freundlichen Schicksal, erhielt von den Damen alle Zeichen ihrer Liebe und Zärtlichkeit. Danach kam Sita und verbeugte sich vor den Witwen, während ihre Augen überquollen, und sie deren Füße mit vielen Tränen drückte. Als sie das liebe Mädchen näher betrachteten, und sie blaß und müde vom Leben in der Wildnis fanden, da umarmten sie sie wie ihr liebstes Kind, die Tochter des königlichen Janak und Gattin von Dasarathas Sohn. Dann riefen sie: "Wie konntest du für das Opfer eines Königs solche Qual und all dies Leiden im wilden Wald auf dich nehmen? Wenn ich die Spuren von Plage in deinem Gesicht ansehe - den von der Sonne ausgetrockneten Lotus, die von Sturm verwüstete Lilie, das staubbedeckte Gold, der Mond ohne jedes Licht - dann bestürmt Trauer mein Herz, wie Feuer Wald und Gras verschlingt."

Rama berührte die Füße vom heiligen Vasishta, berührte ihn mit ehrfürchtiger Liebe und nahm neben ihm Platz. So berührt Indra in den Bereichen dort droben die Füße des himmlischen Lehrers (Vrihaspati). Auch der pflichtgetreue Bharata nahm nun mit all den Beratern und Adligen, den Bürgern und Heerführern demütig Platz. Als Bharata mit zu ihm erhobenen Händen seinen Bruder in der Haltung eines Anhängers anschaute, da erstrahlte sein Ruhm wie Feuer, als ob Mahendra sich vor dem großen Gott des Lebens (Brahma) beugt. Inmitten der Schar der edlen Freunde erhob sich bald der ängstliche Gedanke: "Welche Worte wird der königliche Bharata heute zum Sohn des Raghu sprechen, dessen Herz so prompt zärtlichen und unterwürfigen Gehorsam zeigte?" Rama, der Standfeste, Lakshmana, der Weise und Bharata, für seine Treue bekannt, glänzten wie drei Feuer, die sich himmelwärts erheben, von heiligen Priestern umgeben.


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