So reiste Bharat zu seinem Großvater, dessen Nachricht gehorsam folgend, und als lieben Gefährten wählte er Shatrughna, den Feindebezwinger. Dort verbrachte Bharata einige Zeit und ward mit Liebe und Ehre bedacht unter der beständigen Fürsorge von König Asvapati, geliebt wie ein Sohn und Thronerbe. Doch immer, als sie dort so unbeschwert lebten und alles um sie herum nur für ihre Zufriedenheit geschaffen schien, war ihr betagter, daheimgebliebener Vater in den Gedanken der Helden gegenwärtig. Noch verließ des Königs liebevolles Andenken die tapferen Kinder in der Ferne, der liebe Bharata und der liebe Shatrughna, ein jeder dem Varuna gleich oder dem Indra ebenbürtig. An allen seinen Söhnen hing die Seele des Vaters mit liebevoller Zuneigung, und sie schlangen sich um sein liebendes Herz wie Arme, die von seinem eigenen Körper wuchsen(1).
Aber der Beste und Edelste der Vier, so gut wie der Gott, den alle verehren, der Meister aller Tugenden und unbeschmutzt; das war sein ältestes Kind und sein Liebling. Denn er war schön und stark, frei von Neid, ein Feind allen Übels, mit jeglicher Tugend seines Vaters gesegnet und ohne Ebenbürtigen in der Welt. Mit ruhiger Seele sprach er sanft, keine barsche Entgegnung konnte ihm eine spöttische Bemerkung entlocken. Er liebte immerzu die Guten und Weisen, welche für ihre Tugend und ihr Alter hochgeehrt werden. Wenn seine kriegerischen Pflichten vorüber waren, setzte er sich nieder, um ihren friedvollen Belehrungen zu lauschen. Weise, ehrlich und rein verehrte er die Älteren, seine Lippen hielt er von lügnerischer Rede fern. Er erwies den Brahmanen seine Referenz und regierte jedwede Leidenschaft wie einen Sklaven. So zärtlich und unverzüglich der Pflicht gehorchend, ward er von allen Menschen geliebt und liebte sie wieder. Auf die Pflichten seines Geschlechts war er stolz und mit einem Geist, der dem Schlachtfeld alle Würden erweist, strebte er durch glorreiche Taten und mit den Göttern thronend, einen unbezahlbaren Lohn zu gewinnen. Nur schwer könnte sich Vrihaspati mit ihm messen in Rede und schneller Antwort, doch niemals ließ er seine Worte fließen für teuflische oder leere Schau. In den Künsten und Wissenschaften wohl gelehrt, folgte er seinem Gelübde als Schüler auf rechte Weise. Er studierte die Regeln für Prinzen, die Veden und die heiligen Gesetze. Und zu guter Letzt überflügelte er seinen Vater noch mit dem wohl gespannten Bogen. Von hoher Geburt, wahrheitsliebend und gerecht, mit energischer Hand und edlem Vertrauen, wohl unterrichtet von den älteren, zweifachgeborenen Männern, welche klar Gewinn und Recht erkennen, wußte er voll und ganz um die Forderungen und Grenzen von Pflicht, Gewinn und auch Vergnügen. In staatlichen Geschäften reagierte er prompt mit scharfem Verstand und passendem Takt. Zurückhaltend war er, seine Züge verrieten niemals, welch Ratschlag in seinem Herzen ruhen mochte. Leeren Zorn und hohle Heiterkeit kontrollierte er und wußte um die rechte Zeit zu geben und zu bewahren. Fest im Glauben und beständig im Willen suchte er niemals das Übel und sprach nichts Unrechtes. Er kannte weder voreilige Schnelle noch träge Langsamkeit und wußte sehr wohl um seine und der anderen Fehler. Jeden Dienst belohnte er sofort und angemessen mit feinem Verstand. Er wußte um die Mittel, die Reichtum liefern und konnte mit eifrigem Auge alle Kosten bestimmen. Er konnte Elefanten zähmen und feurige Pferde zureiten. Kein Arm konnte wie seiner den Bogen spannen oder einen Streitwagen ins Feld führen. Er war geübt in Attacke und Verteidigung und konnte eine Armee gegen den Feind führen. Ja, sogar wütende Götter würden seine voll entfalteten Waffen fürchten. So wie die prächtige Sonne am Mittag glorreich in ihrer Welt voller Strahlen lodert, so strahlte Rama in seinen Tugenden, und alle Menschen liebten es, ihn anzuschauen.
Der alternde Monarch wollte sich gern zur Ruhe setzen und sagte sich in seiner erschöpften Brust: "Oh könnte ich noch zu Lebzeiten meinen Rama über das Königreich setzen und mit ansehen, wie die heiligen Tropfen meinen Sohn salben, bevor meine Zeit abgelaufen ist. Oh könnte ich mit eigenen Augen erblicken, wie dieses weite Land von einer Grenze zur anderen der Herrschaft meines Ältestgeborenen gehorcht. Dann wären mein Leben und meine Freude vollkommen, und ich erhielte einen glückseligen Platz im Himmel."
In seinem Sohn sah der Monarch die schönste Gestalt und den edelsten Geist vereint, und so beriet er sich, wie sein Sohn als Regent und Erbe den Thron mit ihm teilen könnte. Denn furchtbare Zeichen im Himmel und auf Erden und seine Schwäche warnten ihn, daß der Tod nahe war. Doch Rama hatte durch Anmut die Welt gewonnen und erfreute des Vaters Brust wie der Mond, dessen Strahlen all seine Trauer und Furcht verscheuchten. So drängte Dasaratha die Pflicht, die Gelegenheit zu ergreifen, um sich und sein Land zu segnen und zu erfreuen.
Aus allen Städten und Gegenden, von fern und nah, rief er das Volk zusammen samt den Fürsten und Adligen. Allen gab er eine passende Unterkunft, ehrte und beschenkte sie. Dann ließ er, in glänzende königliche Gewänder gehüllt, seine Blicke schweifen, ganz wie der große Vater seine von ihm geschaffenen Kreaturen schaut, von der Herrlichkeit eines Gottes umgeben. Nur Kekayas König ließ er nicht rufen, und auch nicht Janak, diesen Herrn der Menschen, denn diesen königlichen Freunden wollte er die frohe Botschaft später überbringen. Inmitten der Menschen aus fernen Ländern ward der König auf seinen Thron gesetzt, und von allem Volk verehrt drängten sich die Adligen in der Halle. Auf den ihnen zugewiesenen Sitzen schaute jeder Edelmann still in des Monarchen Gesicht. Und von hoch angesehenen Herren umgeben sowie von Scharen aus Dörfern und Städten erstrahlte der König in hoheitsvollem Stolz, so wie Lord Indra, der Tausendäugige, von der strahlenden Menge der gesegneten Götter um ihn herum verehrt wird.
(1) Als Anspielung an das Bild von den vier Armen Vishnus, da die vier Prinzen Teile Vishnus waren