Pushpak Ramayana Buch 1Zurück WeiterNews

Canto 13 - Das Ende des Opfers

Das Jahr hatte seine Runde gemacht, und das Pferd ward von seiner Wanderung zurückgebracht. Am nördlichen Ufer der Sarju begannen die Opferriten, die der König geplant hatte. Mit der Unterstützung von Rishyasring widmeten sich die Brahmanen ihren Pflichten während des vom hochgeistigen König beschlossenen großen Pferdeopfers. Die in allen Schriften bewanderten Priester leisteten ihren Teil in gebührender Reihenfolge und Ordnung und umkreisten die feierliche Gesellschaft wie es die Regeln vorschrieben. Die Riten des Pravargya wurden ordnungsgemäß durchgeführt, dann wurden für das Upusad die Flammen genährt. Der Saft der Pflanze (Soma) ward ausgepreßt, und die hohen Heiligen starteten die mystischen Zeremonien mit zufriedenem Geist und einem Bad bei Sonnenaufgang. Dem Indra übergab man seinen Anteil, und der untadelige König wurde besungen. Es folgte das mittägliche Bad wie es die heilige Schrift gebietet. Dann schöpften die guten Priester mit großer Sorgfalt und streng nach den Geboten der Schriften ein drittes Mal reines Wasser und gossen es über das Haupt des hochbeseelten Dasaratha. Anschließend richteten Rishyasring und der Rest ihre süßen Hymnen mit Lob und Gebet an Indra und all die anderen Götter und baten sie, am Opfer teilzuhaben. Die lieblichsten Lieder und Hymnen singend reichten sie den im Himmel thronenden und sich ihre Gaben einfordernden Göttern ihre angestammten Anteile dar und speisten die Flammen mit heiligem Öl.

So viele Opfer wurden entrichtet, und nirgends gab es einen Versprecher, denn ein jeder trachtete mit großer Sorgfalt, daß die vedischen Gebote eingehalten wurden. Doch warum nur von Hochgeborenen sprechen? Niemand litt in all den Tagen unter Hunger oder Durst. Nicht ein Wesen mußte auf ein üppiges Festmahl verzichten. Denn es gab reichlich für alle, die kamen; für das Waisenkind und für die verlassene Witwe, für jung und alt. Alle Armen und Hungrigen wurden gut gesättigt. Den ganzen Tag speisten die Asketen und auch jene, die durch die Straßen ziehen und ihr Brot erbetteln. Währenddessen hörte man allerorten den Ruf: "Gib hin, gib reichlich!" und "Iß dich satt!" oder "Gib Essen mit großzügiger Hand und alle Arten von Kleidung in großer Menge!" Von diesen Rufen angespornt strömte es unerschöpflich von allen Seiten: Berge von Nahrung boten sich dem Auge dar und ganze Seen angefüllt mit Getränken, die jeden Tag erneuert wurden, erfrischten die riesige Menge. Fremde, die von weit her kamen, und Frauenvolk in zusammengedrängten Gruppen erhielten das beste Essen und Trinken während des großen Opfers, welches der König angeordnet hatte.

Abgesondert von allen bekamen die tausenden und aber tausenden Brahmanen ihren Anteil an allen Sorten von Leckerbissen auf silbernen und goldenen Tabletts, alles fertig vorbereitet, so daß die Zweifachgeborenen nach ihrem Willen ihre Plätze einnehmen konnten. Diener in wunderschöner Kleidung und mit goldenen und juwelengeschmückten Ohrringen warteten jedem brahmanischen Gast mit vergnügtem Sinn und fröhlicher Miene auf. Die Besten der Brahmanen priesen die vielfältige Kost mit all den edlen und seltenen Aromen und riefen Raghus Sohn zu: "Wir segnen dich und sind zufrieden."

Zwischen den Riten fanden sich einige Brahmanen zusammen, um mit flüssiger Rede und gelehrter Debatte sich gemütlich die Zeit zu vertreiben und im Diskutieren zu siegen.

So verrichtete Tag für Tag die ganze heilige Schar alle vorgeschriebenen Riten. Nicht einen Priester in all der Menge gab es, der seine Gelübde nicht eingehalten hätte, oder der in den Veden und den sechsfachen Wissenschaften(1) nicht bewandert oder unfähig gewesen wäre, mit Witz und Gewandtheit seine Rede zu führen.

Dann kam der festgelegte Zeitpunkt, die Opferpfähle zu errichten. Man brachte sie herein, jeweils sechs Pfähle aus Bilva-, Khadir- und Palasa- Holz, weiterhin noch je einen aus Feigenholz, Sleshmat und Devadar.(2) Jede Säule war die mächtigste weit und breit, und den weitläufigen Umfang von zweien konnte kein Mann mit seinen Armen umschlingen. Sie wurden mit größter Sorgfalt von Priestern streng nach den Schriften erbaut und mit strahlendem Gold verschönert, um dem Opferritus mehr Pracht zu verleihen. Es waren einundzwanzig Pfähle, ein jedweder einundzwanzig Ellen hoch und mit einundzwanzig farbigen Bändern behangen, strahlend und wunderschön. Sie standen fest in der Erde, wo sie geschickte Handwerker aufgerichtet hatten. Völlig unbeweglich waren sie in ihrer achteckigen Aufstellung und völlig eben. Sie wurden dann noch mit Blumen, Bändern und Düften vervollkommnet. So geschmückt strahlten sie eine Herrlichkeit aus, ganz wie die großen Heiligen am nördlichen Sternenhimmel.(3) Der Opferaltar wurde dann von geschickten zweifachgeborenen Männern errichtet, die ihm die Gestalt eines Adlers mit goldenen Schwingen gaben, mit zweimal neun Gruben und dreifach geformt, und eine jede stand für einen speziellen Gott. An jede Säule wurden die Opfer gebunden. Man hatte Tiere, welche die Lüfte, Wälder, Wasser und die Erde durchstreiften, dann Schlangen und andere Reptilien und heilende Kräuter, die der Erde entsprangen. Gemäß den Schriften waren es dreihundert Opfer, die vorbereitet waren. Das Prachtstück von Pferd, welches den Göttern geweiht und von ihnen besonders verehrt wird, wurde ordnungsgemäß mit geweihtem Wasser besprenkelt.

Dann kam Königin Kausalya. Mit entzückter Miene und ehrfürchtigen Schritten umrundete sie das Pferd und verzierte es mit lieblichen Kränzen. Mit drei Schwertern erschlug sie das Roß und tötete es in großer Freude auf die rechte Weise. Um einen Sohn zu bekommen blieb sie die ganze Nacht, vom Abend bis zum Morgenanbruch, gern mit stillem und festem Herzen an der Seite des toten Schützlings. Es kamen drei Priester, um die anderen Königinnen an die Seite von Kausalya zu führen, damit auch sie das Opfertier berührten, Kausalya Gesellschaft leisteten und ihr eine Hilfe waren. Als die Damen mit fröhlicher Miene und vergnügtem Sinn an der Seite des toten Tieres verweilten, kam Rishyasring, der Zweifachgeborene, sie zu loben und zu segnen. Der Priester, der seine Pflicht gut kannte und jeden seiner Sinne vorzüglich zügeln konnte, befreite das Fleisch des Pferdes vom Knochengerüst und kochte es. Über den Dampf beugte sich der Monarch und, als er den wohlriechenden Duft einatmete, ward er von allen Hindernissen befreit, die seine Hoffnungen stören konnten. Es kamen sodann sechzehn Priester zusammen und warfen in der rechten Reihenfolge die abgetrennten Körperteile des Pferdes ins heilige Feuer. Auf hohen Scheiterhaufen aus heiligem Feigenholz loderten die Körper der anderen Opfertiere. Und das Pferd, welches unter all den Wesen erschlagen wurde, beanspruchte einen Stapel aus Holz ganz für sich allein. Das Pferdeopfer dauerte gemäß den Gesetzen des Kalpa Sutra drei Tage. Es begann mit dem Chatushtom, und als die Sonne ihr Licht erneuerte, folgte das Ukhthya und daraufhin des Atiratras heilige Flamme. Diese Riten, und viele andere noch, waren festgelegt durch das Licht der heiligen Traditionen; das Aptoryam von mächtiger Kraft und auch Abhijit und Visvajit, ein jeder zur rechten Stunde ausgeführt in der rechten Form und Dienstbarkeit. Zur Opfernacht gesellten sich dann noch der Jyotishtom- und der Ayus- Ritus. So ward das Opfer nach gültigen Regeln vollbracht.

Der Monarch, der Glanz seiner Familie, verlieh in großzügigster Manier viel Land an alle heiligen Helfer. Er verschenkte den eroberten Osten an den Hotri- Priester, den Westen bekam der Zeremonienmeister, den Süden der Brahmane, welcher den Vorsitz geführt hatte, und der Norden ging an denjenigen, der immerfort singend die Gebete angeführt hatte. So erhielt jeder Brahmane seinen Lohn beim großen Pferdeopfer, welches von der selbstexistenten Gottheit als das Beste von allen bestimmt worden war. Mit frohem Gemüt bestimmte Ikshvakus Sohn einem jeden Priester seinen edlen Lohn. Doch alle Priester sprachen in einer Stimme zum makellosen König: "Behalte du allein die ganze weite Erde unter deiner festen Obhut. Wir begehren kein Land von dir. Denn unsere Hände sind zu schwach, das Reich zu beschützen. Unsere Tage widmen wir den spirituellen Traditionen. Darum stell uns mit anderen Gaben zufrieden." So verschenkte das Oberhaupt von Ikshvakus Linie zehn hunderttausend Kühe an sie, Hundertmillionen Münzen aus feinstem Gold und viermal so viel in Silber. Doch jeder anwesende Priester wies auch dies einstimmig zurück und gab seinen ganzen Anteil an den heiligen und hochbeseelten Vasishta und an Rishyasring weiter. Diese Großzügigkeit stellte die beiden Brahmanen sehr zufrieden, und sie baten den König, seine Wünsche zu äußern.

Und Dasaratha, der mächtige König, antwortete wie folgt dem Rishyasring: "Oh heiliger Einsiedler, gewähre mir durch deine Gunst die Vermehrung meiner Rasse." Er sprach, und seine Bitte ward nicht abgeschlagen. Der Beste der Brahmanen antwortete ihm: "Vier Söhne sollen dein sein, oh Monarch, als Bewahrer deiner königlichen Linie."


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(1) Aussprache, Verslehre, Grammatik, Ritual, Astronomie und die Erklärung des Obskuren
(2) Der sich Nahrung und Fülle wünscht, soll seinen Opferpfahl aus Bilva machen. Der den Himmel wünscht, nutze Khadira, und der um Schönheit und verborgenes Wissen bittet, nehme Palasaholz. "Devadar" heißt Baum der Götter.
(3) Das Sternbild Großer Bär wird von den Indern "die sieben Rishis oder Heiligen" genannt.