Pushpak Prem SagarZurück WeiterNews

25 – Govardhana wird verehrt

Sri Shukadeva sagte: − Raja! Ich werde dir nun berichten, wie es dazu kam, dass Sri Krishna Chandra den Govardhana Hügel anhob, und dabei den Stolz Indras zerstörte; höre aufmerksam zu. – Am Jahrestag, dem vierzehnten des dunklen Teils des Monats Kartika, badeten all die Einwohner von Vraja eines Morgens in der Yamuna, anschließend füllten sie einen quadratischen Platz mit Safran und Sandelholz, brachten viele verschiedene Sorten von Süßigkeiten und Konfekt herbei, dazu Parfüm und Lampen, und wollten damit Indra verehren, so, wie sie es schon seit langer Zeit gewohnt waren. Es war für sie ein traditionelles Opferfest. – An dieser besonderen Wiederkehr des Jahrestages traf Nanda Ji sehr aufwendige Vorbereitungen für das Fest, und genauso gab es aufwendige Vorbereitungen in den Häusern aller anderen Einwohner von Vraja.

Sri Krishna Chandra ging zu seiner Mutter und fragte sie: „Aus welchem Grund gibt es hier heute so viele Süßigkeiten und Süßwaren in jedem Haus? Erkläre mir das bitte, damit ich das verstehe.“ Yashoda antwortete: „Sohn! Ich habe gar keine Zeit, Dir das zu erklären; geh’ und frag’ Deinen Vater, der erklärt es Dir.“

Als er das gehört hatte, ging Sri Krishna zu Nanda und Upananda und sagte: „Vater! Für welchen Gott werden heute diese tollen Vorbereitungen zur Verehrung getroffen? Überall in den Häusern gibt es Süßigkeiten und Konfekt. Verrate mir seinen Namen und seine Tugenden; das interessiert mich wirklich sehr! Welche Macht hat er, die Wünsche von Menschen zu erfüllen, ihre Sünden zu vergeben und Segnungen zu gewähren?“

Nanda Ji antwortete: „Sohn! Hast Du noch nie bemerkt, dass die Puja (Verehrung) für den gütigen und großzügigen Deva der Wolken dafür sorgt, dass Wohlstand und Wachstum in der Welt erlangt werden, und auch Gras, Wasser und Korn. Die Wälder und Haine bringen Blumen und Früchte hervor; und so haben durch ihn alle lebendigen Pflanzen, Tiere, vierfüßigen Wesen und Vögel ein freudvolles Dasein. Diese Tradition der Verehrung Indras kommt schon aus den Zeiten der Vorfahren unserer Vorfahren und wurde also nicht erst vor kurzem eingeführt.“

Als er diese Worte von Nanda Ji gehört hatte, antwortete Sri Krishna: „Vater! Unsere Vorfahren können mit Wissen oder ohne Wissen Indra verehrt haben; aber warum verlässt du absichtlich einen geraden Weg und folgst einem steilen? Wer Indra verehrt, gewinnt nichts, denn der hat nicht die Macht, Wünsche von Menschen zu erfüllen, oder sie von Vergehen zu befreien; und wer bitteschön hat je durch ihn Wohlstand erreicht oder die Bewältigung seiner Aufgaben? Nenne mir einen, dem er jemals einen Segen gewährte!“

Krishna erklärte weiter: „Es ist tatsächlich wahr, dass die Devas ihn aufgrund seiner Entsagungen und Opferhandlungen zu ihrem König machten und ihn auf einen Thron setzten, aber er hat keine göttliche Macht. Oftmals, wenn er von bösen Geistern geplagt wird, rennt er fort, und verbringt viel Zeit in irgend einem Versteck. Warum wird solch ein Feigling verehrt, als ob ihr keine Achtung vor eurer eigenen Würde hättet? Indra hat keine Macht, überhaupt irgend etwas zu bewirken. Es geschieht das, was in der Vorsehung geschrieben steht.“

„Die Menschen erlangen Vergnügen, Reichtum, Wohltäter, Geschwister und Verwandte als Ergebnisse ihrer Tugenden oder ihres Schicksals. Und die Sonne, die acht Monate lang all das Wasser vertrocknen lässt, lässt es als Regen in den verbleibenden vier Monaten wieder fallen. Dadurch werden Gras, Wasser und Korn auf der Erde erzeugt. Und Brahma, der die vier Kasten einführte, nämlich die Brahmanas, Kshatriyas, Vaishyas, und Shudras, hat jeder einzelnen Kaste bestimmte Tätigkeiten zugewiesen. Also, die Brahmanas sollen die Schriften (die Veden) lesen; die Kshatriyas sollen all die anderen Menschen beschützen; die Vaishyas sollen Landwirtschaft und Handel treiben; und die Shudras sollen die Diener der drei anderen Kasten sein. Vater! Wir gehören zu den Vaishyas. Durch die große Zahl der Kühe, die wir besitzen, nennen wir uns die Kuhhirten, und wir erhielten die Stadt Gokula. Unser Geschäft ist es, Landwirtschaft und Handel zu treiben, und wir kümmern uns um die Kühe und die Brahmanen.“

„Die Veden verlangen von uns, diese Gewohnheiten unserer Familie nicht aufzugeben. Diejenigen, die ihre religiösen Gewohnheiten aufgeben und andere aufnehmen, sind wie die tugendhaften Frauen einer guten Familie, die jedoch mit Fremden einer anderen Familie Beziehungen anfangen. – Deswegen sei so gut, die Verehrung Indras aufzugeben, und führe eine Zeremonie für den Wald und die Berge aus, weil wir doch Bewohner des Waldes sind, und die Berge sind unsere Könige. Es ist für uns nicht richtig, diejenigen zu vernachlässigen, unter deren Regierung wir glücklich leben, und andere zu verehren. Darum nimm all diese Süßigkeiten, den Konfekt und das Korn, und vollziehe eine Verehrung für den Govardhana-Hügel.“

Als sie diese Rede gehört hatten, standen Nanda und Upananda auf und gingen zum Versammlungsplatz, wo all die anderen erwachsenen Kuhhirten saßen. Nachdem sie erfahren hatten was Krishna gesagt hatte, bemerkten sie: „Krishna hat Recht; wir sollten seine Worte nicht als die eines Kindes ansehen und beiseite lassen. Wenn wir es uns richtig überlegen – wer ist Indra? Und warum behandeln wir ihn mit solchem Respekt? Es wäre richtig, die zu verehren, die uns Nahrung geben.“ – „Was haben wir mit dem Anführer der Devas zu tun? Lasst uns die Wälder, Flüsse und den Govardhana-Hügel verehren.“ Die Kuhhirten wiederholten: „Krishna hat uns einen sehr guten Rat gegeben; lasst uns die Devas aufgeben; der Govardhana ist ein großartiger Berg, den verehren wir.“

Nachdem er das gehört hatte, war Nanda Maharaja sehr erfreut, und er ließ im ganzen Dorf verkünden, dass er und alle Einwohner von Vraja am nächsten Tag eine Puja-Zeremonie für den Govardhana feiern würden. Nachdem sie diese Ankündigung gehört hatten, standen alle Einwohner von Vraja am nächsten Morgen sehr früh auf. Sie badeten und vollzogen ihre religiöse Meditation; dann taten sie alle nötigen Zutaten für die Verehrung in Körbe, auf Platten und in Töpfe der verschiedensten Art, und brachten diese auf Karren und Wagen zum Govardhana-Hügel. Nanda und Upananda und ihre Verwandten nahmen ebenfalls einen Vorrat an notwendigen Dingen mit und gesellten sich zu den anderen; und mit einem musikalischen Umzug näherten sie sich alle dem Govardhana-Hügel.

Als sie dort angekommen waren und die Flächen rund um den Berg aufgeräumt, vorbereitet und mit Wasser besprengt hatten, suchten sie ihre Vorräte von Süßigkeiten, Nahrungsmitteln, Gewürzen und Gemüse zusammen und breiteten sie dort aus. Tatsächlich war das soviel, dass der Berg damit schließlich ganz eingehüllt war; und sie hängten Girlanden und Seidentücher in allen möglichen Farben darüber.

Die Schönheit des Anblicks während dieser Stunden ist kaum zu beschreiben. Der Berg erschien so prachtvoll wie eine Person mit juwelenbesetzten Kleidern, geschmückt von Kopf bis Fuß. Nanda Ji hatte seinen Familien-Priester kommen lassen, und begleitet von den Kuhhirten-Kindern verteilten sie überall auf dem Boden eine Mischung aus ungebrochenem Reis, Blumen, verschiedenen Parfüms, Lampen, geweihten Speisen, Betelnüssen und anderen Opfergaben, und sie vollzogen auf diese Art und Weise eine Verehrungs-Zeremonie genau nach den in den Veden vorgeschriebenen Regeln. Dazu sagte Sri Krishna: „Nun meditiert ihr alle mit reinem Geist über den Berg Govardhana, und er wird als Person erscheinen und mit euch essen.“

Nachdem sie das gehört hatten, stellten sich alle Kuhhirten und Kuhhirtinnen auf, unter ihnen auch Nanda und Yashoda. Sie falteten die Hände, schlossen die Augen und meditierten tief. – Govardhana, der Berggeist, nahm eine große, sogar riesige Gestalt an, mit großen Händen und Füßen, und so kam er ruhig aus der Mitte des Berges. Er hatte lotosförmige Augen, ein Gesicht wie der Mond, und eine Krone auf dem Haupt. Eine Blumengirlande reichte ihm bis hinab zu den Füßen, er war ganz in gelbe Seide gekleidet, und er trug Juwelen und geschmückte Arm- und Fußreifen, dabei lächelte er mit offenem Mund und winkte mit beiden Händen den Bewohnern von Vraja zu.

Krishna zeigte auf Govardhana, seine eigene Erweiterung, und rief seinen Gefährten zu: „Seht! Der Berg Govardhana in Person, dessen Verehrung ihr alle sehr ernsthaft vollzogen habt, erscheint vor uns.“

Als er das gesagt hatte, begrüßte Sri Krishna Chandra Ji den Govardhana mit einer Handbewegung. Die Kuhhirten und Kuhhirtinnen sahen dies und grüßten Govardhana ebenso. Dabei begannen sie, sich zu fragen: „Wann hat Indra sich jemals auf diese Weise gezeigt? Wir haben den umsonst verehrt, und wir wissen auch nicht, warum unsere Vorfahren eine solche sichtbare Gestalt wie Govardhana nicht verehrten und statt dessen Indra gehorchten – das ist nicht zu begreifen.“ Während sie so sprachen, fragte Sri Krishna: „Warum schaut ihr so lange? Gebt ihm die Speisen, die ihr mitgebracht habt.“

Als sie das hörten, füllten die Kuhhirtinnen und Kuhhirten die Platten und Teller mit allen Arten von Lebensmitteln, in sechs Geschmacksrichtungen, und begannen, sie Govardhana anzubieten. Der streckte seine Hände aus, um sie entgegenzunehmen und zu verzehren. Nach einer Weile war alles, was die Bewohner von Vraja und Nanda und Yashoda mitgebracht hatten, aufgezehrt. Schließlich verabschiedete sich Govardhana in Person und ging in seinen Berg zurück, wobei er sich noch einmal umdrehte und den Bewohnern von Vraja fröhlich zuwinkte.

Nachdem er diese wundervollen Tätigkeiten beendet hatte, sammelte Sri Krishna seine Gefährten ein, und sie gingen noch einmal den ganzen Weg um den Berg herum, um ihn zu bewundern. Am nächsten Tag verließen sie Govardhana und begaben sich singend und lachend auf den Weg nach Vrindavana.

Zu Hause angekommen, gab es Zusammenkünfte und Feste in allen Häusern. Die Kinder der Kuhhirten bemalten die Kühe und Kälber mit Farben, sie befestigten Ringe und kleine Glöckchen und anderen klingenden Schmuck an ihren Hälsen und spielten eigene Spiele.


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