Pushpak Mahabharata Buch 6Zurück WeiterNews

Kapitel 29 - Der Yoga der Entsagung

Arjuna sprach:
Du lobst, oh Krishna, die Entsagung und gleichzeitig das Handeln. Sage mir klar, was von beiden vorzuziehen ist.

Der Heilige sprach:
Sowohl Entsagung als auch Handeln können zur Befreiung führen. Aber Handeln gilt höher als Entsagen. Denn wer ohne Abneigung und Verlangen handelt, der gilt als Entsagender. Und wer darüber hinaus alle Gegensätze überwunden hat, der gilt als Befreiter, oh Starkarmiger. Nur Unwissende meinen, daß der Yoga der Entsagung und der Yoga des Handelns verschieden sind. Wer einen von ihnen erreicht, hat beide gewonnen. Was auch immer durch Entsagung erreicht werden kann, kann auch durch den Yoga des Handelns erreicht werden. Wer Entsagung und Handeln als eines sieht, der sieht richtig. Aber Entsagung, oh Held, ist ohne den Yoga des Handelns kaum zu erreichen. Nur der Entsagende, der voller Hingabe handelt, erreicht bald das Höchste.

Wer voller Hingabe und von reiner Seele ist, wer seinen Körper und die Sinne überwunden hat und sich in allen Wesen sieht, der verstrickt sich nicht ins Handeln. Der Mensch voller Hingabe, erkennt wahrhaft, daß er selbst nicht der Handelnde ist. Beim Hören, Berühren, Riechen, Essen, Bewegen, Schlafen, Atmen, Sprechen, Entleeren, Arbeiten oder selbst beim Öffnung und Schließen der Augenlider weiß er wohl, daß nur die Sinne mit den Sinnesobjekten in Wechselwirkung stehen. Wer dem Anhaften entsagt hat und all sein Handeln Brahman widmet, bleibt von Sünde rein, wie die Lotusblüte vom Schmutz des Wassers. So handelt der Yogi im reinen Selbst mit Körper, Denken, Vernunft und den Sinnen, von denen er alle Begierde abgelöst hat.

Wer voller Hingabe auf die Früchte der Handlungen verzichtet, gelangt zur höchsten (alldurchdringenden) Stille. Wer dagegen eigennützig handelt und an den Früchten anhaftet, wird durch die Begierde an seine Handlungen gebunden. Doch der Selbstgezügelte, der geistig allen Handlungen entsagt hat, kann gelassen in der neuntorigen Stadt (des Körpers) verweilen, und will dort weder der Handelnde noch der Herrscher sein. Denn der wahre Herr (das Selbst) ist weder für das Handlungsvermögen, die Handlungen der Wesen noch für deren Verbindung mit den Früchten verantwortlich. Dies sind natürliche Eigenschaften, die auf natürliche Eigenschaften wirken. So sammelt der wahre Herr weder persönliche Sünde noch persönlichen Verdienst an.

Durch Unwissenheit ist die wahrhafte Sicht verschleiert. Aus diesem Grunde sind die Wesen getäuscht. Wenn die Unwissenheit durch Selbsterkenntnis aufgelöst wird, offenbart diese Erkenntnis wie eine Sonne das Höchste Wesen. Wessen Geist in Ihm ist, wessen Seele mit Ihm vereint ist, wer in Ihm wohnt und Ihn als Höchstes sieht, verläßt das Rad der Geburten, indem er alles Karma durch Erkenntnis verbrennt. Dieser Weise schaut mit dem Auge der Einheit (der „Einsicht“) auf einen gelehrten und frommen Brahmanen ebenso, wie auf eine Kuh, einen Elefanten, einen Hund oder einen Kastenlosen.

Sogar hier (in dieser Welt) ist die Geburt überwunden, wenn der Geist in der Einheit ruht. Und weil das Brahman vollkommene Einheit ist, so sagt man auch, daß er im Brahman wohnt. Wessen Geist klar und ohne Illusion ist, wer Brahman erkannt hat und im Brahman ruht, verstrickt sich nicht mehr im Triumph über Erfolg oder im Kummer über Mißerfolg. Wessen Geist nicht an Sinnesobjekte haftet, der erreicht sein Glück von selbst. Und wessen Geist ganz im Brahman verschmolzen ist, der genießt die Seligkeit, die zeitlos ist. Denn der Genuß, der aus dem Kontakt (der Sinne mit ihren Objekten) geboren wird, ist stets eine Quelle zukünftiger Sorgen. Der Weise, oh Sohn der Kunti, greift nicht nach solchen Genüssen, die einen Anfang und ein Ende haben.

Wer hier noch in diesem Körper diese ungestüme Kraft meistern kann, die aus Begierde und Haß entsteht, ist ein Yogi und selig. Wer die Seligkeit im Selbst findet, sich im Selbst erfreut und vom Selbst erleuchtet wird, ist ein Yogi, der mit Brahman eins geworden, also Brahmanirwana erreicht hat. So erreichen die Heiligen das Brahmanirwana, deren Sünden gelöst und deren Zweifel zerstreut wurden, die im Selbst gegründet, zum Wohle aller Wesen wirken. Diese Yogis, die von Begierde und Haß befreit sind und deren Geist durch Selbsterkenntnis unter Selbstkontrolle ist, sind sowohl in dieser, als auch in der kommenden Welt im Brahmanirwana (im Brahman verschmolzen).

Der Yogi, der seinen Geist von äußeren Sinnesobjekten abzieht, seinen inneren Blick zwischen die Augenbrauen konzentriert, den aufstrebenden und abstrebenden Lebensatem gemeinsam durch die Nase strömen läßt, der seine Sinne zügelt, das Denken und Erkennen auf die Befreiung richtet, und von Begierde, Angst und Zorn frei ist, der ist wahrlich frei. Mich als den Empfänger aller Opfer und asketischer Entsagung erkennend, als den großen Herrn aller Welten und Freund aller Wesen, findet er die (alldurchdringende) Stille.


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