Pushpak Mahabharata Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 134 - Fortsetzung der Geschichte

Vidula fuhr fort:
Wenn du in eine Notlage geraten bist und all deinen Kampfgeist aufgeben möchtest, dann wirst du notwendigerweise jenem Weg folgen müssen, den die Niedrigen und Elenden gehen. Ein Kshatriya, der zu leben wünscht, aber nicht alles versucht, um seine Kraft und Macht zu entfalteten, wird als ein Dieb betrachtet. Ach, wie Medizin für einen sterbenden Menschen machen diese gewichtigen Worte, die richtig und begründet sind, keinerlei Eindruck auf dich! Es ist wohl wahr, der König der Sindhus hat viele Verbündete. Sie sind aber alle unzufrieden. Aus Schwäche und Unwissenheit über die richtigen Mittel ertragen sie die Qualen unter ihrem Herrscher (ohne fähig zu sein, durch eigene Anstrengung Befreiung zu erlangen). Manche von ihnen werden dir zur Hilfe kommen, wenn sie deine Heldenkraft schauen. Vereinige dich mit ihnen und suche vorerst die Zuflucht in der Einsamkeit der Berge, um auf die Zeit zu warten, wenn der Feind schwach wird. Denn niemand ist frei von Unglück, Krankheit und Tod.

Dein Name ist Sanjaya (der Siegreiche)! Davon kann ich kaum noch etwas in dir erkennen. Sei doch wahrhaft zu deinem Namen! Sei mein Sohn! Sei deinem Namen treu! Als dich ein Brahmane mit großer Weitsicht und Weisheit als kleines Kind erblickte, da sprach er: „Dieser wird große Qualen erleiden und wieder Größe gewinnen.“ Mich an seine Worte erinnernd, hoffe ich auf deinen Sieg. Aus diesem Grund, oh Sohn, spreche ich diese Worte zu dir und werde wieder und wieder so sprechen. Der Mensch, der die Verwirklichung seiner Ziele auf den Wegen der Gerechtigkeit verfolgt und für dessen Erfolg andere freudig mitkämpfen, wird immer erfolgreich sein. „Ob ich meinen Besitz verliere oder nicht, ich werde nicht aufgeben!“ Mit solcher Entschlossenheit mögest du kämpfen, oh Sanjaya, oh Gelehrter, ohne davor zu fliehen! Denn Samvara sprach einst: „Es gibt keinen jämmerlicheren Zustand, als Tag für Tag um seine Existenz besorgt zu sein.“ Solch ein Zustand wird als unglücklicher beschrieben, als der Tod von Ehemann und Kindern. Und was man diesbezüglich als Armut bezeichnet, ist nur eine Form des Todes.

Ich selbst wurde in einer edlen Familie geboren und von einem Lotussee in einen anderen verpflanzt. Mit allen Vorzüglichkeiten begabt und von meinem Mann verehrt, war meine Macht weit ausgedehnt. Inmitten unserer Freunde erblickten sie mich damals mit kostbaren Girlanden und Ornamenten geschmückt, überaus gepflegt, in ausgezeichnete Roben gekleidet und stets voller Freude. Aber wenn du mich und deine Ehefrau nun in Zukunft schwach und abgemagert sehen wirst, dann wird dir, oh Sanjaya, kaum noch ein Sinn im Leben bleiben. Welchen Nutzen hätte dein Leben, wenn du siehst, wie alle unsere fleißigen Diener, Lehrer und Priester uns aus Mangel am Lebensunterhalt verlassen? Und welchen Frieden sollte mein Herz kennen, wenn ich in dir jene lobenswerten und berühmten Erfolge nicht mehr sehe, welche du früher errungen hattest? Wenn ich dann „Nein“ zu einem Brahmanen sagen muß, dann wird mein Herz zerspringen, weil weder ich noch mein Ehemann jemals ein „Nein“ zu einem Brahmanen gesprochen haben. Wir waren stets die Zuflucht von anderen, ohne selbst bei anderen Zuflucht zu suchen. Daran denkend werde ich mein Leben abwerfen, wenn ich meinen Unterhalt von einem anderen erhalten muß. Sei du unser Boot, um den Ozean zu überqueren, der so schwierig zu meistern ist. Ohne andere Boote, sei du unser Boot. Schaffe uns wieder einen Lebensraum, da wir keinen mehr haben. Belebe uns wieder, die wir tot sind. Du bist fähig, auf alle Feinde zu stoßen, wenn du nicht begierig an deinem Leben hängst. Wenn du jedoch diese Lebensweise annehmen willst, die nur für einen Eunuchen passend ist, dann wäre es mit deiner ängstlichen Seele und niedergeschlagenem Herzen besser, dein Leben zu opfern.

Ein tapferer Mensch gewinnt Ruhm, sogar durch den Sieg über einen einzelnen Feind. Durch den Sieg über Vritra wurde Indra zum großen Indra und erwarb die Herrschaft über alle Götter und das Gefäß des Somasaftes nebst der Lordschaft aller Welten. Wenn der Held im Kampf seinen Namen verkündet, seine in Stahl gepanzerten Feinde herausfordert, die Besten der Krieger aus den feindlichen Reihen zu Boden wirft und wenn er im fairen Kampf Ruhm gewinnt, dann sind seine Feinde unterlegen und beugen sich seiner Kraft. Die Feiglinge werden hilflos und tragen durch ihr eigenes Verhalten dazu bei, das alle Dinge der Freude jenen geschenkt werden, die erfahren und tapfer sind und kämpfen, ohne am eigenen Leben zu hängen. Wenn auch ihre Königreiche von mächtigen Katastrophen heimgesucht werden, oder ihr Leben selbst gefährdet wird, die Edlen geben niemals auf, bis die Feinde um sie herum ausgerottet sind.

Souveränität ist entweder das Tor zum Himmel oder das Amrit selbst. Betrachte dich als einer von ihnen und ertrage das im Geist, was sich zur Zeit gegen dich verbündet. Dann falle wie ein loderndes Feuer in die Mitte deiner Feinde. Oh König, besiege deine Feinde im Kampf! Erfülle die Aufgaben deiner Kaste! Möge ich dich wieder voller Freude sehen, oh Feindebedränger! Möge ich dich frei von Bedrückung und Elend schauen und nicht mehr umgeben von gramvollen Angehörigen und jubelnden Feinden! Sei heiter, oh Sohn, und werde glücklich im Vollbesitz des Wohlstandes in der Gesellschaft der Töchter Sauviras. Und werde nicht aufgrund der Schwäche deines Herzens von den Töchtern Saindhavas beherrscht. Wenn ein junger Mensch wie du, der voller Schönheit ist, erfahren, von edler Geburt und weltberühmt, auf solch unwürdigen Wegen wandelt wie ein bösartiger Stier, der seine Last nicht tragen will, dann ist er, so denke ich, mehr tot als lebendig. Welchen Frieden soll mein Herz kennen, wenn ich von dir nur Lobreden auf den Feind höre, oder du ihm (gehorsam) folgst? Oh, noch niemals wurde in unserer Familie ein Sohn geboren, der anderen folgsam sein mußte. Oh Sohn, es ziemt sich für dich nicht, als Untertan von einem anderen zu leben.

Ich kenne die ewige Essenz der Kshatriya Tugenden, wie sie von unseren Vätern und Großvätern beschrieben wurde, und wie sie auch die Kommenden und Nachkommenden erfahren werden. Ewig und unverfälschlich ist sie vom Schöpfer selbst bestimmt worden. Wer in dieser Welt als Kshatriya in irgendeiner hohen Familie geboren wurde und das Wissen über die Aufgaben dieser Kaste erworben hat, sollte sich niemals aus Angst oder zum Erwerb des Lebensunterhaltes irgendeinem weltlichen Wesen unterordnen. Man sollte tapfer aufrecht stehen und sich nicht beugen lassen, denn dieses Bemühen ist Kampfgeist. Eher sollte man an den Gelenken zerbrechen, als sich irgend jemandem in dieser Welt zu beugen. Ein hochbeseelter Kshatriya sollte immer wie ein kraftvoller Elefant wandern. Nur vor den Brahmanen, oh Sanjaya, möge er sich wegen der Tugend verneigen. Über alle anderen Kasten sollte er herrschen und alle Übeltäter besiegen. Ob er Verbündete hat oder nicht, so sollte ein Kshatriya handeln, solange er am Leben ist.


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