Pushpak Mahabharata Buch 5Zurück WeiterNews

Kapitel 96 - Die Geschichte von König Dambhodbhava

Vaisampayana sprach:
Diese Worte des hochbeseelten Kesava hörend, blieben alle in dieser Versammlung still, und ihre Haare sträubten sich vor Spannung. Und alle Könige dachten bei sich, daß es wohl keinen Menschen gibt, der es wagen würde, dieser Rede zu widersprechen. Als Rama, der Sohn von Jamadagni sah, wie alle Könige schwiegen, da sprach er (an Duryodhana gerichtet) die folgenden Worte in der Versammlung der Kurus:

Höre mit Vertrauen eine beispielhafte Geschichte von mir, und suche deinen Nutzen darin, wenn sich meine Rede dir empfiehlt. Es gab in alten Zeiten einen König, Dambhodbhava genannt, der das Haupt der Erde war. Wir haben gehört, daß sich seine Herrschaft über die ganze Welt erstreckte. Und jeden Morgen am Ende der Nacht, als sich dieser mächtige Wagenkrieger erhob, da rief er die Brahmanen und Kshatriyas zu sich und fragte sie: „Sei er ein Shudra, Vaisya, Kshatriya oder ein Brahmane, ist da irgend jemand, der mir im Kampf gleicht oder überlegen ist?“ Mit diesen Worten wanderte dieser König über die Erde und dachte vom Stolz berauscht an nichts anderes mehr. So geschah es eines Tages, daß der Monarch, der ständig mit seiner Heldenkraft prahlte, auf einige hochbeseelte Brahmanen traf, die mit den Veden vertraut waren und auf dieser Erde nichts mehr fürchteten, damit sie seinen Stolz zügeln konnten. Und obwohl ihm jene Brahmanen davon abrieten, so zu prahlen, fuhr der König Tag für Tag fort, ihnen wie bisher die gleiche Frage zu stellen. Daraufhin entflammten die hochbeseelten und vedenkundigen Brahmanen, die mit asketischem Verdienst begabt waren, im Zorn und sprachen zum stolzen und prahlerischen König, der vom Wohlstand berauscht war: „Es gibt zwei, die von allen Menschen die Ersten, und im Kampf immer siegreich sind. Ihnen, oh König, wirst du in keiner Weise gleich sein, wenn du den Kampf mit ihnen suchst.“ Und so angesprochen von den Brahmanen fragte der König: „Wo kann man jene zwei Helden finden? In welchem Stamm wurden sie geboren? Welche Leistungen haben sie erreicht? Und wer sind sie?“ Darauf antworteten die Brahmanen: „Wir haben gehört, daß es zwei Asketen sind, die Nara und Narayana genannt werden. Sie haben beide ihre Geburt unter den Menschen genommen. Geh und kämpfe mit ihnen, oh König. Es ist dieses berühmte Paar, Nara und Narayana, die jetzt die strengste Buße in einem verborgenen Bereich der Berge von Gandhamadana üben.

Nach diesen Worten der Brahmanen musterte dieser König schnell seine große Armee, die aus den sechs Arten der Kräfte bestand und unfähig, diese Herausforderung zu ertragen, marschierte er dahin, wo jene unbesiegten Asketen waren. Bald erreichte er die rauhen und schrecklichen Berge von Gandhamadana. Dort begann er nach jenen Rishis zu suchen und fand sie schließlich in den Wäldern verborgen. Und als er jene zwei Besten erblickte, die vom Hunger und Durst ganz abgezehrt waren, deren Adern überall hervorquollen, und die sich im kalten Wind und den heißen Strahlen der Sonne höchst gequält hatten, da näherte er sich ihnen, berührte ihre Füße, und fragte nach ihrer Wohlfahrt. Und die zwei Rishis empfingen den König gastlich mit Früchten und Wurzeln, einem Sitz und Wasser. Dann fragten sie nach dem Anliegen des Königs mit den Worten: „Was soll getan werden?“ Und so angesprochen wiederholte der König vor ihnen die gleichen Worte, welche er aus Gewohnheit zu allen sprach: „Die ganze Erde wurde durch die Kraft meiner Arme überwunden. Alle meine Feinde sind besiegt worden. Ich bin auf diesen Berg gestiegen, um mit euch beiden den Kampf zu suchen. Gewährt mir dieses Gastgeschenk. Ich hege diesen Wunsch schon seit langer Zeit.“ Darauf sprachen Nara und Narayana: „Dieser Rückzugsort, oh Bester der Könige, ist jenseits von Zorn und Begierde. Wie könnte hier ein Kampf möglich sein? Es gibt hier keine Waffen, keine Ungerechtigkeit und keine Feindschaft. Suche den Kampf anderswo. Es gibt genügend Kshatriyas auf der Erde.“

Und Rama fuhr fort:
Obwohl er so angesprochen wurde, bedrängte der König sie weiter, ihm den Kampf zu gewähren. Aber die Rishis besänftigten ihn beständig und sahen über seine Aufdringlichkeit hinweg. Doch König Dambhodbhava begehrte unverdrossen nach dem Kampf und forderte die Rishis wiederholt dazu auf. Da nahm Nara eine Handvoll Grashalme, oh Bharata, und sprach: „Kampfesbegierig, wie du bist, oh Kshatriya, komm und kämpfe! Nimm alle deine Waffen auf und ordne deine Truppen. Ich werde dann deine Gier nach Kampf zügeln!“ Darauf antwortete Dambhodbhava: „Oh Asket, wenn du denkst, daß diese Waffe für dich passend gegen uns ist, dann werde ich mit dir kämpfen, auch wenn du diese Waffe verwenden möchtest, denn ich bin zum Kampf hierher gekommen.“

Nach diesen Worten schoß Dambhodbhava mit all seinen Truppen von allen Seiten her dichte Wolken aus Pfeilen, begierig, den Asketen zu besiegen. Dieser Asket jedoch, wehrte mit den Grashalmen all jene schrecklichen Pfeile des Königs ab, welche dazu fähig waren, die Körper von feindlichen Kriegern zu zerfleischen. Dann entließ der unbesiegbare Rishi gegen den König seine eigene schreckliche Waffe, die aus Grashalmen gemacht war, und von niemanden abgewehrt werden konnte. Da geschah höchst Wunderbares, als dieser Asket, der sein Ziel niemals verfehlen kann, mit den Grashalmen allein die Augen, Ohren und Nasen der feindlichen Krieger durchbohrte, und das alles mit seiner Macht der Illusion. Und als der König sah, wie das gesamte Himmelsgewölbe mit diesen Klingen aus Gras gefüllt war, da fiel er zu Füßen des Rishi nieder und sprach: „Habe Gnade mit mir!“ Daraufhin, oh König, antwortete Nara dem Monarchen, stets geneigt ist, denen Schutz zu gewähren, die danach suchen:

„Sei den Brahmanen gehorsam und tugendhaft. Handle nie wieder so, oh König. Oh Tiger unter den Monarchen, ein Eroberer von feindlichen Städten, ein Kshatriya, der die Aufgaben seiner Kaste beachtet, sollte nicht einmal in Gedanken so sein wie du. Du solltest niemals voller Stolz irgend jemanden irgendwo beleidigen, sei er dir untergeordnet oder höhergestellt. Auf diese Weise solltest du dich verhalten. Erwerbe Weisheit, gib Habgier und Stolz auf, kontrolliere deine Seele, zügle deine Leidenschaften, übe Vergebung und Demut und werde freundlich, oh König. Dann geh und hege deine Untertanen. Ohne die wahre Stärke und Schwäche der Menschen zu kennen, solltest du niemals irgend jemanden unter irgendwelchen Verhältnissen geringschätzen. Sei gesegnet! Gehe mit unserer Erlaubnis dahin, und benimm dich nie wieder auf diese Weise. Und auf unser Gebot hin, mögest du stets die Brahmanen befragen, was zu deinem Nutzen ist!“

Daraufhin verehrte der König die Füße dieser zwei berühmten Rishis, kehrte in seine Stadt zurück und begann von dieser Zeit an, Gerechtigkeit zu üben. Wahrlich groß war damals diese Heldentat, die Nara erreichte. Und Narayana wurde aufgrund vieler weiterer Qualitäten noch größer als Nara. Deshalb, oh König, solltest du zu Arjuna gehen und deinen Stolz ablegen, solange die folgenden Waffen noch nicht auf die Sehne des Gandiva, dem Besten aller Bögen, gelegt werden: Kakudika (eine Waffe, welche die Wagen- und Elefantenkrieger gefühllos von ihren Wagen und Elefanten fallen läßt, auf denen sie kämpfen), Suka (eine Waffe, die Pferde und Elefanten zum Stillstand bringt, verwirrt, wie die Vögel im Frühling), Naka (wer damit geschlagen wird, fühlt sich wie im Himmel, ganz verrückt und seiner Sinne beraubt), Akshisantarjana (eine Mantra- Waffe, die den Feind mit Angst schlägt), Santana (eine himmlische Waffe, mit der ein unaufhörlicher Strom von Waffen erzeugt werden kann), Nartana (läßt den Feind fieberhaft tanzen), Ghora (auch Rakshasa genannt, erzeugt eine schreckliche Verwüstung und ein anhaltendes Gemetzel unter den feindlichen Kämpfern) und Asyamodaka (mit Mantras abgeschossen, verlangt der Feind selbst auf furchtbare Weise seinen Tod). Von diesen Waffen geschlagen, verlieren die Menschen ihr Leben. Doch in Wirklichkeit entfalten diese Waffen ihre Kraft in Verbindung mit den acht Leidenschaften, wie Lust, Zorn, Habgier, Hochmut, Überheblichkeit, Stolz, Böswilligkeit und Ichbezogenheit. Geschlagen von ihnen, werden die Menschen verwirrt und laufen, aller Vernunft beraubt, verzweifelt umher. Unter ihrem Einfluß schlafen die Leute unruhig, werden hektisch, erbrechen, verlieren die Kontrolle über Urin und Exkremente und weinen oder lachen unaufhörlich.

Wahrlich, Arjuna ist im Kampf unbesiegbar, welcher Narayana als Freund hat, den Schöpfer und Herrn aller Welten, der den Lauf aller Dinge vollkommen kennt. Wer ist in den drei Welten, oh Bharata, der es wagen könnte, diesen Helden, der den mächtigen Affen im Banner trägt, zu besiegen, welcher keinen Ebenbürtigen im Kampf hat? Unzählig sind die Tugenden, die in Arjuna wohnen. Nur Krishna ist noch höher als er. Du selbst hast Arjuna, diesen Sohn der Kunti, ausreichend kennengelernt. Jene, die in alten Tagen Nara und Narayana waren, sind jetzt Arjuna und Kesava. Erkenne sie, oh großer König, als die Mutigsten und Besten aller Personen. Wenn du daran glaubst und Vertrauen zu mir hast, dann zeige tugendhafte Entschlossenheit und schließe Frieden mit den Söhnen des Pandu. Wenn du es als deinen Nutzen betrachtest, daß es in deiner Familie keine Spaltung geben sollte, dann halte Frieden, oh Bester der Bharatas, und setz dein Herz nicht auf den Kampf. Oh Großer aus der Linie der Kurus, dein Stamm ist auf Erden höchst angesehen. Laß diese Hochachtung auch weiterhin bestehen. Sei gesegnet und bedenke gut, was wirklich zu deinem Wohl gereicht.


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