Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 312 – Die Fragen an Yudhishthira

Vaisampayana fuhr fort:
Dann entdeckte Yudhishthira seine geliebten Brüder tot am Seeufer liegend, als wären die Herrscher der Welten am Ende eines Yuga aus ihren Sphären gefallen. Arjunas Bogen und Pfeile lagen auf dem Boden, und keiner bewegte sich mehr. Da seufzte der König lang und schwer und die Tränen der Trauer liefen ihm übers Gesicht. Sein Herz quoll vor Kummer über, und er klagte schmerzlich:
Oh starker Bhima, du hast geschworen, mit deiner Keule den Oberschenkel von Duryodhana in der Schlacht zu zerschmettern. Doch dein Tod macht dies alles nun fruchtlos, du Hochbeseelter und Starkarmiger. Die Versprechen der Menschen können wirkungslos sein. Doch warum sind sogar die Worte der Götter über dich fruchtlos? Oh Arjuna, als du geboren wurdest, haben die Götter gesagt, daß du dem Tausendäugigen (Indra) ebenbürtig sein wirst. Und in den nördlichen Paripatra Bergen singen sie: Sollten Feinde dieses Geschlecht berauben, Arjuna wird alles wiederbringen. Ihn kann keiner besiegen, und es gibt niemanden, den er nicht besiegen kann. Doch warum hat dich nun der Tod besiegt? Oh warum liegt Arjuna tot am Boden, auf dem alle meine Hoffnungen lagen? Wie konnten Bhima und Arjuna unter die Macht eines Feindes geraten, wo ihnen keine Waffe etwas anhaben konnte und sie bisher alle Feinde schlugen? Oh, mein niederträchtiges Herz muß aus Stein sein, weil es nicht zerspringt, wenn ich die Zwillinge tot am Boden liege sehe. Ihr Guten ward in heiligen Dingen immer erfahren, wußtet um die Eigenschaften von Zeit und Raum, hattet asketischen Verdienst, übtet alle heiligen Riten fleißig aus, und liegt doch darnieder, ohne die euch angemessenen Taten vollbracht zu haben? Weh, warum sind eure Körper unverletzt und eure Bögen unberührt, während euer Leben euch verließ?

So überwältigten den hochbeseelten König Trauer und Schmerz beim Anblick seiner Brüder. Zutiefst bewegt und in Schweiß gebadet sprach er schließlich:
Es ist, wie es ist.

Und wollte dann den Grund der Katastrophe erfahren. Doch dieser starkarmige, hochbeseelte, kluge und erfahrene Mann war ratlos. So zügelte der Sohn von Dharma seine Seele und begann nachzudenken, was die Helden getötet haben mochte:
Es gibt hier keine Fußabdrücke, und ihre Körper tragen keine Spuren von Waffen. Ich denke, das Wesen, welches meine Brüder schlug, war sehr mächtig. Ich muß ernsthaft darüber nachdenken, oder erst einen Schluck Wasser trinken, dann verstehe ich es vielleicht. Kann es sein, daß der hinterhältig gesinnte Duryodhana den König der Gandharvas dazu gebracht hat, das Wasser zu vergiften? Welcher vernünftige Mann würde diesem Lumpen vertrauen, der keinen Unterschied zwischen Gut und Böse kennt? Oder waren Spione vom gemeinen Duryodhana hier?

So überlegte der Kluge hin und her, doch er glaubte nicht, daß das Wasser vergiftet sei, denn die Leichname seiner Brüder sahen frisch und unverfärbt aus. Und weiter sprach Yudhishthira zu sich:
Jeder dieser vortrefflichen Männer war so stark wie ein Wasserfall. Wer, außer Yama selbst, der für alle Geschöpfe das Ende bringt, hätte sie besiegen können?

So watete er ins Wasser und hörte die Stimme aus dem Himmel:
Ich bin ein Kranich und lebe von kleinen Fischen. Durch mich kamen deine jüngeren Brüder unter die Herrschaft des Herrn der verstorbenen Geister. Wenn du, oh Prinz, mir nicht meine Fragen beantwortest, dann sollst du der fünfte Leichnam sein. So handle nicht übereilt, mein Kind. Dieser See gehört mir. Beantworte meine Fragen, dann kannst du soviel Wasser trinken und davontragen, wie du möchtest, oh Sohn der Kunti.

Da sprach Yudhishthira:
Bist du einer der Rudras, Vasus oder Maruts? Ich frage dich, welcher Gott bist du? Kein Vogel hätte dies vollbringen können. Wer hat die vier mächtigen Gebirge überworfen, den Himavat, den Paripatra, die Vindhya Kette und Malaya? Großes hast du getan, du Stärkstes aller Wesen. Du hast jene geschlagen, denen weder Götter, noch Gandharvas, Dämonen oder Rakshasa etwas anhaben konnten. Du hast eine staunenswerte Tat vollbracht. Ich weiß nicht, was geschah oder welchen Grund du hattest. Und daher fühle ich große Neugier, und auch Furcht hat mich ergriffen. Mein Geist ist aufgewühlt, und mein Kopf schmerzt. Und so frage ich dich, oh Ehrenwerter, wer bist du, der hier allem standhält?

Die Antwort war:
Möge dir Gutes geschehen. Ich bin ein Yaksha, kein Vogel. Und ich habe deine heldenhaften Brüder getötet.

Hart trafen die bitteren Worte auf den höflich fragenden Yudhishthira, welcher im Wasser stand. Und als nächstes sah der Bulle der Bharatas den Yaksha auf einem Baum mit seinen seltsamen Augen, dem riesigen Leib, so hoch wie eine Palmyra Palma, so grell wie die Sonne oder das Feuer, unwiderstehlich und gigantisch wie ein Berg und laut brüllend wie eine Gewitterwolke.

Der Yaksha sprach:
Deine Brüder raubten das Wasser, obwohl ich es ihnen wiederholt verboten hatte. Deshalb habe ich sie getötet. Wer sich das Leben wünscht, sollte dieses Wasser nicht unbesonnen trinken, oh König. Handle nicht übereilt, denn der See ist in meinem Besitz. Beantworte erst meine Fragen. Dann magst du trinken.

Yudhishthira:
Ich begehre nicht, was dir gehört, oh Yaksha, denn Tugendhafte loben dies nicht. So frage mich, oh Bulle unter den männlichen Wesen.

Und der Yaksha fragte:
Was läßt die Sonne (Aditya) aufgehen? Wer begleitet sie? Wer läßt sie untergehen? Und in wem ist sie gegründet?

Yudhishthira:
Brahma läßt die Sonne aufgehen. Die Götter begleiten sie. Dharma läßt sie untergehen, und in Wahrheit ist sie gegründet.

Yaksha:
Wodurch wird man gelehrt? Wie erlangt man Großes? Wie bekommt man ein Zweites? Wie kann man Weisheit erlangen?

Yudhishthira:
Durch das Studium der Srutis wird man gelehrt. Durch asketische Enthaltsamkeit erlangt man Großes. Durch Klugheit erwirbt man ein Zweites, und indem man den Alten dient, wird man weise.

Yaksha:
Was macht die Göttlichkeit der Brahmanen aus? Worin besteht ihre fromme Praxis? Welches sind die menschlichen Eigenschaften der Brahmanen? Und welche ihrer Praktiken ist unfromm?

Yudhishthira:
Das Studium der Veden bildet ihre Göttlichkeit. Ihre Askese bringt frommes Verhalten hervor. Daß sie dem Tod unterliegen, macht sie menschlich. Und Zerstreuung ist ihr Übel.

Yaksha:
Worin besteht die Göttlichkeit der Kshatriyas? Welcher ihrer Praktiken ist fromm? Was ist ihre menschliche Eigenschaft? Und welcher unfrommen Handlungsweise unterliegen sie?

Yudhishthira:
Die Waffenkunst macht ihre Göttlichkeit aus. Das Durchführen von Opfern ist fromm. Die Neigung zur Angst ist ihr menschliches Merkmal. Und das Verweigern von Hilfe macht sie unfromm.

Yaksha:
Was bildet das Sama eines Opfers? Was den Yayus (Opferspruch)? Was ist die Zuflucht beim Opfer? Und was darf bei einem Opfer nicht fehlen?

Yudhishthira:
Leben ist das Sama beim Opfer, Geist ist Yayus, Rig ist die Zuflucht und ohne Rig kein Opfer.

Yaksha:
Was ist denen von größtem Wert, die anbauen, säen, und sich weltlichen Wohlstand und Nachkommenschaft wünschen?

Yudhishthira:
Das sind Regen, Samen, Kühe und Söhne.

Yaksha:
Welches intelligenzbegabte Wesen erfreut sich aller Sinnesobjekte, wird von der Welt geachtet und geliebt, und lebt doch nicht, obwohl es atmet?

Yudhishthira:
Wer den Göttern, Gästen, Dienern, Ahnen und dem Selbst nicht opfert, der lebt nicht, auch wenn er atmet.

Yaksha:
Was ist schwerer als die Erde? Was ist höher als der Himmel? Was ist schneller als der Wind und zahlreicher als Grashalme?

Yudhishthira:
Die Mutter wiegt schwerer als die Erde. Der Vater ist höher als der Himmel. Der Geist ist schneller als der Wind. Und die Gedanken sind zahlreicher als Grashalme.

Yaksha:
Wer schließt seine Augen nicht im Schlaf? Was bewegt sich nicht nach der Geburt? Was hat kein Herz? Und was vergrößert sich im eigenen Fließen?

Yudhishthira:
Ein Fisch schläft mit offenen Augen. Ein Ei bewegt sich nicht, nachdem es gelegt wurde. Ein Stein hat kein Herz, und ein Fluß schwillt aus eigenem Antrieb.

Yaksha:
Wer ist der Freund des Exilanten? Wer ist der Freund des Hausvaters? Wer der Freund des Kranken und Sterbenden?

Yudhishthira:
Der Freund des Vertriebenen im fernen Land ist der Gefährte. Der Freund des Hausvaters ist seine Ehefrau. Der Arzt ist der Freund des Kranken, und Hingabe ist der Freund des Sterbenden.

Yaksha:
Wer ist allen Kreaturen Gast? Was ist die ewige Pflicht? Was ist Amrit, oh bester König? Und worin besteht das ganze Universum?

Yudhishthira:
Agni ist der Gast aller Kreaturen. Die Milch der Kühe ist Amrit. Homa (Opfer) ist die ewige Pflicht, und im Raum besteht das ganze Universum.

Yaksha:
Was wandert allein? Was wird nach seiner Geburt immer neu geboren? Was ist das Heilmittel für Kälte? Und was ist das größte Feld?

Yudhishthira:
Die Sonne wandert allein. Der Mond nimmt immer neue Geburt. Das Feuer ist gegen Kälte, und die Erde ist das größte Feld.

Yaksha:
Was ist die höchste Zuflucht für Tugend, Ruhm, Himmel und Glück?

Yudhishthira:
Offenheit ist die höchste Zuflucht für Tugend, Wohltätigkeit für Ruhm, Wahrhaftigkeit für den Himmel und heilsames Handeln für Glück.

Yaksha:
Was ist die Seele des Mannes? Welchen Freund geben die Götter dem Mann an seine Seite? Was ist die größte Hilfe für Menschen? Und was ihre höchste Zuflucht?

Yudhishthira:
Der Sohn ist die Seele des Mannes und die Ehefrau sein gottgegebener Freund. Regen ist die größte Hilfe und Hingabe die höchste Zuflucht.

Yaksha:
Was ist das Beste aller lobenswerten Dinge? Was ist der wertvollste Besitz? Was der beste Gewinn und was das schönste Glücksgefühl?

Yudhishthira:
Das Lobenswerteste ist Erfahrung. Das Wertvollste ist Erkenntnis. Der größte Gewinn ist das Heil und das größte Glück die Zufriedenheit.

Yaksha:
Was ist die höchste Pflicht in der Welt? Welche Tugend trägt beständig Früchte? Was führt niemals zu Reue, wenn es gezügelt wird? Und welche Verbundenheit kann nicht gebrochen werden?

Yudhishthira:
Die höchste Pflicht, ist nicht zu schaden. Die Tugenden der drei Veden tragen beständig Früchte. Ein gezügelter Geist muß nie bereut werden. Und die Verbundenheit mit den Guten bricht niemals entzwei.

Yaksha:
Was macht einen zufrieden, wenn man darauf verzichtet? Was führt nicht zur Reue, wenn man davon abläßt? Was macht reich, wenn man drauf verzichtet? Und ohne was ist man glücklich?

Yudhishthira:
Ohne Selbstsucht ist man zufrieden. Der Verzicht auf Zorn muß niemals bereut werden. Ohne Wünsche ist man reich, und ohne Habgier ist man glücklich.

Yaksha:
Wofür beschenkt man Brahmanen, Schauspieler und Tänzer, Diener und Könige?

Yudhishthira:
Für religiösen Verdienst gibt man Brahmanen und für Ruhm Schauspielern und Tänzern. Man gibt den Dienern, um sie zu unterhalten, und Könige beschenkt man, um sich von Furcht zu befreien (um beschützt zu sein).

Yaksha:
Worin ist die Welt eingehüllt? Was verhindert die Selbsterkenntnis? Warum verläßt man Freunde? Und was kann einen davon abhalten, in den Himmel einzugehen?

Yudhishthira:
Die Welt ist von Dunkelheit umhüllt. Dunkelheit (Unwissenheit) verhindert die Selbsterkenntnis. Aus Habsucht verläßt man Freunde. Und die Anhaftung an die Welt verhindert einen Aufstieg in den Himmel.

Yaksha:
Wann betrachtet man jemanden als tot? Wann betrachtet man ein Königreich, ein Sraddha und ein Opfer als tot?

Yudhishthira:
Die Gier nach Reichtum macht einen Menschen leblos. Ein Königreich ohne König ist tot, wie auch ein Sraddha mit einem unwissenden Priester und ein Opfer ohne Gaben an die Brahmanen.

Yaksha:
Woraus besteht der Weg? Was wird als Wasser, Nahrung und Gift bezeichnet? Sag mir die angebrachte Zeit für ein Sraddha. Und dann trink und schöpfe soviel Wasser, wie du magst.

Yudhishthira:
Das Dharma ist der Weg. Der Raum wird als Wasser bezeichnet. Die (wünscheerfüllende) Kuh gibt die Nahrung. Die Begierde ist das Gift. Und der Brahmane bestimmt das Sraddha. Oder was denkst du darüber, oh Yaksha?

Yaksha:
Was wird als Merkmal wahrer Askese bezeichnet? Was ist wahre Zügelung? Was ist wahre Vergebung? Und was ist wahre Scham?

Yudhishthira:
In der eigenen Religion beständig zu sein, ist wahre Askese. Die Zügelung der Gedanken ist wahre Zügelung. Auch dem Feind zu vergeben, ist wahre Vergebung. Und alle unwürdigen Handlungen zu vermeiden, ist wahre Scham.

Yaksha:
Was, oh König, sind Wissen, Frieden, Barmherzigkeit und Einfalt?

Yudhishthira:
Wahres Wissen ist das Wissen von Göttlichkeit. Wahrer Frieden ist der Friede des Herzens. Wahre Barmherzigkeit wünscht das Wohl aller Wesen. Und wahre Einfalt ist die Sicht der Einheit.

Yaksha:
Welcher Feind ist unverletzbar? Welche Krankheit ist für Menschen tödlich? Welcher Mensch wird ehrbar und welcher ehrlos genannt?

Yudhishthira:
Der Zorn ist ein unverletzbarer Gegner. Die Gier ist eine tödliche Krankheit. Der Ehrbare wünscht das Wohl aller Wesen, und der Ehrlose ist unbarmherzig.

Yaksha:
Was ist Unwissenheit, oh König? Was ist Hochmut? Was versteht man unter Faulheit? Und was bezeichnet man als Leiden?

Yudhishthira:
Wahres Unwissen ist, wenn man seine Bestimmung nicht kennt. Hochmütig ist, wer meint, er persönlich sei Handelnder oder Leidender im Leben. Faulheit ist, wenn man seine Pflichten nicht erfüllt. Und Unwissenheit ist das Leiden.

Yaksha:
Was sagen die Rishis über Beständigkeit, Geduld, wahre Reinigung und wahres Mitgefühl?

Yudhishthira:
Beständigkeit ist das Verweilen in der eigenen Religion. Wahre Geduld ist die Zügelung der Sinne. Die wahre Reinigung reinigt den Geist von allem Unheilsamen. Und wahres Mitgefühl besteht im Beschützen aller Wesen.

Yaksha:
Welcher Mensch sollte als gelehrt, gottlos oder unwissend betrachtet werden? Was ist Begehren, und was sind seine Ursachen? Und was ist Neid?

Yudhishthira:
Als Gelehrter gilt, wer seine Pflichten kennt. Ein Gottloser ist unwissend, und ein Unwissender ist gottlos. Begierig ist, wer seinen Besitztümern untertan ist. Und Neid ist nichts anderes als die Unzufriedenheit des Herzens.

Yaksha:
Was sind Arroganz und Scheinheiligkeit? Worin besteht die Gnade der Götter? Und was ist Hinterhältigkeit?

Yudhishthira:
Arroganz ist sture Unwissenheit. Das Setzen eines religiösen Standards ist scheinheilig. Die Gnade der Götter ist die Frucht unserer Gaben. Und hinterhältig ist, wer schlecht von anderen spricht.

Yaksha:
Tugend, Gewinn und Liebe (Dharma, Artha und Kama) sind ganz gegensätzliche Dinge. Wie können sie zusammen existieren?

Yudhishthira:
Wenn eine Ehefrau tugendhaft lebt, dann können alle drei zusammen existieren.

Yaksha:
Oh Bulle des Bharata Geschlechts, wer ist zu ewigwährender Hölle verdammt? Antworte schnell auf diese Frage!

Yudhishthira:
Wer einen armen Brahmanen zu sich ruft mit dem Versprechen, ihn zu beschenken, und ihm dann erklärt, er habe nichts, der geht auf ewig in die Hölle ein. Dies geschieht auch dem, der die Veden, heiligen Schriften, Brahmanen, Götter und Riten zu Ehren der Ahnen verleumdet, so wie auch dem, der in Reichtum lebt, niemals gibt und voller Habsucht behauptet, er habe nichts.

Yaksha:
Wodurch wird ein Mensch zum Brahmanen: durch Geburt, Verhalten, Studium oder Gelehrtheit? Sag es mir mit Sicherheit.

Yudhishthira:
Höre, oh Yaksha. Weder Geburt, Studium oder Gelehrtheit machen die Brahmanenschaft aus. Ohne Zweifel ist es das Verhalten. Man sollte sich immer gut betragen, aber besonders als Brahmane. Wer sein Verhalten rein hält, ist selbst rein. Wer sein gutes Betragen verliert, ist selbst verloren. Ob Lehrer oder Schüler, alle Schriftgelehrten, und hätten sie auch die vier Veden studiert, wenn sie einem unheilsamen Verhalten verfallen sind, sollten sie als ungebildete Lumpen bezeichnet werden. Nur, wer heilsam handelt, ist gelehrt. Wer das Agnihotra ausführt und seine Sinne unter Kontrolle hat, wird Brahmane genannt.

Yaksha:
Was gewinnt man durch liebe Worte, gerechtes Handeln, viele Freunde und Hingabe an die Tugend?

Yudhishthira:
Wer liebe Worte spricht, wird geliebt. Wer gerecht handelt, erlangt alles Gesuchte. Wer viele Freunde hat, lebt glücklich. Und wer sich der Tugend zuneigt, gelangt zur Seligkeit.

Yaksha:
Wer ist wahrhaft glücklich? Was ist das größte Wunder? Was ist der Pfad? Und was ist das Neue? Beantworte mir diese vier Fragen und dann gib auch deinen toten Brüdern das Leben zurück.

Yudhishthira:
Oh Yaksha, wer am fünften oder sechsten Teil des Tages eine bescheidene Mahlzeit im eigenen Hause kocht, dabei frei von Schulden ist und sich nicht in die Fremde gezogen fühlt, der ist wahrhaft glücklich. Tag für Tag gehen zahllose Kreaturen ins Reich Yamas ein. Und doch meinen die Zurückgebliebenen, sie seien unsterblich. Was kann ein größeres Wunder sein? Diskussionen führen nicht zu sicheren Schlüssen, die Srutis (heiligen Schriften) sind untereinander ganz verschieden, es gibt nicht einen Rishi, dessen Meinung als unfehlbar anzunehmen ist, und die Wahrheit über Religion und Pflicht ist in dunklen Tiefen verborgen. Und doch ist dies der Pfad, den die Großen genommen haben. Diese Welt voller Unwissenheit ist wie ein Topf. Die Sonne ist das Feuer, die Tage und Nächte sind das Brennholz. Die Monate und Jahreszeiten sind der hölzerne Schöpflöffel. Und die Zeit ist der Koch, der (mit den genannten Mitteln) alle Geschöpfe in diesem Topf kocht. So entsteht Neues.

Yaksha:
Du hast alle meine Fragen gut und rechtschaffen beantwortet, oh Feindebezwinger. Sag mir nun, wer ein Mensch ist, und wer wahrlich allen Reichtum besitzt.

Yudhishthira:
Der Ruhm der guten Taten eines Menschen verbreitet sich über die Erde und gelangt bis in den Himmel. So lange dieser Ruhm währt, wird ist dieser Mensch bekannt. Und allen Reichtum besitzt wahrlich, wem Wohl und Wehe, Angenehmes und Unangenehmes, Vergangenheit und Zukunft gleich viel gelten.

Yaksha:
Mit dieser Antwort hast du dir verdient, daß einer deiner Brüder zum Leben wiedererweckt wird. Wen wählst du aus?

Yudhishthira:
Möge dieser mit der dunklen Haut, den roten Augen, der breiten Brust, den langen Armen und der hochgewachsenen Gestalt wie ein Sal Baum wieder leben. Möge Nakula sich erheben, oh Yaksha.

Da fragte der Yaksha:
Bhimasena ist dir nah, und von Arjuna hängt alles ab. Warum wünschst du dir das Leben für deinen Stiefbruder, oh König? Wie kannst du für Nakula auf Bhima verzichten, dessen Stärke der von tausend Elefanten gleicht? Die Leute sagen, daß Bhima dir nah steht. Aus welchem Grunde möchtest du deinen Stiefbruder wiederbeleben? Und auch auf Arjuna willst du verzichten, dessen Macht alle Söhne des Pandu verehren? Warum Nakula?

Yudhishthira:
Wer die Tugend opfert, ist verloren. Wer die Tugend ehrt, ist geehrt. Und so versuche ich, immer der Tugend zu folgen, damit sie uns nicht opfert. Andere nicht zu verletzen, ist die größte Tugend und für mich das höchst zu Erringende. Ich strebe immer danach, oh Yaksha, und so möge Nakula auferstehen. Mein Vater hatte zwei Ehefrauen, Kunti und Madri. Mögen sie beide Kinder haben, dies ist mein Wunsch. Was Kunti mir bedeutet, das bedeutet mir auch Madri. In meinen Augen gibt es keinen Unterschied zwischen den beiden. Und ich möchte mich zu beiden Müttern gleich verhalten. So laß Nakula leben.

Da sprach der Yaksha:
Weil du das Nichtverletzen anderer als größte Tugend betrachtest, noch viel höher als Gewinn und Vergnügen, lasse ich alle deine Brüder wieder leben, oh Bulle unter den Bharatas.


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