Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 248 – Duryodhana wird von Trauer überwältigt

Duryodhana fuhr fort:
Als nächstes sprach Arjuna, dieser Bezwinger aller Feinde, lächelnd und gleichfalls männlich zu Chitrasena:
Oh Held, es ziemt sich für dich, meine Brüder freizulassen. Solange die Pandavas leben, darf ihnen keine Kränkung geschehen.

Nun, oh Karna, enthüllte Chitrasena den wahren Grund unseres Kommens, daß wir uns am Elend der Pandavas weiden wollten. Nichts blieb verborgen, und voller Schande sehnte ich mich nach einer Spalte im Erdreich, in der ich versinken könnte. Dann gingen alle zu Yudhishthira, erzählten ihm von unseren Absichten und übergaben uns Gebundene an ihn. Ach, welch größere Pein konnte mir geschehen: Vor den Augen meiner Frauen wurde ich Elender in Ketten und unter vollkommener Kontrolle des Feindes dem Yudhishthira als Tribut übergeben! Und ach, diese, die ich ständig gequält und verfolgt habe, denen ich immer ein Feind war, sie entließen mich aus der Gefangenschaft, so daß ich kleiner Wicht ihnen nun mein Leben schulde. Oh Held, wäre ich nur in der Schlacht dem Tod begegnet! Das wäre weitaus besser gewesen, als auf diese Weise mein Leben zu bewahren. Wäre ich in der großen Schlacht mit den Gandharvas im Kampf gestorben, hätte sich mein Ruhm über die Welt verbreitet und ich hätte die ewigwährenden, himmlischen und glückseligen Bereiche Indras gewonnen.

Doch hört nun, ihr Bullen unter den Männern, was ich gedenke zu tun. Kehrt ihr nach Hause zurück. Ich bleibe hier und verzichte auf alle Nahrung. Mögen meine Brüder, alle Freunde, auch du Karna und Dushasana nach Hastinapura gehen. Vom Feind dermaßen erniedrigt, kehre ich nicht wieder heim. Ich, der seinem Feind immer Respekt abgerungen hatte, und von seinen Freunden geachtet wurde, bin nun zur Quelle von Leid bei meinen Freunden und zur Freude bei meinen Feinden geworden. Was soll ich zum König in der Stadt, die nach dem Elefanten benannt ist, sagen? Was werden Bhima, Drona, sein Sohn Aswatthaman, Kripa, Vidura, Sanjaya, Somadatta, die Anführer der Gewerke, die geachteten Bürger und all die anderen Altehrwürdigen zu mir sagen? Und was soll ich ihnen entgegnen? Einst stand ich über den Häuptern meiner Feinde und trampelte auf ihrer Brust herum. Doch nun fiel ich tief. Wie könnte ich je wieder mit irgend jemandem sprechen? Unverschämte Menschen sind selten für längere Zeit gesegnet, auch wenn sie einst Wohlstand, Wissen und Überfluß erlangten, denn sie sind wie ich mit Eitelkeit angeschwollen. Weh, von Torheit getrieben habe ich eine äußerst unangemessene und üble Tat begangen, und versinke dafür nun im Leiden. Lieber hungere ich mich hier zu Tode, denn das Leben wurde mir unerträglich. Welcher vernunftbegabte Mann könnte sich mit seiner Existenz weiterschleppen, wenn er von seinem Feind aus einer solchen Notlage befreit wurde? Ich bin stolz, doch der Feind hat über mich gelacht und mir meine Männlichkeit genommen. Und nun haben die heldenhaften Pandavas mich im Elend gesehen.

Dann sprach Duryodhana zu Dushasana:
Oh Bruder, höre meine Worte, du aus dem Geschlecht der Bharatas. Nimm den Thron an, den ich dir hiermit anbiete, und sei du König an meiner statt. Regiere du die weite Erde, von Karna und Shakuni beschützt. Wie Indra sich um die Maruts kümmert, so behandle du deine Brüder auf solche Weise, daß sie dir immer vertrauen. Mögen deine Freunde und Verwandten an dir hängen, wie die Götter an Indra mit den hundert Opfern. Gib fleißig den Brahmanen, und sei deinen Vertrauten stets Zuflucht. Wie Vishnu für die Himmlischen sorgt, so sorge du für deine Blutsverwandten. Geh, herrsche über die Erde, erfreue deine Freunde und bestrafe deine Feinde!

Dann klopfte er Dushasana auf die Schulter und sprach noch einmal: „Geh!“ Doch Dushasana stand traurig und völlig überwältigt von Kummer da, Tränen in den Augen und die Stimme kraftlos vor lauter Seufzern. Dann faltete er seine Hände, beugte sein Haupt und bat seinen älteren Bruder: „Gnade!“ Dann sank dieser Tiger unter den Männern mit schwerem Herzen zu Boden und beweinte die Füße seines Bruders mit den Worten:
Dies wird niemals geschehen! Und wenn die Erde sich spaltet, der Himmel in Stücke zerbricht, die Sonne ihren Glanz abwirft, der Mond seine Kühle verbannt, der Wind sich zur Ruhe begibt, der Himavat von seinem Platz geschoben wird, alle Wasser des Ozeans austrocknen und das Feuer seine Hitze aufgäbe – ich werde niemals ohne dich die Erde regieren! Sei gnädig, oh König. Laß ab davon. Du allein sollst unser König sein für hundert Jahre.

Dann weinte er wieder und hielt die Füße seines verehrten älteren Bruders fest umschlossen. Bei diesem Anblick sprach Karna tief bewegt:
Ihr Kuru Prinzen, warum gebt ihr euch wie gewöhnliche Menschen ganz ohne Vernunft dem Kummer hin? Weinen hat noch niemals einen Kummer beseitigt. Was gewinnt ihr euch mit dem Schwelgen in Verzweiflung? Ruft die Geduld zur Hilfe, und erfreut den Feind nicht mit solchem Betragen. Oh König, die Pandavas folgten nur der Pflicht, als sie dich befreiten. Wer im Reich des Königs lebt, sollte immer dem König nützen. Von dir beschützt leben die Pandavas unbeschwert in deinem Reich. Und daher frommt es dir nicht, dich so in Kummer zu stürzen wie ein gewöhnlicher Mensch. Schau, wie traurig und verzweifelt deine Brüder sind, weil du beschlossen hast, deinem Leben ein Ende zu bereiten. Du bist gesegnet! Erhebe dich, geh in die Hauptstadt und beruhige deine Brüder!


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