Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 198 – Sivi und seine Brüder

Unermüdlich baten die Söhne des Pandu:
Oh Markandeya, erzähle uns noch mehr von dem großen Schicksal von Königen.

Markandeya sprach:
Zum Pferdeopfer von König Ashtaka aus dem Geschlecht des Vishvamitra kamen viele Könige. Auch die drei Brüder (Stiefbrüder, gemeinsame Mutter Madhavi, siehe ab MHB 5.114) des Königs, nämlich Pratardana, Vasumanas und Sivi, Sohn von Usinara, waren dabei. Nach dem Opfer reiste Ashtaka mit seinen Brüdern in seinem Wagen und begegnete Narada. Sie grüßten den himmlischen Rishi und luden ihn ein:
Fahre mit uns in diesem Wagen.

Narada stimmte zu und erklomm das Gefährt. Sogleich ehrte einer der Drei den Rishi und bat ihn:
Oh Heiliger, ich möchte dich etwas fragen.

Der Rishi:
Frag nur.

Und solchermaßen ermutigt kam die Frage:
Wir alle vier sind mit einem langen Leben und allen Tugenden gesegnet. So sollte es uns erlaubt sein, in einen bestimmten Himmelsbereich aufzusteigen und dort lange zu bleiben. Doch wer unter uns, oh Rishi, wird zuerst wieder herabfallen?

Narada antwortete:
Ashtaka wird als Erster hinabfallen.

Der Fragende:
Aus welchem Grund?

Narada:
Ich lebte für einige Tage im Hause von Ashtaka. Einmal nahm er mich auf seinem Wagen mit, und wir verließen die Stadt. Da erblickte ich tausend unterschiedlich gefärbte Kühe und fragte Ashtaka, wem sie wohl gehörten. Er antwortete mir: „Diese Kühe habe ich verschenkt.“ Mit dieser Antwort lobte er sich selbst. Und genau wegen dieser Antwort, muß er den Himmel wieder verlassen.

Fragender:
Und wer wird von den drei Verbleibenden als nächster hinabfallen?

Narada:
Pratardana.

Fragender:
Aus welchem Grund?

Narada:
Auch bei Pratardana verbrachte ich einige Zeit, und auch er nahm mich auf seinem Wagen mit. Als wir unterwegs waren, bat ihn ein Brahmane: „Gib mir ein Pferd.“ Worauf Pratardana erwiderte: „Sobald ich heimgekehrt bin, werde ich es dir geben.“ Doch der Brahmane mahnte ihn: „Gib es mir gleich.“ Und erst nach diesen Worten des Brahmanen spannte Pratardana das Pferd aus, welches vor dem rechten Wagenrad stand, und gab es ihm. Kurz darauf kam zu ihm ein anderer Brahmane und wünschte sich ebenfalls ein Pferd. Erst sprach Pratardana zu ihm in selber Weise, und dann gab er ihm das Pferd, was vor dem linken Wagenrad angespannt gewesen war. Dann ging die Reise weiter, bis wieder ein Brahmane vor den König trat, welcher ein Pferd besitzen wollte. Sogleich spannte der König das Pferd aus, welches links vorn gezogen hatte, und gab es dem Brahmanen. Wieder unterwegs zeigte sich noch ein Brahmane, der um ein Pferd bat. Der König sprach zu ihm: „Zu Hause angekommen, gebe ich dir ein Pferd.“ Doch der Brahmane drängte: „Gib es schnell.“ So gab ihm der König das letzte Pferd, und spannte sich schließlich selbst vor das Joch. Den Wagen ziehend sprach er: „Nun ist nichts mehr da für die Brahmanen.“ Nun, der König hat gegeben, das ist wahr. Doch er tat es herablassend und zögernd. Und für seine Worte wird er aus dem Himmel fallen.

Fragender:
Und wer von uns beiden Verbliebenen wird als nächstes hinabfallen?

Narada:
Vasumanas.

Fragender:
Aus welchem Grund?

Narada:
Auf meinen Wanderungen kam ich einmal zur Heimstatt Vasumanas, als gerade die Brahmanen die Zeremonie Swasti Vachana für einen Blumenwagen durchführten. Ich trat vor den König hin, und nachdem die Brahmanen die Zeremonie vollendet hatten, wurde der Blumenwagen sichtbar. Ich lobte den Wagen, und der König sprach zu mir: „Oh Heiliger, von dir wurde der Wagen gelobt. Möge er darum dein sein.“ Später ging ich noch einmal zu Vasumanas, weil ich einen Blumenwagen benötigte. Wieder bewunderte ich den Wagen, und er sprach: „Er ist dein.“ Ein drittes Mal tat ich so, und lobte wieder den Wagen. Doch diesmal, als der Wagen für die Brahmanen sichtbar geworden war, blickte mich der König an und sprach: „Oh Heiliger, du hast den Blumenwagen ausreichend gelobt.“ Nur diese Worte sprach er, ohne mir den Wagen als Gabe zu überreichen. Dafür wird er aus dem Himmel fallen.

Fragender:
Von denen, die mit dir gehen, wer wird fallen und wer weitergehen?

Narada:
Sivi wird weitergehen, und ich werde fallen.

Fragender:
Aus welchem Grund?

Narada:
Ich bin Sivi nicht ebenbürtig. Eines Tages kam ein Brahmane zu Sivi und bat ihn: „Oh Sivi, ich komme zu dir wegen Nahrung.“ Sivi fragte ihn: „Was soll ich tun? Gib mir deine Befehle.“ Und der Brahmane sagte: „Dein Sohn Vrihadgarbha soll geschlachtet und für mich gekocht werden.“ Als ich dies hörte, wartete ich, was folgen würde. Sivi tötete seinen Sohn, kochte ihn, legte das Essen in einen Topf, welchen er auf seinen Kopf stellte, und machte sich auf die Suche nach dem Brahmanen. Während er ihn suchte, sagte jemand zu ihm: „Der Brahmane, den du suchst, legt gerade Feuer in deinem Haus. Vor Zorn setzt er alles in Brand, deine Schatz- und Waffenkammer, die Frauengemächer und die Ställe für die Pferde und Elefanten.“ Sivi hörte dies alles, ohne die Gesichtsfarbe zu wechseln. Er kehrte zu seinem Haus zurück und sprach zum Brahmanen: „Oh Heiliger, dein Essen ist fertig.“ Völlig überrascht sprach der Brahmane kein Wort und stand nur da mit hängendem Kopf. Sivi wollte dem Brahmanen Gutes tun und bat ihn: „Oh Heiliger, iß dich nur satt.“ Für einen Moment blickte der Brahmane Sivi an und sprach dann: „Iß es selbst.“ Sivi stimmte zu: „So sei es.“, nahm den Topf herunter und langte hinein. Da hielt der Brahmane Sivis Hand fest und sprach: „Du hast wahrlich den Zorn überwunden. Es gibt nichts, was du einem Brahmanen nicht geben könntest.“ Mit diesen Worten ehrte der Brahmane Sivi, und als dieser wieder aufblickte, stand sein Sohn vor ihm wie ein Kind der Götter in herrliche Ornamente gehüllt und einen angenehmen Duft verströmend. Der Brahmane hatte alles vollbracht und machte sich unsichtbar. Es war Vidhatri (Brahman) selbst, der verkleidet gekommen war, den König auf die Probe zu stellen. Nachdem Vidhatri verschwunden war, fragte ein Berater den König: „Du weißt alles. Warum hast du all dies getan?“ Und Sivi antwortete: „Weder für Ruhm, Vergnügungssucht noch für Reichtum habe ich es getan. Der Pfad der Tugendhaften wird gelobt. Und mein Herz ist immer diesem Pfad zugeneigt.“ Ich weiß um dieses Beispiel von Sivis hoher Seligkeit und habe es euch wahrheitsgetreu erzählt.


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