Janamejaya fragte:
Nachdem der hochbeseelte Arjuna zur Region Indras gegangen war, was taten da Yudhishthira und die anderen Söhne des Pandu?
Vaisampayana antwortete:
Nun, die Brüder lebten mit Draupadi im Wald und bekümmerten sich sehr über ihre Trennung von Arjuna. Eines Tages saßen sie auf einer sauberen und einsamen Wiese und weinten sorgenvoll um Dhananjaya.
Mit vor Seufzern stockender Stimme sprach Bhima zu Yudhishthira:
Auf dein Geheiß ging Arjuna fort, dieser Bulle der Bharatas, von dem unser Leben abhängt. Wenn er stirbt, dann sind auch die Panchalas, unsere Söhne, Satyaki und Vasudeva zum Tode verurteilt. Was kann nun trauriger sein für uns, als nach seinem Weggang an seine vielen Sorgen zu denken? Wir wähnten unsere Feinde als bereits geschlagen und die ganze Erde gewonnen, wenn wir uns seiner Stärke überließen. Wegen ihm verzichtete ich damals in der Versammlung darauf, all die Söhne Dhritarashtras und Shakuni in die andere Welt zu schicken. Obwohl wir starke Arme und Vasudeva als unsere Zuflucht haben, müssen wir wegen dir diesen Zorn unterdrücken, der sich in uns erhob. Dabei wären wir wohl in der Lage, mit Krishnas Hilfe alle unsere Feinde mit Karna an ihrer Spitze zu schlagen und die gesamte Erde zu erobern. Wir haben Entschlossenheit und sind trotzdem vom Elend überwältigt, weil du lasterhaft spieltest und die Söhne Dhritarashtras mit unserem Tribut noch reicher machtest.
Oh mächtiger Monarch, es ziemt sich für dich, die Pflichten der Kshatriyas im Auge zu behalten. Und es ist wahrlich nicht die Pflicht eines Kshatriya, im Walde zu leben. Die Weisen sagen, daß die Regentschaft die oberste Aufgabe eines Kshatriya ist. Oh König, du kennst das alles, darum verlasse nicht den Pfad der Pflicht. Laß uns dem Wald den Rücken kehren, Arjuna und Krishna zu uns rufen und die Söhne Dhritarashtras noch vor Ablauf des Exils besiegen. Oh ruhmreicher Monarch, du König der Könige, auch wenn die Söhne Dhritarashtras von dichten Reihen Soldaten umringt sind, ich schicke sie alle mit meiner Macht allein in die andere Welt. Ich werde alle töten, die Söhne Dhritarashtras, Shakuni, Karna und jeden anderen, der sich mir stellt. Und wenn ich alle getötet habe, magst du in die Wälder zurückkehren. Wenn du so handelst, begehst du keinen Fehler, oh König. Und mit vielen reinigenden Opfern gehen wir in einen vorzüglichen Himmel ein, oh Herr. Dies wird geschehen, wenn unser König nicht unweise oder zögerlich handelt. Du bist tugendhaft. Die Betrügerischen können durch Betrug vernichtet werden, dies wird nicht als Sünde angesehen. Die in Moral Gelehrten sagen außerdem, daß ein Tag und eine Nacht einem ganzen Jahr gleichen. Auch in Veda Texten, oh du Hoher, wird gesagt, daß ein Tag einem ganzen Jahr entspricht, wenn schwierigen Gelübden gefolgt wird. Oh du von niemals schwindender Herrlichkeit, wenn die Veden eine Autorität für dich sind, dann erachte dreizehn Tage für dreizehn Jahre. Es ist an der Zeit, oh Feindebedränger, Duryodhana mit seinen Anhängern zu schlagen. Sonst wird er die ganze Erde seinem Willen unterwerfen. Oh bester Monarch, und das alles kam nur, weil du dem Würfelspiel folgtest. Wir befinden uns schon am Rand der Vernichtung, weil du versprochen hast, daß wie ein Jahr unentdeckt leben werden. Ich kann mir kein Land vorstellen, indem Duryodhanas Spione uns nicht entdecken könnten. Und wenn wir von ihm entdeckt werden, wird der betrügerische Lump uns sofort wieder ins Exil schicken. Selbst wenn wir nach der abgemachten Zeit wieder auftauchen und alle Versprechen erfüllt sind, wird er dich erneut zum Würfelspiel einladen, großer König, und das alte Spiel beginnt von neuem. Denn du wirst dem Ruf folgen und dich wieder auslöschen, denn du kennst die Würfel nicht und wirst deine Sinne erneut verlieren. Deshalb, oh Monarch, wirst du wieder im Wald leben müssen. Doch es ziemt sich nicht für dich, oh mächtiger König, uns das Leben zu vergällen. Folge du den Traditionen der Veden, und beachte, daß Betrüger wahrlich mit Betrug zu schlagen sind. Wenn du mir nur den Befehl geben würdest, ginge ich sofort nach Hastinapura und fiele über Duryodhana her wie ein Feuer über einen Heuhaufen. Meine größte Macht ließe ich frei. So bitte ich dich um deine Erlaubnis.
Da roch König Yudhishthira, der Gerechte, an Bhimas Haupt und sprach besänftigend auf ihn ein:
Oh du Starkarmiger, ohne Zweifel wirst du mithilfe von Arjuna, dem Träger von Gandiva, Duryodhana nach Ablauf des dreizehnten Jahres schlagen. Doch bezüglich deiner Behauptung, daß die Zeit des Exils bereits vorbei sei, muß ich dir antworten, daß ich das nicht wagen kann, denn in mir ist keine Unwahrheit. Oh Sohn der Kunti, du wirst ganz ohne die Hilfe von Betrug den übelgesinnten und unbezähmbaren Duryodhana mitsamt seinen Verbündeten besiegen.
In diesem Augenblick erschien der große und berühmte Rishi Vrihadashwa vor ihnen. Sogleich ehrte und grüßte ihn der gerechte König und bot ihm Maduparka (gewöhnlicherweise Honig, Quark, geklärte Butter, Zucker und Milch in einer kleinen Metalltasse) an. Nachdem sich der Asket gesetzt und erfrischt hatte, setzte sich der starkarmige Yudhishthira zu ihm und sprach ihn mit äußerst mitleiderregenden Worten an:
Oh Heiliger, ich wurde von betrügerischen und erfahrenen Spielern zu den Würfeln gerufen und verlor mein Königreich und all meine Reichtümer. Ich bin kein Schüler des Spiels und kenne keinen Betrug. So unterlag ich sündigen Männern, die unfair spielten. Sie brachten sogar meine Gattin in die öffentliche Versammlung, die mir lieber ist als mein Leben. Auch ein zweites Mal schlugen sie mich und sandten mich in ein kummerbeladenes Exil in diesem großen Wald, wo wir alle nun Hirschfelle tragen. Ich führe hier ein sorgenvolles Leben, und mein Herz schmerzt. All die groben und demütigenden Worte, die sie mir beim Spiel gaben, und auch alle Worte meiner trauernden Freunde und Untertanen erfüllen gänzlich meine Erinnerung. Sie mir immer und immer wieder aufsagend, verbringe ich meine Nächte in schlafloser Sorge. Und ohne meinen Bruder Arjuna, diesem ruhmvollen Träger des Gandiva, von dem unser aller Leben abhängt, fühle ich kaum noch Leben in mir. Ach, wann werde ich den lieblich sprechenden und großherzigen Arjuna wiedersehen, der so voller Freundlichkeit und Tatkraft ist? Wann wird er zu uns zurückkehren und alle Waffen mitbringen? Gibt es einen König auf Erden, der mehr leidet als ich? Hast du je von einem Unglücklichen wie mir zuvor gehört? Ich denke oft, daß es keinen Elenderen gibt als mich.
Vrihadashwa antwortete:
Oh großer König, Sohn des Pandu, du sagst, es gäbe keinen Elenderen als dich. Oh du Sündenloser, wenn du es hören möchtest, werde ich dir die Geschichte eines Königs erzählen, dem es noch schlimmer erging als dir.
Da sprach der König:
Oh Ruhmreicher, erzähl sie mir, ich möchte die Geschichte von diesem König hören und wie er in diese Notlage kam.
Vrihadashwa sprach:
Oh König, der du niemals (von der Tugend) abfällst, so lausche mir aufmerksam und auch deine Brüder. Ich werde dir alles erzählen. Es lebte einst der gefeierte König der Nishadas namens Virasena. Er hatte einen Sohn namens Nala, der um Tugend und Wohlstand wußte. Es wird erzählt, daß er von Pushkara betrogen und besiegt wurde, in tiefes Elend stürzte und mit seiner Gemahlin in die Wälder ging. Dort hatte er weder Diener noch Fuhrwerke, keine Brüder und Freunde. Dagegen bist du, oh Yudhishthira, von deinen heldenhaften Brüdern umgeben, die den Himmlischen gleichen, und lebst unter vorzüglichen Brahmanen, alle dem Brahma gleich. Daher ist es nicht schicklich für dich, so zu trauern.
Yudhishthira sprach:
Ich bin neugierig, alle Details der Geschichte von Nala zu erfahren, oh Bester der redegewandten Männer. Bitte erzähle sie mir ausführlich.