Pushpak Mahabharata Buch 3Zurück WeiterNews

Kapitel 4 – Vidura spricht mit Dhritarashtra

Nachdem die Pandavas in die Wälder abgereist waren, wurde Dhritarashtra, der Sohn von Ambika, dessen einziges Auge sein Wissen war (Prajnachakshu: der mit dem prophetischen Auge), sehr schwermütig. Bequem sitzend sprach der König eines Tages zum klugen und tugendhaften Vidura:
Dein Verständnis ist so klar wie das von Bhargava (Sukra, der Lehrer der Dämonen). Du weißt um alle Feinheiten der Moral und schaust auf alle Kauravas mit gleichem Auge. Oh sag mir, was für mich und uns das Beste ist. Oh Vidura, die Dinge nahmen ihren Lauf. Doch was sollen wir jetzt tun? Wie kann ich das Wohlwollen der Bürger sichern, damit wir nicht bis zur Wurzel zerstört werden? Oh rate mir, denn du bist mit allem vertraut, was heilsam ist.

Vidura antwortete:
Die Weisen sagen: Die drei Lebensziele (Gewinn, Liebe, Erlösung) gründen sich auf Tugend, wie auch ein Königreich sich auf Tugend gründen sollte. Daher, oh König, halte deine Söhne und die Söhne Pandus mit all deiner Kraft und Tugend in allen Ehren. Die Tugend wurde von hinterhältigen Seelen unter Führung von Suvalas Sohn (Shakuni) vertrieben, als deine Söhne den gerechten Yudhishthira zum Würfelspiel luden und ihn besiegten. Oh König, für diese totale Schändlichkeit sehe ich nur eine Buße, mit der dein Sohn sich von dieser Sünde befreien und sich seine Stellung unter guten Menschen zurückgewinnen kann. Oh Anführer der Kurus, laß den Sohn des Pandu genießen, was du ihm bereits gabst. Denn dies ist die höchste Moral eines Königs, daß er zufrieden ist und nicht neidisch die Besitztümer anderer begehrt. Dann würde dein guter Ruf nicht leiden, und es gäbe keinen Streit in der Familie und keine Ungerechtigkeit. Dies ist jetzt deine erste Pflicht: ehre die Pandavas und bestrafe Shakuni. Wenn du deinen Söhnen ihr verlorenes Glück wiedergeben willst, mußt du eilends handeln. Wenn du untätig bleibst, werden die Kurus ihrer Vernichtung begegnen, denn weder Arjuna noch Bhima werden im Zorn nur einen einzigen Gegner verschonen. Und was wäre in dieser Welt unerreichbar für jene, die zu ihren Kriegern den kampferfahrenen Savyasachi (Arjuna) mit der mächtigsten aller Waffen, dem Bogen Gandiva, und den starken Bhima zählen? Vor vielen Jahren, als dein Sohn geboren wurde, sagte ich zu dir: Verbanne diesen unglückbringenden Sohn, und tue deinem Geschlecht damit Gutes. Doch du folgtest nicht meinem Rat. Heute habe ich dir wieder den Weg zu deinem Wohlergehen aufgezeigt. Wenn du tust, wie ich dir sage, wirst du es später nicht bereuen müssen. Wenn dein Sohn zustimmt, gemeinsam und friedlich mit den Söhnen Pandus zu regieren, wirst du deine Tage in Freude verbringen und nicht bereuen müssen. Kann dein Sohn dem nicht zustimmen, sag dich los von ihm um deines eigenen Glückes willen. Laß Duryodhana beiseite und übergib dem Sohn des Pandu die Herrschaft, damit er frei von Begierde die Erde tugendhaft regieren möge. Dann werden unverzüglich alle Könige der Erde uns wie Vaisyas alle Ehren erweisen. Dann werden Duryodhana, Shakuni und Karna den Pandavas dienen. Dushasana muß Bhima und die Tochter von Drupada vor dem ganzen Hof um Vergebung bitten. Und du wirst Yudhishthira besänftigen, indem du ihn mit allen Zeichen der Verehrung auf den Thron setzt. Du hast mich gefragt, mehr kann ich dir nicht raten. Wenn du meinen Worten folgst, oh Monarch, handelst du angemessen.

Doch Dhritarashtra sprach:
Deine Worte vor dieser Versammlung hier, oh Vidura, sind nur den Pandavas von Nutzen und nicht uns. Mein Geist kann sie nicht loben. Wie konnte sich das alles in deinem Geist formen? Was du über die Pandavas gesagt hast, führt mich zu der Erkenntnis, daß du mir nicht freundlich gesinnt bist. Wie kann ich zum Wohle der Söhne Pandus mich von meinen eigenen Kindern lossagen? Die Pandavas gehören zweifellos zu meiner Familie, doch Duryodhana ist mein eigen Fleisch und Blut. Welcher Unvoreingenommene kann von mir verlangen, meinem eigenen Fleisch und Blut für das Wohl anderer zu entsagen? Oh Vidura, was du gesagt hast, klingt mir krumm, obwohl ich dich sonst hoch achte. Bleib oder geh! Tu, was dir beliebt. Eine untreue Ehefrau wird ihren Gatten bald verlassen, auch wenn sie gut behandelt wird.

Vaisampayana sprach:
Abrupt erhob sich Dhritarashtra bei diesen Worten und ging in die inneren Gemächer. Vidura seufzte: „Dieses Geschlecht ist verdammt!“, und verließ den Palast, um zu den Pandavas zu reisen.


Zurück Inhaltsverzeichnis Weiter