Pushpak Mahabharata Buch 2Zurück WeiterNews

Kapitel 71 – Dhritarashtra gewährt Draupadi Segen

Nun sprach Karna noch einmal:
Von allen Anwesenden hier scheinen nur Bhishma, Drona und Vidura unabhängig zu sein, denn die drei sprechen übel von ihrem Meister, kritisieren ihn und wünschen ihm niemals Wohlstand. Doch, du Vorzügliche, Sklaven, Söhne und Ehefrauen sind immer abhängig. Sie können sich keine Güter gewinnen, denn alles gehört ihrem Herrn. Du bist die Gattin eines Sklaven, der nichts Nennenswertes mehr besitzt. Zieh dich nun in die inneren Gemächer von Dhritarashtra zurück und diene der Familie des Königs. Wir bestimmen, daß dies deine angemessene Aufgabe sei. Und, oh Prinzessin, alle Söhne Dhritarashtras sind nun deine Meister, und nicht die Söhne Prithas. Nun, du Schöne, wähle dir einen besseren Ehemann, einen, der dich nicht verspielt und zur Sklavin macht. Es ist allgemein üblich, daß Sklavinnen nicht getadelt werden, wenn sie sich aus freien Stücken einen Gatten wählen. Also handle danach. Denn Nakula wurde gewonnen, ebenso Bhimasena, Yudhishthira, Sahadeva und Arjuna auch. Du bist nun eine Sklavin, oh Draupadi. Und deine versklavten Ehemänner können nicht länger deine Herren sein. Und bedenke dies: Betrachtet der Sohn der Pritha das Leben nicht als unnütz und mißachtet Heldenmut und Männlichkeit, wenn er die Tochter des Königs von Drupada hier vor aller Augen als Wetteinsatz anbot?

Nach diesen Worten atmete der aufgebrachte Bhima schwer und bot ein Bild des Jammers. Doch gehorsam zu König, Tugend und Pflicht sprach er nur mit zornig brennenden Augen:
Oh König, ich darf mich über die Worte dieses Sohnes eines Suta nicht aufregen, denn wir befinden uns wahrlich selbst im Status von Dienern. Aber oh König, hätten unsere Feinde dies zu mir sagen dürfen, wenn du nicht die Prinzessin verwettet hättest?

Duryodhana entblößt seinen Oberschenkel, Bhimas Eid

Nun wandte sich Duryodhana an den schweigenden und fast besinnungslos scheinenden Yudhishthira:
Nun König, sowohl Bhima, Arjuna als auch die Zwillinge sind unter deiner Herrschaft. Beantworte nun Draupadis Frage. Sprich, ob du sie als gewonnen betrachtest oder nicht.

Und nachdem er diese Worte gesprochen hatte, wollte er Karna ermutigen und Bhima demütigen. So entblößte er kurz seinen linken Oberschenkel, der dem Stamm einer Platane oder dem Rüssel eines Elefanten glich, welcher mit allen glücksverheißenden Zeichen gesegnet war und die Stärke des Donners besaß, und zeigte ihn Draupadi. Da riß Bhima seine wutroten Augen auf und sprach inmitten all der Könige zu Duryodhana die wie Pfeile bohrenden Worte:
Möge ich, Bhima, niemals die Bereiche erlangen, welche meine Vorfahren errungen haben, bis ich in der großen Schlacht diesen Oberschenkel von dir zertrümmert habe.

Dabei flogen Funken von Bhimas zornerfülltem Körper als ob ein feurig lodernder Holzstamm sie versprühen würde.

Nun sprach Vidura zu allen Anwesenden:
Ihr Könige aus dem Geschlecht von Pratipa, seht nur die große Gefahr, die sich durch Bhima erhebt. Seid gewiß, daß das Schicksal den Bharatas mit einer großen Katastrophe droht. Die Söhne Dhritarashtras haben gespielt und dabei wirklich alle angemessenen Grenzen überschritten. Und jetzt diskutieren sie in aller Öffentlichkeit über eine königliche Dame. Der Wohlstand unseres Königreichs neigt sich dem Ende zu! Weh, die Kauravas verlieren sich in immer sündigere Reden. Hört mich, ihr Kauravas, und nehmt euch folgende hohe Regel zu Herzen: Wenn die Tugend verstoßen wird, wird die ganze Versammlung verunreinigt. Wenn Yudhishthira sie gesetzt hätte, bevor er selbst gewonnen wurde, hätte jeder gemeint, er wäre ihr Meister. Doch wenn einer spielt und setzt, ohne etwas besitzen zu können, dann ist Gewinn nur ein Traum. Hört nicht auf die Worte des Königs von Gandhara und fallt nicht von der Wahrheit ab.

Noch einmal drängte Duryodhana:
Ich bin willens, den Worten von Bhima, Arjuna und den Zwillingen zu folgen. Wenn sie bestätigen, daß Yudhishthira nicht ihr Meister ist, dann wird Draupadi von der Sklaverei befreit sein.

Daraufhin sprach Arjuna:
Der ruhmreiche Sohn der Kunti, König Yudhishthira der Gerechte, war sicherlich unser Meister, bevor er anfing zu spielen. Da er sich nun im Spiel verloren hat, müssen die Kauravas selbst entscheiden, wessen Meister er nach alldem noch sein könnte.

Böse Omen zeigen sich

Doch da begann ein Schakal in der Opferhalle von König Dhritarashtras Palast laut zu bellen. Ihm schlossen sich die Esel mit Gebrüll an, und viele gräßlich schreiende Vögel vermehrten aus allen Richtungen das mißtönende Gedröhn. Sowohl Vidura als auch die Tochter von Suvala (Gandhari) verstanden die Bedeutung des schrecklichen Lärms. Bhishma, Kripa und Drona riefen laut: „Swasti! Swasti!“ (Frieden), und Vidura und Gandhari erklärten König Dhritarashtra in großer Aufregung, was alles geschehen war und was es bedeutete.

Daraufhin sprach Dhritarashtra:
Oh Duryodhana, du Übelgesinnter, wenn du in solch kränkenden Worten zu Draupadi, der Gattin dieser Bullen aus dem Kuru Geschlecht, sprichst, dann hat dich die Vernichtung schon übermannt.

Dann überlegte der weise König eine Weile, besann sich auf sein Wissen und beruhigte die Prinzessin von Panchala, denn er wünschte seiner Familie und seinen Freunden Frieden.

So sprach der Monarch zu Draupadi:
Erbitte einen Segen von mir, oh Prinzessin von Panchala, was immer du begehrst. So keusch und tugendhaft wie du bist, bist du die Erste aller meiner Schwiegertöchter.

Draupadi antwortete:
Oh Bulle der Bharatas, wenn du mir einen Wunsch erfüllen möchtest, dann bitte ich darum, daß der gutaussehende und allseits pflichtbewußte Yudhishthira von der Sklaverei befreit wird. Laß keine unbesonnenen Kinder meinen Sohn, den geistvollen Prativindhya, einen Sklavensohn nennen. Er wurde als Prinz geboren und als solcher von Königen aufgezogen, damit er über anderen stehe. Er sollte nicht Kind eines Sklaven gerufen werden.

Dhritarashtra sagte:
Es soll geschehen, wie du bittest, oh du Glücksverheißende. Frag nach einem weiteren Segen, ich werde ihn dir geben. Denn mein Herz verlangt danach, dir mehr Wünsche zu erfüllen, du Vorzügliche. Du verdienst mehr als einen Segen.

Draupadi sprach:
Dann bitte ich darum, oh König, daß auch Bhima, Arjuna und die Zwillinge mit all ihren Wagen und Bögen von den Ketten befreit werden und Freiheit erlangen.

Dhritarashtra antwortete:
Oh gesegnete Tochter, es soll sein, wie du sagst. Bitte um einen dritten Segen, denn du wurdest mit den beiden noch nicht genügend geehrt. Tugend ist in deinem Betragen, du Erste aller meiner Schwiegertöchter.

Draupadi bat:
Oh bester König, du ruhmreicher Mann, Habgier tötet die Tugend. Ich verdiene keinen dritten Segen und wage nicht, noch mehr zu erbitten. Oh König der Könige, es wird gesagt, daß ein Vaisya um einen Wunsch bitten darf, eine Kshatriya Dame um zwei, ein Kshatriya Held um drei und ein Brahmane um hundert. Oh König, meine Ehemänner sind dem elenden Status des Gebundenseins entkommen und nun in der Lage, durch ihre eigenen tugendhaften Taten wieder zu Wohlstand zu gelangen.


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