Pushpak Mahabharata Buch 13Zurück WeiterNews

Kapitel 140 - Wie sich das dritte Auge von Shiva öffnete

Bhishma sprach:
Hört nun von mir, wie Narada, dieser heilige Rishi und Freund von Narayana, die folgende Geschichte über ein Gespräch zwischen Shankara (Shiva) und seiner Gattin Uma erzählte.

Narada sprach:
Eines Tages übte Mahadeva, der hochbeseelte Herr aller Götter mit dem Stier in seinem Banner, strenge Entsagung auf den heiligen Bergen des Himavat, diesem Wohnort der Siddhas und Charanas. Diese entzückenden Berge waren mit verschiedenen Pflanzenarten und einem Meer aus Blumen geschmückt und zu jener Zeit von den verschiedenen Stämmen der Apsaras und anderen himmlischen Wesen bevölkert. Dort saß der große Gott voller Heiterkeit und umringt von hunderten Geisterwesen, die dem Auge des Betrachters in verschiedenen Formen und Aspekten erschienen. Manche waren häßlich und ungeschickt, manche schön und wunderbar, manche hatten Gesichter wie Löwen und andere wie Tiger oder Elefanten. Tatsächlich erschienen diese Geisterwesen in der ganzen Vielfalt der Tiergesichter. Manche hatten die Gesichter von Schakalen, andere von Panthern, Affen, Stieren, Eulen, Falken oder Hirschen. Der große Gott war auch von Kinnaras, Yakshas, Gandharvas, Rakshasas und vielen anderen Geschöpfen umgeben. Dieser Ort, zu dem sich Mahadeva begeben hatte, war überall mit himmlischen Blüten übersät und erstrahlte im Glanz des himmlischen Lichtes. Er duftete nach Sandelholz und anderen himmlischen Düften. Überall ertönte himmlische Musik und die Mridangas, Panavas, Muschelhörner und Trommeln erklangen. Es wimmelte von geisterhaften Wesen aus verschiedenen Stämmen, die voller Freude tanzten wie die Pfauen in ihrem bunten Federkleid. Und an diesem Wohnort der himmlischen Rishis erschienen auch die wunderschönen Apsaras zum himmlischen Freudentanz. Der Ort war dem Anblick äußerst angenehm, bezaubernd und glich dem Himmel selbst. Alles war wunderbar und die Schönheit und Herrlichkeit unbeschreiblich. Wahrlich, durch die Entsagung des großen Gottes, der auf dem Rücken dieses Berges verweilte, erstrahlte dieser König der Berge in seinem ganzen Glanz. Überall erklang die Melodie der Veden, gesungen von den vedengelehrten Brahmanen, wie das Summen der Bienen. Wahrlich, oh Krishna, der Berg erstrahlte in unvergleichlicher Schönheit. All die Asketen erblickten dort den mächtigen, zornvollen Gott wie ein riesiges Festival und wurden von großer Heiterkeit erfüllt, oh Madhava. So wohnten all die hochseligen Asketen, die Siddhas, die ihren Lebenssamen zügeln, die Maruts, Vasus, Sadhyas, Viswadevas, Yakshas, Nagas, Pisachas, Weltenhüter, heiligen Feuer, Winde und alle großen Wesen zusammen mit Indra auf diesem Berg mit im Yoga konzentriertem Geist. Alle Jahreszeiten waren anwesend und bestreuten jene Bereiche mit allen Arten von wunderbaren Blumen. Verschiedene Arten leuchtender Kräuter erhellten die Wälder und Felder auf diesem Berg. Unterschiedlichste Vögel hüpften voller Freude umher und sangen lustig auf dem entzückenden Rücken dieses Berges, und ihr Gesang war äußerst liebenswert.

Und der hochbeseelte Mahadeva saß in seiner Herrlichkeit auf einem der Gipfel, der mit ausgezeichneten Mineralien geschmückt war, wie auf einem bequemen Bett. Um seine Lenden war ein Tigerfell geschlungen und ein Löwenfell trug er als Obergewand. Als heilige Schnur diente ihm eine Schlange, und seine Arme wurden von einem Paar roter Armreifen geschmückt. Sein Bart und die verfilzten Locken waren gelbbraun, und mit seinen schrecklichen Eigenschaften konnte er die Herzen aller Feinde der Götter mit Angst erschüttern. Doch gleichzeitig kann er auch alle Geschöpfe beschützen und ihre Ängste zerstreuen. Von seinen Verehrern wird er als Gott mit dem Stier im Banner angebetet. Sogar die großen Rishis verneigen beim Anblick von Mahadeva ihre Köpfe, bis sie den Boden berühren. Sie sind mit vergebenden Seelen gesegnet, von jeder Sünde frei und vollkommen rein. So erstrahlte dieser Ort, wo dieser Herr aller Wesen verweilte, der auch viele furchterregende Formen hat, in einer unbeschreiblichen Schönheit. Trotz der vielen großen Schlangen, die sonst so unnahbar und unerträglich (durch gewöhnliche Wesen) sind, erschien in diesem Augenblick alles höchst wunderbar, oh Madhu Vernichter. Wahrlich, diese Wohnstätte des großen Gottes, der den Stier im Banner trägt, erglänzte in unvergleichlicher Schönheit. Und neben Mahadeva saß seine Gattin Uma, die Tochter des Himavat, umgeben von den Ehefrauen der Geisterwesen, die den großen Gott überall begleiten. Sie trug die gleiche Kleidung wie ihr Herr und beachtete auch das gleiche Gelübde. Sie hielt ein Gefäß auf ihren Schenkeln, das mit dem Wasser aller Tirthas gefüllt war, und wurde von den führenden Göttinnen aller Bergeströme begleitet. All diese vorzüglichen Damen bildeten ihr Gefolge, und ringsum die Göttin regnete es himmlische Blüten mit süßesten Düften.

So näherte sich die Gattin, die es liebte, in den Bergen des Himavat zu wohnen, in dieser Gestalt ihrem mächtigen Herrn. Und da geschah es, daß die schöne Uma in ihrer Lust nach Spiel und Scherz mit einem Lächeln auf den Lippen von hinten mit ihren zwei schönen Händen die Augen von Mahadeva zuhielt. Doch sobald die beiden Augen von Mahadeva bedeckt waren, verdunkelten sich alle Bereiche, und das Leben schien überall im Weltall erloschen zu sein. Die Homa Riten hörten auf, und in der ganzen Welt verstummte plötzlich der heilige Opferspruch „Vashat“. Alle Lebewesen verloren ihr Licht und wurden von Angst erfüllt. Wahrlich, als die Augen des Herrn aller Wesen solcherart geschlossen wurden, schien das ganze Universum dunkel zu werden. Doch schon bald verschwand diese alles bedeckende Dunkelheit, und eine mächtige Feuerflamme loderte aus der Stirn von Mahadeva hervor. Es erschien ihm ein drittes Auge, das einer neuen Sonne glich. Dieses Auge loderte wie das Feuer am Ende der Welt und begann, den ganzen Berg zu verbrennen. Als die großäugige Tochter des Himavat erkannte, was geschah, verneigte sie sich tief vor Mahadeva, der nun dieses dritte Auge hatte, das einem alles verbrennendem Feuer glich. Dann stand sie dort und heftete ihren Blick auf ihren Herrn. Als die Bergeswälder ringsherum verbrannt waren mit ihren mächtigen Bäumen, dem duftenden Sandelholz, den Heilkräutern und anderen Pflanzen, kamen die Scharen der Hirsche und anderen Tiere voller Entsetzen schnell zu jenem Ort, wo Hara saß und suchten seinen Schutz. Und mit all diesen Wesen, die sich in kurzer Zeit versammelten, erstrahlte der Rückzugsort des großen Gottes in ganz eigenartiger Schönheit. Inzwischen loderte dieses Feuer vernichtend bis zum Himmel auf. Voller Herrlichkeit, mit der Schnelligkeit des Blitzes, der Kraft von Dutzend Sonnen und unvergleichlichem Glanz bedeckte es alles ringsherum wie das alles zerstörende Feuer am Ende der Welt. In einem Moment wurden all die Berge des Himavat mit ihren Mineralien, Gipfeln und leuchtenden Kräutern verbrannt. Als die Tochter dieses Königs der Berge alles vernichtet sah, suchte sie den Schutz des großen Gottes und stand mit ehrfürchtig gefalteten Händen vor ihm. Und als Shiva sah, wie Uma von einem Gefühl der weiblichen Zuneigung überwältigt wurde und unwillig war, ihren Vater Himavat in dieser mitleiderregenden Notlage zu ertragen, richtete er seinen gütigen Blick auf das Bergmassiv. Im gleichen Moment wurde der ganze Himavat in seiner bisherigen Form wiederhergestellt, und alles war so schön wie immer anzuschauen. Wahrlich, der Berg zeigte erneut seine freundliche Seite, und alle Bäume waren mit Blüten geschmückt. Als die Göttin Uma, die von jeder Schuld frei war, den Himavat wieder in seiner natürlichen Erscheinung sah, sprach sie zu ihrem Herrn, dem Meister aller Wesen, dem göttlichen Maheshvara:
Oh Heiliger, oh Herr aller Wesen, oh Gott mit dem Dreizack, oh Gelübdetreuer, ein großer Zweifel hat meinen Geist erfüllt. Mögest du ihn lösen! Aus welchem Grund ist dieses dritte Auge auf deiner Stirn erschienen? Warum wurde der Berg mit den Wäldern und all seinen Geschöpfen verbrannt? Warum, oh berühmter Gott, hast du den Berg in seiner bisherigen Form wiederhergestellt? Wahrlich, er war vernichtet, warum hast du ihn erneut mit Bäumen bedeckt?

Und Maheshvara sprach:
Oh schuldlose Göttin, weil du meine beiden Augen durch deine unbesonnene Tat bedeckt hast, verlor im gleichen Moment das ganze Weltall sein Licht. Und als das Weltall ohne Licht war, wurde alles dunkel, oh Tochter des Königs der Berge. Deshalb erschuf ich das dritte Auge, um alle Wesen zu bewahren. Doch die große Energie dieses Auges vernichtete sogleich den Berg mit allen Geschöpfen. Um dich jedoch zu erfreuen, oh Göttin, machte ich den Himavat wieder zu dem, was er zuvor war.

Darauf fragte Uma:
Oh Heiliger, warum sind deine Gesichter, welche nach Osten, Norden und Westen gerichtet sind, so freundlich und angenehm wie der Vollmond anzuschauen? Und warum ist dein Gesicht nach Süden so furchterregend? Warum sind deine verfilzten Locken gelbbraun und stehen so aufgerichtet? Warum ist dein Hals so blau wie die Federn des Pfaus? Warum, oh berühmter Gott, trägst du stets den (Bogen) Pinaka in deiner Hand? Warum bist du immer ein Entsagender mit verfilzten Locken? Oh Herr, mögest du mir das alles erklären. Denn ich bin deine Gattin, die sich bemüht, mit dir den gleichen Aufgaben zu folgen. Darüber hinaus bin ich deine ergebene Verehrerin, oh Gott mit dem Stier im Banner!

Narada fuhr fort:
So angesprochen von der Tochter des Königs der Berge, war der berühmte Träger des Pinaka, der mächtige Mahadeva, höchst zufrieden mit ihr. Und der große Gott sprach:
Oh selige Dame, höre mir achtsam zu, wie ich die Gründe erkläre, weshalb meine Formen so erscheinen.


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