Pushpak Mahabharata Buch 13Zurück WeiterNews

Kapitel 108 - Über die heilige Tirtha der Seele

Yudhishthira sprach:
Oh Großvater, belehre mich über das, was als die Erste aller Tirthas (heiligen Pilgerorte) betrachtet wird. Wahrlich, mögest du mir erklären, welche Tirtha zur größten Reinheit führt.

Und Bhishma sprach:
Zweifellos sind alle Tirthas verdienstvoll. Doch höre aufmerksam, wie ich dir von jener Tirtha erzähle, die das Reinigungsmittel von allen mit Weisheit gesegneten Menschen ist. Mit der ewigen Wahrheit verbunden sollte man in der Tirtha Manasa (bzw. „Seele“) baden, die unergründlich, unbefleckt und rein ist. Sie hat die Wahrheit als ihr Wasser und die Vernunft als ihre Ufer. Die Früchte in Form des Reinigens, die man durch das Baden in dieser Tirtha erwirbt, sind Begierdelosigkeit, Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit, Gewaltlosigkeit, Mitgefühl, Harmlosigkeit zu allen Wesen, Selbstzügelung und innere Stille. Jene Menschen, die von Anhaftung und Stolz frei sind, die alle Paare der Gegensätze (wie Freude und Leid, Lob und Tadel, Hitze und Kälte usw.) überwunden haben, die keine Gattinnen, Kinder, Häuser, Gärten usw. besitzen, die voller Reinheit sind und von dem leben, was ihnen täglich gegeben wird, die werden als Tirthas betrachtet. Wer die Wahrheit in allen Erscheinungen erkannt hat und vom „Ich“-Wahn befreit ist, der gilt als höchste Tirtha. Auf der Suche nach den Merkmalen von Reinheit sollte der Blick stets auf solche Qualitäten gerichtet werden. Jene Personen, von denen die drei natürlichen Qualitäten des Sattwa, Rajas und Tamas (Güte, Leidenschaft und Trägheit) abgewaschen wurden, die wahrhaftig leben und das Ziel jenseits von Reinheit und Unreinheit suchen, die allen Anhaftungen entsagt haben, mit Allwissenheit erfüllt und alldurchdringender Sicht gesegnet sind, die werden als Tirthas mit reinigender Macht betrachtet. Ein Mensch, dessen Glieder nur ins Wasser getaucht wurden, ist noch nicht gereinigt. Nur der gilt als gereinigt, sowohl innerlich als auch äußerlich, der den Egoismus abgewaschen hat. Wer sich nicht mit der Vergangenheit identifiziert, keine Anhaftung an die Gegenwart fühlt und für die Zukunft keine Wünsche hegt, der kann als ein Mensch mit höchster Reinheit betrachtet werden. Man sagt, die Selbsterkenntnis ist die höchste Reinigung des verkörperten Wesens. Daraus entstehen Freiheit vom Begehren und Heiterkeit des Geistes. Die Reinheit des Verhaltens und die Reinheit des Geistes gehören stets zusammen. Die Reinheit, die man durch Selbsterkenntnis erreicht, wird als wesentlich höher betrachtet als die Reinheit, die man durch Waschungen in heiligen Gewässern erlangt. Die Waschungen, die man mit strahlendem Geist im Wasser der Erkenntnis des Brahman in der Tirtha Manasa vollbringt, sind die wahren Waschungen von denen, die mit der Wahrheit verbunden sind. Nur ein Mensch, der mit wahrer Reinheit im Verhalten gesegnet wurde, der stets die rechte Motivation zum Wohle aller Wesen bewahrt und voller Wahrhaftigkeit und Verdienst ist, kann aufrichtig als rein gelten.

Damit habe ich dir die heilige Tirtha im Inneren jedes Körpers erklärt. Nun höre mir auch zu, wie ich über die heiligen Tirthas auf der Erde spreche. Wie man besondere Qualitäten im Körper als heilig und heilsam betrachtet, so gelten auch besondere Orte und Gewässer auf der Erde als heilig und heilsam. Durch das Rezitieren der Namen dieser Tirthas, und durch Waschungen und Opfergaben an die Ahnen an diesen Orten werden die eigenen Sünden abgewaschen. Wahrlich ein Mensch, dessen Sünden auf diese Weise bereinigt wurden, kann zum Himmel aufsteigen, wenn er diese Welt verläßt. Aufgrund ihrer Verbindung mit heiligen Personen und durch besonders heilsame Wirkung der Erde und des Wassers selbst, werden manche Orte als besonders gesegnet betrachtet. So gibt es die Tirthas des Geistes und die Tirthas der Erde. Wer in beiden badet und sich reinigt, der gelangt unverzüglich zum höchsten Erfolg. Wie die Kraft ohne Anstrengung und die Anstrengung ohne Kraft nie allein etwas vollbringen können, aber vereint alles erreichbar ist, so erreicht auch ein Mensch die Reinheit, der die Tirthas des Geistes im Körper und die Tirthas auf Erden verbindet. Er kann wahrlich als rein betrachtet werden und wird erfolgreich sein. Denn die Reinigung durch beide Tirthas gilt als die beste Reinigung.


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